Manchmal treffen glückliche Umstände zusammen. Eigentlich hatte ich an einem Samstag im November meinen Mann nur gebeten, noch etwas Lorbeer auf dem Campo de'fiori zu besorgen. Wenig später stand er mit einem halben Lorbeerbusch, einer Tüte Clementinen und drei Steinpilzen in der Küchentür. Dazu hatte der Marktmann ihm noch ein Sträußchen Petersilie geschenkt; es war kurz vor Schließung der Marktstände gewesen, und wie heißt es so schön: Alles muss raus!
Diese unverhofften Schätze kamen alle von Bulgari. Bulgari? Was hat der Edeljuwelier, der mit seinem prächtigen Juwelen in der Via Condotti die betuchten Kunden hofiert, mit einem Gemüsestand zu tun?
Dazu muss man wissen, das besagter Markstand zwar zu den am besten sortierten Ständen vom Campo de' fiori gehört und auch optisch alle überstrahlt, aber auch unverschämte Preise hat. Den Touristen, der durch die pittoreske Aufmachung angelockt wird, stört es halt nicht, was ein Apfel kostet. Unter den Marktleuten hat dieser Stand jedenfalls seinen Spitznamen weg: Bulgari!
In meinen ersten römischen Jahren - in den weit zurückliegenden Neunzigern - war auch ich dort Kundin, da sich die Auswahl an den vielen anderen Ständen sehr in Grenzen hielt. Ein netter polnischer Mitarbeiter von "Bulgari" hatte mich dort immer freundlich und aufmerksam bedient. Er wusste auch, im Gegensatz zu seinem Boss, was er da alles an Gemüse und Obst verkaufte. An eine Episode kann ich mich noch bestens erinnern. Sein Chef hatte eine Kohlrabi auf dem Großmarkt ergattert, ein Gemüse, das ihm, dem Gemüsehändler, gänzlich unbekannt war! Er lästerte lautstark über die Knolle, deren Blätter schon ganz schlaff herunterhingen, vor seinem polnischen Mitarbeiter. Das sei wohl eine polnische Knolle - *haha!*. Auch kannte er nicht die italienische Bezeichnung für Kohlrabi. Jedenfalls schenkte mir der freundliche Pole dieses nicht mehr ganz frische Exemplar, und ich kochte am Abend eine kleine Beilage daraus.
Irgendwann waren die Preise bei "Bulgari" nicht mehr zu rechtfertigen. Als mir dann ein Schälchen mit Beeren verkauft wurde, bei dem nur die obere Lage aus frischen Früchten bestand, verabschiedete ich mich langsam von diesem Stand. Der Pole und ich, wir grüßen uns noch immer verschwörerisch; ich glaube, er hatte damals sehr gut verstanden, warum ich immer seltener kam.
Funghi porcini freschi - frische Steinpilze. Natürlich wollte "Bulgari" meinem Mann die schon aufgeschnittenen, geputzten Exemplare andrehen. Die waren nämlich teurer! Mein Mann deutete aber auf die noch ganzen und mit viel Erde behafteten Pilze. Die konnte man am Montag natürlich nicht mehr auf dem Markt anbieten, also mussten auch diese noch am Samstagmittag weg. Leider ist der Kauf von Steinpilzen, wenn man nicht reinschauen kann, immer auch ein Roulette-Spiel, denn man sieht eben nicht, ob die Pilze Untermieter haben. Sie hatten glücklicherweise keine, nur die Lamellen musste ich wegschneiden, da sie schwammig und grünlich geworden waren.
Zutaten und Zubereitung
(für 2-3 Personen)
- 250 g Risotto-Reis (bei mir Arborio)
- 350 g frische Steinpilze
- 2 Schalotten
- 150 ml Weißwein
- 1 l Gemüsefond oder Brühe (möglichst selbstgemacht)
- 2 El Butter
- Olivenöl extra vergine
- 3 El Parmigiano Reggiano, frisch gerieben
- Salz, frisch gemahlener Pfeffer
- ein paar Blättchen glatte Petersilie
Die Brühe in einem Topf erhitzen und auf dem Herd köchelnd halten.
Die Pilze gut putzen und in Würfel schneiden (für die Deko einen Teil in Scheiben). In etwas Olivenöl anbraten, leicht salzen und zur Seite stellen (wer mag, kann an dieser Stelle einen Hauch Knoblauch hinzugeben).
Die Schalotten fein hacken und in einer Pfanne in etwas Olivenöl und einem Esslöffel Butter anschwitzen. Dann den Risotto hinzugeben und glasig werden lassen. Mit dem Weißwein ablöschen.
Nun nach und nach unter Rühren die köchelnde Brühe hinzugeben. Vom ersten Aufgießen an braucht der Risotto ungefähr 18 Minuten. Am Ende sollte fast alle Brühe aufgebraucht sein.
In den letzten Minuten die Pilzwürfel zum Risotto gegeben. Den Risotto mit Salz und Pfeffer abschmecken. Nach ca. 18 Minuten die Hitze wegnehmen. Die restliche Butter und den Parmesan unterrühren und zugedeckt ca. 2 Minuten ruhen lassen.
Mit den vorher zur Seite gelegten Scheiben vom Pilz und ein paar Petersilienblättchen dekorieren.
Oh, den Stand kenne ich... Und witzig, dass Kohlrabi so eine "deutsche" Gemüsesorte zu sein scheint. Meine Schwester erzählt aus England ganz Ähnliches: Sie hat jahrelang gesucht und nur mal aus Zufall eine Kohlrabi-Pflanze in einem Garten-Center gefunden, um dann schlussendlich selbst das Gemüse anzubauen. Ich liebe Kohlrabi jedenfalls sehr. Und natürlich Deine wunderbare Geschichte. Wir sagen hier immer "Die Apotheke" zu einem Gemüseladen. Und witzigerweise weiß da auch JEDER, wen wir meinen :-D
AntwortenLöschenMittlerweile führt der Bio-Supermarkt ab und an Kohlrabi. Ich habe allerdings in der italienischen Kochliteratur noch nie ein Rezept für dieses Gemüse gelesen. Im Internet findet man dagegen einige wenige Zubereitungsarten für Cavolo rapa. Die reißen mich aber nicht vom Hocker.
LöschenSaluti
Ariane
Saluti
Ariane
Risotto mit Steinpilzen lieben wir auch - das gibt's immer ganz frisch, wenn wir welche im Wald finden. Zum Glück brauchen wir dafür keinen Marktstand, aber für vieles andere schon.
AntwortenLöschenDeine Geschichten lese ich immer gerne - so fühle ich mich doch ein wenig nach Rom verfrachtet, in Gedanken. Bei dem polnischen Verkäufer würde ich mich auch wohl fühlen, aber sonst, naja, in Rom können sie es halt leisten... ;-)
Ja, hier erlebt man die unterschiedlichsten Geschichten - irgendwie auch ganz nach dem Motto des Blogs: Zwischen süß und bitter... :-)
LöschenNoch können sie es sich leisten, aber die Touristen bleiben ja gerade aus. Da muss Bulgari auch von den Einheimischen leben. Ich gehe aber lieber zu meiner alten Marktfrau und ihrer Tochter. Die haben zwar auch römische Preise, aber da fühle ich mich gut aufgehoben!
Saluti
Ariane
Carissima, mein Pilzherz sträubt sich ein wenig gegen den Begriff „Lamellen“ beim Steinpilz, dessen Hymenophor aus Röhren (tubuli) besteht…
AntwortenLöschenAber nichtsdestotrotz sieht dieses Gericht – so schlicht es auch daherkommt – mal wieder sehr appetitlich aus und da ich jede Menge Steinpilze (+ Pfifferlinge u.a.m.) aus unserem Septemberurlaub in Kärnten mitgebracht und eingefroren habe, könnte ich das Rezept demnächst einmal nachkochen, dann allerdings mit Vialone aus meinem Vorrat, aber das wird dem Geschmack ja wohl kaum abträglich sein.
Deine Beschreibung des farbenprächtigen Marktstandes „Bulgari“ hat mich schmunzeln lassen, ebenso die Unkenntnis der meisten Italiener bezüglich des Kohlrabis (m. E. der zarteste aus der großen Kohlfamilie), so dass ich diesen wie auch Spitzkohl jetzt in dritter Saison selber im Garten anbaue. Kohlrabi geht übrigens problemlos, Spitzkohl jedoch lässt noch etwas zu wünschen übrig, aber ich bleibe dran.
Ich freue mich schon auf weitere römische Geschichten…
Un bacione da
Elvira und dem Don
Da hast Du allerdings vollkommen recht, liebe Elvira! Gut, dass Du da darauf hingewiesen hast!
LöschenJedenfalls war die Unterseite leicht schwammig, und auch die Farbe etwas seltsam. Sonst waren die Pilze ok. Ich war allerdings zunächst leicht irritiert und wollte sie schon entsorgen, habe aber im Internet beruhigende Antworten gefunden.
Hach, Pfifferlinge! Das sind eigentlich meine Lieblingspilze, aber hier in Rom sooo schwer zu bekommen.
Saluti
Ariane