Mittwoch, 23. August 2017

Alle guten Dinge: Spaghetti alla Nerano



Alle guten Dinge sind drei! In vorliegendem Fall heißt das: Pasta, knackige Zucchini und Käse aus Kampanien.
Ich kann nachvollziehen, wenn einige keinen Draht zu Zucchini finden. Früher kannte auch ich nur die dunkelgrünen und glattschaligen Wasserbomben ohne viel Eigengeschmack. In Rom erst folgte das Erweckungserlebnis: Die feinen hellgrünen und gerippten Zucchini romaneschi eroberten mich im Sturm. Bald gehörte Pasta mit Zucchini zu meinen Lieblingsgerichten. Immer, wenn es schnell gehen musste, durften sie in die Pfanne hüpfen - gewürfelt oder in dünne Scheiben geschnitten: Zwiebelwürfelchen anbraten, manchmal auch Knoblauch, Zucchini, Pasta dazu, geriebenen Parmigiano darüber und fertig war das Abendessen. Gerne noch gewürzt mit etwas Basilikum oder - noch raffinierter - Minze. Auch ein paar Tomatenstückchen vertrugen sich bestens mit den Zucchini.
Das alles waren namenlose Gerichte; Pasta con le zucchine halt.
Aber auch einfache Gerichte, wenn sie eine kleine Geschichte erzählen, wenn sie an einen Ort oder eine Begebenheit gebunden sind, können einen Namen erhalten und in Italien zum Klassiker werden.
Pasta alla Nerano ist so ein Fall.

Ein Fürst tritt in Erscheinung

Nerano ist ein kleines Dorf an der Amalfi-Küste. Eine Anekdote erzählt, dass zu Beginn der fünfziger Jahren ein gewisser Francesco Caravita, Principe di Sirignano, bei einem seiner Ausflüge mit seiner Yacht an dem kleinen Strand von Nerano angelegt hatte. Caravita war eine schillernde Persönlichkeit. Von neapolitanischem Adel - auch war er verwandt mit Tomasi de Lampedusa, dem Autoren des "Gattopardo" -, hatte er schon in seiner Jugend Bekanntschaft mit Zeitgenossen wie Siegfried Wagner, Benedetto Croce oder Gabriele d'Annunzio gemacht. Später empfing er in seinem Haus auf Capri Persönlichkeiten wie Onassis oder Churchill und trug dazu bei, Capri zu jenem mondänen Ort zu machen, wie wir ihn noch heute kennen. Frei von Standesdünkel suchte der Lebemann und Frauenheld aber auch immer wieder den Kontakt zum einfachen Volk von Neapel und Umgebung. In seiner Jugend führte er darüber hinaus ein unstetes Leben zwischen Capri und London, Paris, New York und Kairo.

Nonna Rosas geheimes Rezept

Man erzählt sich nun, dass Caravita eines Tages bei dem schon erwähnten Ausflug in Begleitung eines befreundeten Champagner-Produzenten in der einfachen Trattoria "Maria Grazia" landete. Da er seinem französischen Freund nicht die übliche Pasta al pomodoro servieren lassen wollte, setzte er auf die Kochkünste von Nonna Rosa und ihre Spezialität, der Pasta alla Nerano, deren Original-Rezept lange Zeit geheimgehalten wurde - was auch die verschiedenen Versionen erklärt. Mit Ei oder ohne, mit Butter, mit Parmesan und Caciocavallo, oder doch nur mit dem immer wieder bei vielen Rezepten aufgeführten Provolone del Monaco, einem Käse aus der Gegend. Diese Bezeichnung bezieht sich übrigens nicht auf Mönche, die angeblich den Käse produzierten, wie man es erst kürzlich in der Beilage "Splendido" lesen konnte, sondern auf den Umhang der Käser, der an eine Mönchskutte erinnerte. Auch ist nicht gesichert überliefert, ob ein Teil der Zucchini für dieses Gericht püriert wurde. (Nachtrag: Wurde jetzt korrigiert, das heißt weggelassen; man liest hier mit. Übrigens heißt es aber nicht Provolone di Monaco...) 
Die Zubereitung verlangt jedenfalls eine ähnliche Sorgfalt und Behutsamkeit wie die von "Cacio e Pepe" oder "Carbonara".
 Vielleicht werden wir die Küchengeheimnisse von Nonna Rosa wohl nie ganz enträtseln. Wer mag, kann aber in der noch heute existierenden Trattoria einmal essen gehen und den Geheimnissen nachgehen.





Zutaten
(für zwei Personen)


  • 500 g Zucchini (wenn möglich die hellgrüne, gerippte Sorte)
  • 2 Knoblauchzehen
  • 100 g Provolone (ersatzweise Caciocavallo und/oder Parmigiano Reggiano)
  • Olivenöl extra vergine
  • etwas Butter (ca. 1 El)
  • Salz, frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
  • ein paar Basilikumblättchen
  • 250 g Spaghettini (oder Spaghetti)


Die Zucchini in gleichmäßige dünne Scheiben schneiden. Olivenöl in einer Pfanne erhitzen und die Zucchinischeiben anbraten. Sie sollten weich werden, wenig Farbe annehmen, aber auf keinen Fall verbrennen. Die Scheiben aus der Pfanne heben und auf Küchenpapier legen.
Wenn die Zucchini etwas abgekühlt sind, zwei Drittel davon pürieren.
In einer zweiten Pfanne 3 El Olivenöl erhitzen und die zerdrückten Knoblauchzehen darin anschwitzen; ebenfalls darauf achten, dass sie nicht zu dunkel werden. Dann den Knoblauch aus der Pfanne nehmen. Zucchinischeiben und Zucchinipüree in die Pfanne geben und kurz erhitzen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Pfanne von der Kochstelle nehmen. (Bei einigen Rezepten kommt diese Mischung an dieser Stelle zur weiteren Verarbeitung in eine Schüssel.)
Den Käse grob raspeln.
Spaghetti al dente kochen; Kochwasser aufheben.
Die tropfnassen Spaghetti nun mit den Zucchini, dem geriebenen Käse, der nun allein durch die Hitze der Pasta schmelzen sollte, und der Butter vermischen. Eventuell noch etwas Pastakochwasser hinzufügen; die Pasta sollte von einer cremigen, glänzenden "Sauce"  umschlossen werden. Basilikumblättchen hinzufügen.


Ristorante Maria Grazia
Via Maria del Cantone, 65
Nerano, Massa Lubrense (NA)
Tel.: 0039 0818081011
Home

(Ohne Gewähr, wir waren dort noch nicht. Aber wer die Trattoria einmal aufsucht und dieses legendäre Pastagericht probiert, darf gerne einen Kommentar an dieser Stelle hinterlassen.)



♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

14 Kommentare:

  1. Ich finde es ja immer wieder beeindruckend, welche simplen Rezepte zu den absolut köstlichsten Mahlzeiten führen. Dieses hier probiere ich definitiv. Ich mag Zucchini ja, roh inzwischen genauso gerne wie gegart in jeder Form. Danke für Rezept und Hintergrundgeschichte!

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    1. Das Geheimnis der italienischen Küche...
      Ich ziehe Zucchini auch Auberginen vor; das vorliegende Rezept jedenfalls lohnt das Nachkochen. Unter dem Label "Zucchini" findet man übrigens noch viele weitere Rezepte bei mir. ;-)
      Dann wünsche ich schon einmal: Buon Appetito!

      Saluti
      Ariane

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  2. Liebe Ariane,
    diese Spaghetti-Variante musste ich heute sofort nachkochen! Den auf die Schnelle nicht erhältlichen Provolone habe ich durch eine Gruyère-Parmigiano-Mischung ersetzt, mit dem Basilikum war ich bereits beim Rühren der Sauce sehr großzügig. Dazu kleine Tomaten als Farbtupfer - perfetto! Das kommt jetzt öfter auf denTisch!
    Dank und herzliche Grüße aus Schleswig-Holstein,
    Sandkorn

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    1. Liebe Sandkorn,

      es freut mich immer besonders, wenn etwas sofort nachgekocht wird. :-) Und wenn es dann noch geschmeckt hat, dann ist der Mensch zufrieden!
      Ich hoffe, das Wetter war einigermaßen sommerlich im hohen Norden und ließ ein wenig von der Amalfi-Küste beim Genießen träumen.

      Saluti
      Ariane


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    2. Geträumt haben wir, keine Frage - sogar auf der Terrasse, aber eingepackt in Strickjacken und Socken...
      Sandkorn

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  3. Ha, sind sie ja, die legendären Spaghetti alla Nerano! Ich habe sie ja neulich im Käptns Dinner schon bewundert - und auf meiner Kochliste stehen sie auch schon. Bin gespannt, ich freu' mich. Vielen Dank für das schöne Rezept!

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    1. Bevor ich es mal nach Nerano schaffe, habe ich sie eben selbst zubereitet. ;-) Ich finde ja auch immer die Geschichten hinter einem Gericht ganz interessant.
      Viel Spaß beim Nachkochen!

      Saluti
      Ariane

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  4. Nachdem wir zurzeit eine wahre Zucchini-Schwemme im Garten haben und ich schon nicht mehr wusste, was noch weiter damit anzufangen sei, kam mir Dein Rezept gerade recht. Deshalb kam dieses sommerlich leichte Gericht gestern bei uns auf den Tisch und wir haben es sehr genossen – genau das Richtige während der noch immer extrem hohen Temperaturen.

    Danke für Deine stets willkommenen Anregungen!

    Un abbraccio da
    Elvira

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    1. Liebe Elvira,

      und wieder beneide ich Dich um Deinen wunderbaren Gemüse- und Kräutergarten! Da schmeckt es doppelt so gut! :-)

      Saluti
      Ariane

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  5. So, heute haben wir die Spaghetti gemacht. Sehr, sehr köstlich, so richtig schön cremig. Die gibt es garantiert wieder - ganz lieben Dank für die Anregung. Und: Ja, die Geschichte dazu hat mir auch gut gefallen. Wie du es allerdings geschafft hast, so ein appetitliches Foto von dem Gericht zu machen, ist mir ein Rätsel - an der Optik muss ich beim nächsten Versuch wohl noch ein bisschen arbeiten ... ;)

    Herzliche Grüße!

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    1. Liebe Barbara,

      es freut mich sehr, wenn es geschmeckt hat! Und das Kompliment gebe ich an meine Kamera weiter; die gleicht so einiges aus. ;-)
      Aber noch ein Tipp: Bei einem Profi hatte ich gesehen, dass er zum Servieren die Spaghetti in einer Suppenkelle aufdrehte...

      Saluti
      Ariane

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  6. WOW vielen Dank für dieses Spaghetti Rezept. Diese Kombination klingt echt lecker und muss daer unbedingt mal nachgemacht werden.
    Schöne grüße aus dem bayerischen Wald
    Michael

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  7. Ciao Ariane,
    Wir waren an diesem Strand in Marina del Cantone und haben dieses leckere Gericht im Ristorante "Sirene" gegessen, waren leider nie im "Maria Grazia" welches sich nebenan befindet... Bildungslücke! Leider habe ich Deine interessante Story erst jetzt gelesen... Jedenfalls hat der Gastgeber vom Sirene uns gesagt, dass das Rezept streng geheim sei! Ich konnte darin keine ganzen Zucchinistücke sehen, es war alles püriert, sehr cremig (wahrscheinlich viel Butter und Köse drin). Da gibt es wohl div. Varianten! Er meinte aber auch, dass das Rezept von Nerano stamme. Wie auch immer, wir haben es auf den Campingplatz improvisiert nachgekocht mit Bärlauch Pesto, war auch sehr lecker... Saluti, Denya

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    1. Liebe Denya,

      um das kulinarische Erlebnis beneide ich Euch ja ein wenig! Nur schmunzeln musste ich wegen des "Geheinmrezepts". Da hat wohl jeder seines... :-)

      Saluti
      Ariane

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