Sonntag, 28. August 2016

Von Zutaten und Stereotypen: Strudel di ricotta e mirtilli



Lasst uns ein wenig über Zutaten reden. Ich konnte noch nie verstehen, dass eine "einfache" Insalata Caprese zu den beliebtesten italienischen Gerichten nördlich der Alpen gehört.
Das klingt jetzt erstmal wieder sehr provokant, wie man das ja von mir gewohnt ist,  aber wenn ich Teller sehe, auf denen sich diese Gummikugeln aus dem Kühlregal an die Tomaten schmiegen, verstehe ich einfach nicht, wie das jemanden schmecken kann. Meist sind diese "Bälle" aus Kuhmilch hergestellt; dieses Produkt heißt in Italien Fior di latte und ist - frisch - durchaus sehr wohlschmeckend. Ich habe - aus Neugier - auch schon Büffelmozzarella in Deutschland gefunden und gekauft. Leider hat er nicht mehr ganz bis überhaupt nicht so geschmeckt, wie er eigentlich schmecken soll. Wobei niemand daran irgendeine Schuld trägt: Büffelmozzarella zeigt ihren unnachahmlichen Geschmack nur ganz frisch und sollte möglichst niemals einen Kühlschrank von innen gesehen haben.
Warum ich das alles erzähle? Weil diese Regeln, vielleicht nicht ganz so streng, auch für Ricotta gelten.



"Du hast ja gut reden!" werden nun einige sagen. Ja - und nein...
Es ist nicht so, dass ich im absoluten kulinarischen Paradies lebe. Viele, auch einfachste Zutaten bekomme ich in Rom nicht oder nur selten. Und dann verhalte ich mich merkwürdig. Alle paar Wochen verirren sich seit einiger Zeit ein paar Töpfchen mit Crème fraîche ins Kühlregal eines Supermarktes in der Nähe. Nicht bei der Sahne/Milch/Butter-Ecke, sondern zwischen den Joghurt-Bechern. Ohne groß nachzudenken habe ich sie alle (zwei Töpfe) aufgekauft, ebenso die eine Sorte überteuerten französischen Billig-Camembert; man weiß ja nie, wann das wieder mal zu haben ist...
Ihr schüttelt den Kopf? "Was brauchst Du das? Du hast doch soviel feine italienische Spezialitäten", werdet Ihr sagen. Eine endlose Diskussion.
Nun muss ich endlich diese Crème fraîche verwenden, deren Verfallsdatum bedrohlich näher rückt, aber für das Rezept, das mir vorschwebt, brauche ich frische Feigen. Hurra, Feigenzeit in Italien, nur wo sind sie denn? Ach so, es ist August! Auf dem Campo de' fiori verkauft man Touristenkitsch. Kommende Woche wird es hoffentlich wieder besser.
Bin ich eigentlich zu negativ, wenn ich über mein Leben in Italien schreibe? Viele werden das insgeheim denken. Ganz am Ende, nach dem Rezept, habe ich dazu noch ein paar Gedanken formuliert, die ich unbedingt loswerden musste. 
Jetzt aber zunächst noch einmal zurück zu den Zutaten.
Wie gesagt: Was für die Mozzarella gilt, das gilt auch für die Ricotta. Nichts geht über die mild-aromatische Ricotta di pecora - die Schafskäse-Ricotta. Sie hat ganz und gar keinen strengen Nachgeschmack, wie man das vielleicht beim Stichwort "Schaf" vermuten könnte, vor allem aber fehlt ihr jene "mehlig-trockene" Konsistenz , die Ricotta aus den Plastiktöpfchen oft negativ auszeichnet.
Auch lose verkaufte Kuhmilch-Ricotta eignet sich hervorragend für diesen Strudel. Wer also einen italienischen Feinkosthändler kennt, der frische Ricotta verkauft, dem sollte man unbedingt einen Besuch abstatten.





Zutaten

Strudelteig

150 ml lauwarme Milch
280 g Mehl (Ausgangsbasis, je nach Größe des Eis eventuell mehr)
 + Mehl zum Ausrollen
1 Ei
2 El neutrales Pflanzenöl + Öl zum Bestreichen
1 Prise Salz

Aus den Zutaten einen Teig kneten, zunächst mit dem Knethaken, dann mit den Händen. Nach und nach soviel Mehl einarbeiten, bis man einen nicht mehr klebrigen, dennoch sehr weichen Teig in den Händen hält. Eine kleine Schüssel mit Öl ausstreichen, den Teig hineinlegen und nochmals mit Öl bestreichen. Mit Folie abdecken und an einem warmen Ort zwei Stunden ruhenlassen.




Füllung und Fertigstellung

450 g Ricotta di pecora (Schafskäse-Ricotta)
2 Eier
60 g Zucker
1 Vanillestange
1 Prise Salz
20 g Speisestärke
125 g Blaubeeren
40 g Butter
Puderzucker

Backpapier und Küchenhandtuch


Den Backofen auf 190 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen und ein Backblech mit Backpapier auslegen.
Die Eier trennen. Eiweiße mit einer Prise Salz und einem Drittel des Zuckers sehr steifschlagen und bis zur weiteren Verwendung kaltstellen.
Die Eigelbe mit dem restlichen Zucker und dem ausgekratzten Mark der Vanilleschote hellgelb aufschlagen, dann die Ricotta hinzufügen und cremig rühren. Die Blaubeeren sowie das steifgeschlagene Eiweiß auf den Teig geben und die Speisestärke darübersieben. Alles vorsichtig mit einem Rührlöffel unter die Ricottamasse heben.
Die Butter zerlassen.
Ein Küchenhandtuch leicht bemehlen und den Strudelteig daraufgeben. Etwas Mehl auf den Teig stäuben und zunächst mit dem Nudelholz ausrollen. Dann die Hände mit dem Handrücken nach oben unter den Teig schieben und diesen vorsichtig ausziehen. Man sollte das Muster des Handtuchs durch den Teig erkennen können. Dickere Teigränder wegschneiden.
Die Ricottamasse auf dem Teig verteilen, dabei einen Rand lassen; der obere Rand sollte dabei etwas breiter sein. Ränder mit zerlassener Butter bestreichen.
Mit Hilfe des Tuchs den Strudel aufrollen, dabei die Seiten etwas einschlagen.
Dann den Strudel ebenso mit Hilfe des Tuchs auf das mit Backpapier ausgelegte Blech heben - "Nahtseite" nach unten.
Mit der restlichen Butter bestreichen und 35-40 Minuten backen.
Ausgekühlt mit Puderzucker bestäuben.



♦♦♦

Bin ich eigentlich zu negativ, wenn ich über mein Leben in Italien schreibe? Viele werden das insgeheim denken, was mir ein wenig Sorgen macht. Aber es ist schwierig zu erahnen, was manche zwischen den Zeilen herauszulesen meinen.
Neulich habe ich einen unsäglichen Artikel entdeckt mit dem Titel: „Was wir von den Italienern lernen können“. Darf man sich wirklich zu den Italophilen rechnen, wenn man verzückt dabei nickt? Der Italiener, so werde ich belehrt, sitzt ab 17.30 Uhr bei Aperol Spritz auf der Piazza, während der arme Autor - stellvertretend für den gestressten deutschen Mann -, wenigstens im Urlaub der Dolce vita frönen darf und dabei an sein hartes Leben nördlich der Alpen denken muss.

"Während der Deutsche nach Feierabend noch seine Buchshecke trimmt, den Rasen mäht und sicherstellt, dass die makellose Fassade des Eigenheims auch makellos bleibt, setzt sich der Italiener ohne Umwege auf den pinienvernadelten Bordstein, an seine unsauber verputzte Hauswand, trinkt einen Aperol Spritz und freut sich des Lebens. "...
...  "Denn auch mein Weg führt vom Office directamente in den Supermarkt, zur Post, zum Sport."

Haha, da würde der gute Mann schon an der Post hier scheitern, geschweige denn, dass er alles das an einem Abend auf die Reihe bekäme! Und dann diese Bemerkung: "an seine unsauber verputzte Hauswand..."
Lieber Autor, der durchschnittliche Italiener sitzt oft bis neun Uhr abends im Büro! Auch am Freitag! Und in einer Stadt wie Rom hockt er nicht nachmittags auf der Piazza und trinkt Aperol, sondern quält sich nach einem Arbeitstag nach Hause - im Auto oft über eine Stunde im Stau, denn die Dreimillionestadt Rom hat gerade mal zweieinhalb Metrolinien zu bieten.
Übelst setzt der Autor diesem noch einen drauf:

"Eigentlich sehnen wir uns doch alle nach diesem Gefühl. „Nach mir die Sintflut, vor mir der Aperitivo.“ Manchmal frage ich mich, ob all die historischen italienischen Stadtkerne wirklich so historisch sind. Vielleicht sind die Häuser allesamt keine hundert Jahre alt. Vielleicht priorisiert der Italiener einfach anders. Besser? Lebensbejahender? Ganz nach dem Motto: „Soll mein Haus doch marodieren – solange der Putz nicht in meinen Aperol hineinbröckelt lässt sich das verschmerzen.“*

Wer darin eine Lobpreisung Italiens, der Italiener und deren Lebensstil sieht, dem unterstelle ich nur eine Haltung, die in diesem Spruch zum Ausdruck kommt.

"Die Italiener schätzen die Deutschen, aber sie lieben sie nicht. Die Deutschen lieben die Italiener, aber sie schätzen sie nicht."

Wir lieben und schätzen unsere italienische Freunde, ich bewundere die Italiener wegen ihrer Geduld in den alltäglichen Dingen, ihres großen Herzens, das sie in Zeiten der Not zeigen. Wie leider in diesen Tagen nach dem grauenhaften Erdbeben. Da zeigen viele ihre wahre Größe!
Ich denke, damit ist alles gesagt.




♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

Donnerstag, 18. August 2016

Wie auf Rhodos: Auberginenröllchen mit Ziegenkäse-Nuss-Füllung



Wie die Zeit vergeht - und der Sommer! Nun ja, Sommer haben wir hier in Italien noch bis mindestens Ende September. Ein bisschen wehmütig blicke ich allerdings auf die 10 Tage Rhodos Ende Juli, Anfang August zurück. Urlaub sollte es sein, letztlich war er das aber nur für mich, ein etwas eingeschränkter und einsamer Urlaub, denn mein Mann hat - Ihr erratet es - gearbeitet. Wenigstens das Abendessen konnten wir zu zweit genießen; oft dabei sehr spät, denn mein Mann ist während unseres Inselaufenthalts auch schon einmal "kurz" nach Athen geflogen. Rund 1400 Kilometer hat er bei seinen Terminen in diesen Tagen zurückgelegt; das muss ihm auf so einer relativ überschaubaren Insel erst einmal jemand nachmachen!
Nun sind schon wieder einige Tage vergangen, seitdem wir auf Rhodos waren, und der italienische Sommer hatte wie in jedem Jahr seinen Höhepunkt an Ferragosto, den wir allerdings in gemütlicher Zweisamkeit bei Rouladen, gefüllt nach "deutscher Art" mit Gürkchen, Zwiebeln, Speck und Senf, zu Hause begangen haben. Der Freezer musste leergegessen werden, denn bei der  Eisherstellung, siehe vorigen Post, war mir ein Missgeschick passiert. Ich hatte die Tür nur nachlässig geschlossen, wir waren für einen Tag in Siena, und als wir am späten Abend wieder nach Hause gekommen waren, entdeckten wir das Ärgernis: es taute! Und das bei diesen Temperaturen im Haus! Also musste in den kommenden Tagen alles aufgefuttert werden - frei nach dem Motto: Alles muss raus! Es wurde eine Fleischorgie: Rouladenfleisch, das gab es dann jeweils einmal "italienisch", einmal "deutsch" gefüllt, Hähnchenkeulen - eben was sich so ansammelt und was man für den August so hortet, wenn die Metzgereien oft geschlossen bleiben.
Die Lust auf Vegetarisches war anschließend groß. Gelegenheit, endlich die feinen Auberginenröllchen nachzumachen, die ich auf Rhodos gegessen hatte. Auch bei unserem jüngsten Aufenthalt bei den Hellenen ist uns wieder positiv aufgefallen, wie wunderbar man auch in schlichten Tavernen essen kann. Die griechischen Köche haben einfach ein Händchen für den Umgang mit Kräutern und Gewürzen, und in der gehobenen Gastronomie überrascht immer wieder der Mut zu Neuinterpretationen griechischer Traditionsgerichte.
Ein genaues Rezept hatte ich für diese Röllchen nicht, da musste ich mich beim Nachkochen schon auf die Erinnerungen meiner Zunge verlassen. Als Kraut meinte ich Dill herausgeschmeckt zu haben, aber dieses Kraut habe ich in diesen Tagen vergeblich in Rom gesucht; überhaupt hat man es hier nicht so mit Dill. Statt dessen musste wildes Fenchelkraut herhalten, dennoch empfehle ich jedem, der dieses Gericht nachkochen möchte, auf Dill zurückzugreifen.




Zutaten
(für zwei Personen)

1 Aubergine, ca. 400 g
400 g stückigen Tomaten, "polpa di pomodoro"
1 Schalotte
1 Knoblauchzehe
100 g Ziegenfrischkäse
30 g Walnüsse
1 El Pinienkerne
1 El gehacktes Fenchelkraut (im Original: Dill)
Salz, frisch gemahlener Pfeffer
1/2 Tl Zucker
2 El geriebenen Gruyère
Olivenöl extra vergine

Die Aubergine längs in dünne Scheiben schneiden, diese in in Sieb legen, mit Salz bestreuen und eine halbe Stunde lang ziehen lassen. Danach abbrausen und die Scheiben trockentupfen.
Auberginenscheiben portionsweise in Olivenöl von beiden Seiten anbraten, zwischen Küchenpapier schichten und auskühlen lassen.
Für den Sugo die Schalotte und die Knoblauchzehe fein hacken und in Olivenöl glasig dünsten lassen. Die Tomaten dazugeben, mit Salz, Pfeffer und Zucker abschmecken und dicklich einkochen lassen (ungefähr 20 Minuten).
Den Backofen auf 180 Grad  vorheizen, den Grill zuschalten.


Walnüsse mit dem Wiegemesser hacken (einen El davon zur Seite stellen) und mit dem gehackten Fenchelkraut (Dill) und den Pinienkernen unter den Ziegenfrischkäse mischen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Die Auberginenscheiben mit jeweils einem Klacks der Käsecrème versehen und aufrollen. Die Röllchen in feuerfeste Förmchen geben, mit dem Sugo übergießen und den geriebenen Gruyère darüberstreuen.
10-15 Minuten im Ofen gratinieren. Vor dem Anrichten mit den restlichen gehackten Walnüssen bestreuen.

♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

Donnerstag, 11. August 2016

Dammi il cinque! Gelato di cocco e lamponi



Es gibt wieder etwas zu feiern! Und da kommt man nicht mit leeren Händen anspaziert, besonders wenn die liebe Petra von Obers trifft Sahne ihren fünften Bloggeburtstag feiert!

 Herzlichen Glückwunsch! 

Statt Blumen, Torten oder Schampus bringe ich als "Italienerin" im beliebtesten Monat Italiens, dem Ferienmonat August, natürlich Eis mit. Das kühlt ab - und falls es in Deutschland nicht so drückend heiß wie hier sein sollte, so lässt der eiskalte Genuss schnell vom Süden träumen.
Bei dem Blogevent von Petra dreht sich alles um die Zahl Fünf - "Give me five", so  das Motto. Und "dammi il cinque" heißt das auf Italienisch. Perfekt, denn mehr als fünf Zutaten braucht dieses Eis nicht. Obwohl ich auch als Kind schon nicht so besonders versessen auf Eis gewesen war und mir auch heute noch nur ab und an ein Eis gönne, so ist es diese Sorte, die mich um den Freezer herumschleichen lässt! Selbstbeherrschung ist hier gefordert, denn meine Lieblingsbeeren gehen hier eine allzu verführerische Liaison mit den Kokosaromen ein.
Ohne Ei und ohne Milch ist es zudem vegan. Und auch wenn es nicht so geschmeidig wie ein Parfait oder industriell hergestelltes Eis ist, der Geschmack macht diesen kleinen "Schönheitsfehler" wieder wett. Ich habe dieses Himbeer-Kokos-Eis auch schon in kleine Eis-Förmchen gefüllt: ein Griff in den Freezer - und schon kann die Schleckerei beginnen!



Zutaten

400 ml Kokosmilch
250 g Himbeeren
1 Limette
100 g Zucker
50 ml Agaven-Sirup
________________
= 5 


Himbeeren vorsichtig waschen. Limette auspressen (bei unbehandelter Limette auch noch die Schale abreiben) und den Saft (und eventuell Abrieb) zu den Himbeeren geben.
Kokosmilch, Zucker, Agaven-Sirup und die Hälfte der Himbeeren mit einem Pürierstab aufmixen. Dann die verbleibenden Himbeeren hinzufügen und nur mit einem Löffel unterrühren.
Die Masse in eine Eismaschine füllen und je nach Gerät weiterverfahren.
Vor dem Servieren kurz antauen lassen.
Wer mag, kann das Eis noch mit Himbeeren und ein paar Kokosraspeln dekorieren.



Rezept gefunden im Corriere della sera vom 7. August 2015








♥♥♥
Un abbraccio
Ariane