Donnerstag, 22. Juli 2021

Tra dolce ed amaro - Arrivederci Roma!


Nun war er also gekommen: der Tag, den ich immer gefürchtet hatte, obwohl er unvermeidlich war. Nach 29 Jahre endete für meinen Mann die Entsendung nach Italien. Und damit endete schon einige Monate zuvor unser Leben und unser Alltag in der "erstaunlichsten Stadt des Universums", in Rom!

Nach Monaten der Pandemie mit zum Teil hartem Lockdown erwischte mich diese Nachricht eiskalt. Rom war doch mein Zuhause! Hier begann das gemeinsame Leben mit meinem Mann. Der Stadt, über die ich so oft schimpfte, die, entgegen den ganzen Klischees von der dolce vita, Nerven rauben konnte wie keine zweite, sollte ich nun Lebwohl sagen. Meine ersten Reaktionen waren von Verzweiflung geprägt. Ich werde nie mehr nach Rom reisen, erklärte ich unter Tränen. Nie mehr kann ich zukünftig nach Rom kommen, durch "unser" Viertel spazieren, die Fassade hinaufschauen zu unserer Wohnung, einen Teil der Terrasse erspähen, mit der Palme, die ich einst als Winzling aus einem deutschen Baumarkt mitgenommen hatte und die sich unter römischen Himmel prächtig entwickeln sollte. Ich musste sie zurücklassen wie auch viele andere lieb gewonnene und gehegte Pflanzen, so mein Zitronenbäumchen, aus dessen Früchte ich schon Limoncello angesetzt hatte! Eine liebe Nachbarin tröstete mich: Ihr werdet hier nie einfach nur Touristen auf Italienreise sein, wenn ihr die Stadt zukünftig besucht, ihr werdet immer dazugehören - hier in das Viertel Regola, hier in diesen geschichtsträchtigen Palazzo in der Via Monserrato!

Der Umzug selbst war kräftezehrend. Eine Woche Chaos in Rom, 500 Umzugskisten, die letzte, traurige Nacht in einem kleinen Appartement, da wir kein Bett mehr hatten, Kringel seit Tagen bei ihrer Catsitterin. Erst spät am Abend konnten wir am Umzugstag aufbrechen, holten eine gestresste und abgemagerte Katze ab, die fast die ganze Fahrt lang ihren Unmut bekundete (sie spürte die Veränderungen, die anstehen sollten), deren Schreie mir fast das Herz zerrissen! Wir übernachteten völlig übermüdet in Trento, dann ging es am folgenden Tag weiter Richtung Deutschland.  Nun lebe ich schon fast zwei Monate wieder in meiner Heimatstadt, viele Kartons (Bücher, Tausende!) sind noch unausgepackt - und fühle mich einfach nicht wirklich angekommen. Morgens nach dem Aufwachen erscheint mir alles wie ein böser Traum. Rom und mein Leben dort sind noch zu präsent!

Natürlich stellte sich mir auch die Frage, wie es mit meinem Blog weitergehen soll, ja, ob es überhaupt weitergehen wird. Rezepte und Geschichten hätte ich ja noch genug, aber nun werde ich nur eine weitere "Deutsche" sein, die sich "erlaubt", über italienische Küche zu schreiben. Und die das Ganze dann nicht mal mit den üblichen "Italo"-Klischees aufmotzt (was viele eigentlich lieber lesen wollen!). Für mich wird mein Blog immer mehr zu einem sehr persönlichen Erinnerungsbuch an diese oft schwierigen, doch auch wunderbaren Jahre in Rom und Italien. Auch wenn der Alltag hier nicht selten zeit- und nervenraubend war - und das kann sich nur vorstellen, wer hier lebt oder einmal gelebt hat -, ich habe unglaublich schöne Dinge erleben und erfahren dürfen. Ich hoffe, dass ich eines Tages mit Dankbarkeit darauf zurückblicken kann. Ich fühle mich diesem Land irgendwie schicksalshaft verbunden - von meiner Kindheit an!

Was mir am meisten fehlen wird - außer liebgewonnen Menschen natürlich? Vielleicht das Meer. Das heißt, allein die Option zu haben, ans Meer fahren und alle Schattierungen von Wasser und Himmel in mich aufsaugen zu können - diese Farben! Oft fehlte nur die Zeit dazu, es ausgiebig zu genießen. Und die Palmen und Pinien fehlen mir. Die Palazzi. Die Brunnen. Die Antike. La Grande Bellezza! Ganz einfach mein römischer Alltag. So viel!

Grazie, Roma!