Samstag, 24. Februar 2018

Gut gerüstet für die Kältewelle: Polenta con polpette e funghi



"Schnee über Rom nicht ausgeschlossen", rief mir mein Mann zu, als ich gerade ansetzte, diesen Blogpost zu schreiben. Der erste Satz, der immer der schwierigste ist, war gerettet!
Seit Tagen haben wir scheußliches Wetter in Rom; es regnet und regnet. Nun soll auch noch einmal eine Kältewelle über Italien hereinbrechen. Dumm nur, dass wir zur Zeit Probleme mit unserem Heißwasserboiler haben. Der Techniker war bereits da, konnte aber den Fehler nicht beheben und will nun noch einmal die kommende Woche anrücken. Haarewaschen mit lauwarmem Wasser (und ohne ordentlichen Druck) ist nämlich alles andere als lustig in unserem "Schwalbennest-Badezimmer", das außen an der Hauswand völlig un-isoliert klebt. Auch muss ich zum Töpfespülen Wasser im Kocher erhitzen - wie in "guten alten Zeiten". (Dass das WLAN nicht ordentlich funktioniert - es kommt und geht, Telefongesellschaft findet den Fehler nicht -, ist noch ein zusätzliches Ärgernis in diesen Tagen.)
Da hilft nur eine warme Mahlzeit, die Körper und Seele besänftigt!

Die gefürchteten drei "D"

Vor kurzem wurde ich in einem anonymen (wie auch sonst, wenn gemeckert wird) Kommentar darauf hingewiesen, dass man in Italien Polenta ausschließlich mit Wasser zubereite.
Ja, so war das einst in vielen armen Gegenden,. Polenta war das Arme-Leute-Essen in Norditalien (und nicht nur dort), und wenn ich sage Arme-Leute-Essen, so hat das eine sehr bittere Seite. Da gibt es keine romantische Verklärung wie bei der heute so beliebten Cucina Povera, die wegen ihrer Einfachheit im Zusammenhang mit der Verwendung hochwertiger Zutaten so gelobt wird.
Da sich die arme Bevölkerung oft nur mit Polenta ernähren konnte, um nicht zu verhungern, kam es zu schwerwiegenden Mangelerscheinungen und Erkrankungen wie der sogenannten Pellagra. Diese Krankheit verbreitete sich nicht nur in Italien, sondern überall, wo man Mais anbaute und sich hauptsächlich davon ernähren musste. Die gefürchteten drei "D" waren die Folge: Dermatitis, Diarrhoe und Demenz. Es war ja nicht die Polenta selbst, sondern die Art der (schlechten) Zubereitung; die Polenta wurde ohne Salz in Wasser gekocht. Dazu gab es - nichts!
Ein vollkommener Mangel besonders der Vitamine der B-Gruppe führte in Folge dessen zu den gefürchteten Krankheitsbildern. Statistiken besagen, dass zwischen 1887 und 1910 zirka 83600 Todesfälle durch die Pellagra zu verzeichnen waren, zwischen 1910 uns 1940 immerhin noch 20000. Hinzu kamen Tausende in psychiatrischen Anstalten verwahrte Patienten, die zudem suizidgefährdet waren.¹
A priori war (und ist) das Leben in Italien nicht immer süß!

Polenta zeitgemäß

Polenta bereitet man heute in Italien auf die unterschiedlichsten Weisen zu: mit oder ohne Milch, mit geriebenem Käse angereichert oder auch in Schnitten oder Quenelles ge- oder überbacken.
Puristen werden mir wohl auch die Verwendung von Instant-Polenta nicht verzeihen. Ich mache zwar mit Hingabe meine Pasta selbst und fülle sie geduldigst auf die unterschiedlichste Weise, aber mir fehlt ganz einfach die Muße, mich mindestens 50 Minuten an den Herd zu stellen und in einem möglichst aus Kupfer bestehenden Topf ununterbrochen zu rühren.

Gerne kombiniert man einfache Salsicce mit Polenta - vorausgesetzt, sie sind wirklich gut und nicht zu fettig, mag auch ich das so. Lieber aber sind mir meine selbstgemachten Hackfleisch-Klößchen; da weiß ich, was drin ist! Und Pilze zu Polenta sind ein Klassiker.




Zutaten
(für 4 Personen)

Polpette (Fleischklößchen)


  • 500 g Rinderhackfleisch
  • 1 Schalotte
  • 1 Ei
  • Salz, frisch gemahlener Pfeffer
  • frisch geriebene Muskatnuss
  • 1-2 El gehackte glatte Petersilie
  • eventuell etwas Semmelbrösel
  • Olivenöl extra vergine


Funghi (Pilze)


  • 450 g Steinpilzchampignons
  • 10 g getrocknete Steinpilze
  • 50 g Pancetta 
  • ein paar frische Thymianzweige
  • Salz
  • Olivenöl extra vergine
  • 75 ml Marsala (oder auch Portwein)
  • gehackte glatte Petersilie


Polenta

  • 180 g Polenta (ich: Instant)
  • ca. 900 ml Wasser und Milch vermischt
  • Salz


Die Schalotte in feine Würfelchen schneiden. Rinderhack mit allen Zutaten vermengen und mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken. Kleine Bällchen formen und in Olivenöl braten.

Die getrockneten Steinpilze kurz in einem Sieb abbrausen, in eine Schüssel geben und mit heißem Wasser übergießen. 30 Minuten ziehen lassen, dann herausnehmen, Flüssigkeit durch Filterpapier gießen, auffangen und zur Seite stellen.
Die Champignons putzen und halbieren (größere Pilze eventuell vierteln).
Die Pancetta in feine Würfel schneiden und in etwas Olivenöl ausbraten. Die Pilze hinzufügen und anbraten. Salzen. Die eingeweichten Steinpilze und die von den Stängeln gezupften Thymianblättchen hinzufügen und mit dem Marsala (ursprünglich wollte ich Portwein nehmen, habe aber zur falschen Flasche gegriffen, was kein Nachteil war...) ablöschen und diesen kurz verdampfen lassen. Etwas von dem Pilz-Einweichwasser hinzufügen und kurz köcheln lassen. (Man kann zum Schluss die Flüssigkeit noch mit wenig Speisestärke binden.)
Die Fleischbällchen zu den Pilzen in die Pfanne geben.

Die Polenta nach Packungsanweisung zubereiten.
Polenta auf eine Servierplatte (oder einzelne Teller) gießen und die Pilz-Hackklößchen darüber verteilen. Mit etwas gehackter Petersilie bestreuen.


¹Paolo Sorcinelli, Gli italiani e il cibo, Edizione Bruno Mondadori, Milano, 1999, S. 26 ff.





♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

5 Kommentare:

  1. Früher habe ich mich, warum auch immer, genötigt gefühlt, alle Meckereien ohne Namensnennungen zu veröffentlichen. Mittlerweile veröffentliche ich von anonymen Autoren nur noch "qualifiziertes" Gemecker. Schont meine Nerven ungemein... ;-) Ich verzeihe dir übrigens umgehend den Gebrauch von Instant-Polenta, die ich auch sehr gerne und häufig unter der Woche benutze. Ab und zu gönne ich uns am Wochenende auch eine Bramata, die entweder im Ofen ausquellen darf (nach einer Anleitung von Robert/lamiacucina) oder vom Slow Cooker zubereiten wird. Kein ständiges Rühren, kein Abrennen, kaum Aufwand und das Ergebnis ist immer top.

    Liebe Grüsse aus der eisigen, von Windböen heimgesuchten Schweiz.

    P.S. Und toi, toi, toi, damit der Boiler bald wieder richtig heizt.

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    1. Zur Zeit hängt wirklich alles! Wieder war das Internet ausgefallen; ich konnte hier nicht mal antworten. Und meine Mails funktionieren auch nicht...

      "Qualifiziertes" Gemecker ist gut - für konstruktive Kritik habe ich immer ein offenes Ohr!

      Morgen gibt es einen weiteren Versuch, den Fehler zu finden, warum das Wasser nicht heiß wird. Drücke mir die Daumen! :-)

      Saluti
      Ariane

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  2. Klingt köstlich und sieht ebenso aus - muß ich unbedingt demnächst nachkochen :-)
    Und ja, die Cucina Povera wird gegenwärtig sicher vollkommen unzutreffend romantisch verklärt..

    Danke für Deine immer wieder lehrreichen Beiträge
    Elena

    Ach ja, wie ist`s nun mit dem Schnee in Rom?

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    1. Die Reste der Polenta habe ich übrigens in Butter ausgebacken. Das schmeckte fast noch besser. Einfach in Folie wickeln und bis zum Backen im Kühlschrank aufbewahren. Dann in Scheiben schneiden und in Butter braten. :-)

      Saluti
      Ariane

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    2. P.S. Es hat geschneit, die Stadt ist weiß und alles sieht zauberhaft aus!

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