Mittwoch, 27. September 2017

Am besten von der Hand in den Mund: Focaccia al rosmarino con pomodorini secchi


Eine Focaccia muss ölige Finger machen. Das grobe Salz muss beim Reinbeißen zwischen den Zähnen knirschen und über die Geschmackspapillen die Botschaft weiterleiten: Ich will mehr davon!
Sie muss luftig sein, am besten noch ofenwarm. So schmeckt sie von der Hand in den Mund - im wahrsten Sinne des Wortes, wenn Brot das Notwendigste, die Basis aller Ernährung ist. Wenn ich auf Reisen in Italien unterwegs bin und sich der Magen meldet, gibt es nichts Besseres. Da verzichte ich liebend gerne auf pappige Tramezzini oder trockene Panini in irgendeiner Bar. Leider muss man gute Focaccerie mit der Lupe suchen - es sei denn, man ist in Ligurien unterwegs.
Eine Focaccia ist das, was man heute neudeutsch als Street Food bezeichnen würde. Aber eine Focaccia darf andererseits bei einem rustikalen Menü auch in keinem Brotkörbchen fehlen. Dann ist Beherrschung gefragt, sonst ist man schon satt, bevor der erste Gang aufgetragen wird.




Die besten Focacce habe ich in Genua gegessen, und zwar dort, wo das Viertel prekär zu werden begann. Der Duft zog mich in dunkle Seitengassen, den sogenannten Caruggi, vor denen jeder Reiseführer warnen würde, belohnte mich dann aber mit einer großartigen Focaccia. Die Altstadt von Genua ist ein kleiner Sonderfall, was die Zusammensetzung und Herkunft der Einwohner betrifft. Wer sich dort nicht auskennt, sollte solche abenteuerlichen Exkursionen unterlassen. Genua ist eine großartige, faszinierende Stadt, im Centro storico aber nicht ganz ungefährlich. Drogenhandel und Prostitution hatten überall ihre Spuren hinterlassen. Da viele Bewohner der Altstadt nicht-italienischer Herkunft waren (oder noch immer sind - ich weiß es nicht), gab es oft keinen gemeinsamen Konsens bei der non-verbalen Kommunikation, was zu Missverständnissen führen kann. Kurz: es gab Situationen, die ich nicht einschätzen konnte. Das empfand ich, zum Vergleich, in den "schwierigen" Vierteln von Neapel anders, die zum Teil noch weitaus gefährlicher für Ortsunkundige sind.

Vor Jahren war ich mit einem Fotografen in Genua unterwegs gewesen, der sich zu Anfang beharrlich weigerte, in das Gassengewirr einzudringen. Es bedurfte einiger Überredungskunst und dem glücklichen Zufall, dass eine Gruppe von Carabinieri in Sicht kam, die ebenfalls in die dunklen Strassen vorstieß. Denen schlossen wir uns an - ganz nach dem Motto: Jetzt oder nie! Es folgten denkwürdige Begegnungen, wir hörten schreckliche Geschichten, mussten auch einmal die Beine in die Hand nehmen und wegrennen...

Meine Lieblingsfocaccia aus Genua ist die mit Zwiebeln - Focaccia alle cipolle. Aber auch die Version mit den getrockneten Kirschtomaten bringt dieses herrliche "Schmeckt-nach-mehr-Verlangen" mit sich. Probiert es selbst!






Zutaten
(für eine rundes Kuchenblech oder Pizzablech von 30 Ø)


  • 500 g Mehl, Typ 0 (bei mir Manitoba-Mehl)
  • 8 g frische Hefe
  • 300 ml lauwarmes Wasser
  • 5 g Salz
  • 1/2 Tl Zucker
  • ca. 30 g Olivenöl extra vergine


  • 2-3 Rosmarinzweige
  • 50 g getrocknete Kirschtomaten
  • grobes Salz
  • Olivenöl extra vergine (für die Form und zum Begießen der Focaccia)


Das Mehl in eine Schüssel sieben und in die Mitte eine kleine Mulde drücken. Die Hefe hineinbröseln, Zucker hinzufügen sowie die Hälfte des Wasser. Mit etwas Mehl zu einem kleinen Vorteig verrühren und einige Minuten gehenlassen.
Dann mit dem Knethaken das übrige Mehl einarbeiten, dabei nach und nach das restliche Wasser hinzugiessen und in einem letzten Schritt auch das Salz einarbeiten. Den Teig zugedeckt an einem warmen Ort gehenlassen.
In der Zwischenzeit die getrockneten Kirschtomaten in einem Sieb heiß abbrausen und in lauwarmem Wasser einweichen.

Nach dieser Zeit den Teig nochmal kurz durchkneten und in eine geölte Form drücken.
Form abdecken und den Teig weitere zwei Stunden gehenlassen.
Den Backofen auf 180 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen.
Die eingeweichten Kirschtomaten nochmals abbrausen und trockentupfen. Rosmarinnadeln von den Stängeln zupfen und kleinschneiden.
Mit den Fingerkuppen kleine Mulden in den Teig drücken. Tomaten, Rosmarinnadeln und grobes Salz darüber verteilen und mit Olivenöl begießen.
Die Focaccia im Ofen ungefähr 40 Minuten backen.




Eine Version aus Apulien gibt es hier:
Focaccia Pugliese



♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

Donnerstag, 21. September 2017

Die Mutter aller Marmorkuchen


Mehr Marmorkuchen geht eigentlich nicht! Marmoriert innen, so kennen wir ihn. Und marmoriert außen: Der ultimative Marmorkuchen. Die "Mutter alle Marmorkuchen"!

Im Land des Marmors hatte ich vergeblich in mehreren Läden - vom Supermarkt bis hin zum Schokoladengeschäft einer bekannten Marke - zwei Tage lang nach Kuvertüre gesucht. In letzterem Laden verteilte ein junger Mann Schokokugeln an Touristen. Auf meine Frage, wo denn die Kuvertüre versteckt sei, schüttelte er nur den Kopf. Er wisse gar nicht, was das sei. Noch Fragen?
In einem anderen Laden erhielt man die Antwort, es sei ja viel zu heiß gewesen, Kuvertüre komme erst in den kommenden Wochen wieder in den Handel. Merkwürdig nur, dass die üblichen Schokoladentafeln wohl der Sommerhitze ganz selbstverständlich getrotzt hatten.
Es ist das alte Lied: Einkaufen in Rom! Auf der einen Seite Luxusgüter ohne Ende, auf der anderen Suchprobleme bei alltäglichsten Zutaten.





Vergangene Woche war ich dann für ein paar Tage in Frankfurt. Kurz vor der Rückreise nach Rom fand ich noch etwas Zeit, ging in den nächstliegenden Supermarkt und kaufte Kuvertüre und diverse Backzutaten. So einfach kann das sein!
Eine passende Silikonform zog erst kürzlich bei mir ein; unentbehrlich für diese Art von Schokoladenüberzügen mit der gleichmäßigen Oberfläche. Und da entstand die Idee: Wenn schon Marmorkuchen, dann aber auch richtig! Warum also nicht mit weißer und dunkler Kuvertüre spielen? Beim nächsten Mal würde ich zwar noch etwas verschwenderischer mit der Kuvertüre umgehen, aber mir scheint das Experiment gelungen.
Das optische Ergebnis wirkt für mich auf dem Foto  -  der von der Seite beleuchtete Kuchen vor dunklem Hintergrund und dekoriert mit den Beeren -  fast schon caravaggesque. Mein Mann meinte, der Überzug erinnere ihn an eine Kuhhaut. Sprach's und ließ es sich schmecken! Nun ja...



Zutaten


  • 250 g weiche Butter + Butter für die Form (entfällt bei bereits benutzter Silikonform)
  • 1 Prise Salz
  • 225 g Zucker
  • 1 P. Vanillezucker (oder 3 Tl selbstgemachter Vanillezucker)
  • 4 Eier (bei sehr kleinen Eiern eventuell ein Ei mehr)
  • 400 g Mehl, gesiebt
  • 100 g Speisestärke, gesiebt
  • 1P. Backpulver
  • 120 ml Milch
  • 3 El dunkles Kakaopulver, gesiebt
  • 1 El Rum
  • 150 g weiße Kuvertüre
  • 100 g dunkle Kuvertüre
  • Guglhupf-Form aus Silikon


Alle Zutaten rechtzeitig aus dem Kühlschrank nehmen!
Den Backofen auf 180 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen. Bei Erstbenutzung Silikonform mit Butter ausfetten.
Die Butter mit dem Zucker, dem Vanillezucker und dem Salz cremig aufschlagen. Einzeln die Eier einarbeiten. Das mit der Speisestärke und Backpulver vermischte Mehl esslöffelweise abwechselnd mit der Milch unterrühren.
Ein Drittel des Teiges entnehmen und mit dem Kakaopulver und dem Rum verrühren.
Zuerst den hellen Teig in die Form füllen, dann den dunklen Teig darauf geben und mit Hilfe einer Gabel die Teige etwas vermischen.
Die Backzeit beträgt ungefähr eine Stunde.
Den Kuchen aus dem Ofen nehmen, zehn Minuten in der Form abkühlen lassen und dann den Kuchen auf ein Kuchengitter stürzen und vollständig erkalten lassen.




Die beiden Kuvertüre-Sorten jeweils im Wasserbad schmelzen lassen. Die Silikon-Form mit einem Küchentuch von Krümeln befreien. Abwechselnd die Kuvertüren hineingießen, so dass sie ineinanderlaufen. Dann den abgekühlten Kuchen wieder in die Form geben und vorsichtig nach unten drücken. Mit Folie abgedeckt für einige Stunden, am besten über Nacht, in den  Kühlschrank stellen.
Zum Stürzen die Form am oberen Rand etwas auseinander ziehen, dann auf eine Tortenplatte stürzen und die Form vollständig vom Kuchen lösen.





♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

Sonntag, 10. September 2017

Um die Feige gewickelt: Arrosto arrotolato con fichi



Frage: Was macht einen Schweinebraten zu einem italienischen Schweinebraten?
Antwort: Feigen, Mandeln und roher Schinken aus der Toskana.
Schweinefleisch gibt es bei uns, wenn man vom Schinken für das üppigere Sonntagsfrühstück einmal absieht, sehr selten. Ab und an verirrt sich ein Schweinelendchen in den Kochtopf, wenn ich ein schönes Exemplar erspähe. Aber sonst: Schweinekotelett, Schweineschnitzel, Schweinegulasch können mich einfach nicht begeistern. Umso mehr das folgende Gericht, dessen Rezept ich in einer italienischen Zeitschrift entdeckt habe.
Am Samstagmorgen dann zum Metzger geeilt, die Zeitschrift unter dem Arm. "Wir haben schon fertig gerollten Schweinebraten", meinte der gute Mann und zeigte auf die Auslagen im Schaufenster. Überhaupt: Was es da alles schon fertig gekocht und zubereitet gibt - komplette Menüs mit allen möglichen Beilagen. "Kocht denn heute niemand mehr?" frug ich ihn. "Ach, die heutigen Zeiten! Arbeit, Arbeit, da bleibt keine Zeit mehr zum Kochen!"
Ich ließ mir ein Stück Fleisch von ihm zurechtschneiden, und dann ging es zu Hause an die Arbeit.
Am Wochenende hat man ja genug Muße. Seltsam nur, dass gerade am Wochenende fertig panierte Schnitzel, Hackbraten in der Aluschale, bratfertige "Hamburger" und Konsorten in den Metzgereien weggehen wie die sprichwörtlich warmen Semmeln.
Aber in der römischen Innenstadt liegt das manchmal daran, dass die "Hausmädchen", die sonst für das Kochen zuständig sind, auch einmal frei haben. Und dann muss eben Fertigkost her.
Aber nicht bei uns. Das Wochenende ist perfekt für den sogenannten Sonntagsbraten. Auch wenn es den schon am Samstag gibt.



Zutaten
(für ca. 6 Personen)


  • 1 Kg Schweinefleisch für Rollbraten (aus der Lende oder Hüfte, vom Metzger zurechtgeschnitten)
  • 100 g roher Schinken (bei mir: roher Schinken aus der Toskana/Prosciutto crudo toscano)
  • 10 schwarze Feigen
  • 50 g ungeschälte Mandeln
  • ca. 150 ml Weißwein
  • Olivenöl extra vergine
  • Salz, frisch gemahlener Pfeffer


Das aufgeklappte Fleischstück zwischen zwei Lagen Backpapier mit dem Fleischklopfer noch etwas dünner klopfen. Fleisch salzen.
Die Mandeln grob hacken, die Feigen waschen, davon die Hälfte vierteln.
Die Hälfte der Mandeln auf dem Fleisch verteilen, den Schinken auflegen und darauf die geviertelten Feigen. Fleischplatte von einer Seite einklappen und die andere Seite darüberklappen. Braten mit der Naht nach unten auf die Arbeitsfläche legen und mit Küchengarn fixieren.




Den Backofen auf 180 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen.
Olivenöl in einem Bräter erhitzen und den Braten von allen Seiten anbraten. Dann den Braten aus dem Bräter heben und in eine ofenfeste Form legen und etwas salzen und pfeffern (wer mag, kann es auch im Bräter lassen und diesen dann in den Ofen schieben).
Bratensatz mit dem Wein ablöschen und dann die Flüssigkeit über den Braten gießen.
Form für ca. 50 Minuten in den Ofen schieben.
Nach dieser Zeit die restlichen Mandeln und die verbliebenen und halbierten Feigen um den Braten legen und weitere zehn Minuten in den Ofen schieben.
Braten vor dem Anschneiden abgedeckt zehn Minuten ruhen lassen.
Dazu passen Rosmarinkartoffeln aus dem Ofen (Patate al forno).






Rezeptquelle: Sale & Pepe, September 2017

Zugegeben, die Metzgerei ist nicht ganz billig, und längst nicht alle Metzgereien sehen so aus; die meisten sind kahl und zweckmäßig eingerichtet. Wurstwaren gibt es in den Metzgereien in der Regel auch nicht; dafür muss man in eine "Salumeria". Aber wer in Rom mal in die "Verlegenheit" kommen sollte zu kochen, dem empfehle ich einen Einkauf hier - ganz in der Nähe des Pantheon:









Macelleria Angelo Feroci
Via della Maddalena, 15
00185 Roma
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♥♥♥
Un abbraccio
Ariane