Mittwoch, 25. Mai 2022

Wenn "Fladenbrot" zum Primo wird: Testaroli al pesto




Es gibt in Italien Traditionsgerichte, die über ihr Territorium hinaus kaum bekannt geworden sind. Testaroli sind so ein Fall. La Lunigiana nennt sich das kleine Zipfelchen Erde in den Hügeln des Appenin nordöstlich von La Spezia, wo Ligurien an die Toskana grenzt, und diese Enklave ist die Heimat der Testaroli.
Ihren Namen verdankt diese Spezialität einem kleinen transportablen Öfchen, in dem die pfannkuchenartigen Fladen gebacken werden. Der sogenannte "Testo" besteht aus zwei Teilen, dem "Sotan" (Unterteil) und einem Deckel, dem "Sovran". Ursprünglich fertigten die Frauen in der Lunigiana diese Öfchen aus Terracotta an, ab den fünfziger Jahren setzten sich aber Geräte aus Gusseisen durch. Ob nun aus Terracotta oder aus Gusseisen, die kleinen Öfchen wurden in einem Holzofen zunächst erhitzt, dann zog man sie wieder heraus, goss den Teig in das Unterteil, setzte den Deckel auf und schob das ganze wieder in den großen Ofen zurück. Durch die hohen Temperaturen verdunstete sofort die Flüssigkeit im Teig, und das Ergebnis war eine Art schwammiger Fladen mit dem typisch nussartigen Geschmack, den ein Holzofen auch einem darin gebackenen Brot verleiht.




Natürlich werden die wenigsten von uns weder ein solches Öfchen noch einen großen Forno a legna  besitzen. Also kann man auf eine Pfanne mit niedrigem Rand oder auch eine Crêpes-Pfanne zurückgreifen - und auf den heimischen Herd. Da ich meine beschichtete Crêpes-Pfanne benutzt habe, musste ich mit moderaten Temperaturen arbeiten. Die Fladen blieben eher blass, auch fehlte ihnen die typische perforierte Oberfläche, die durch das fast schockartige Verdampfen der Flüssigkeit bei hohen Temperaturen entsteht. Alles das nahm aber nichts von dem Genuss, der sich im Zusammenspiel mit dem Pesto ergab. 





Pinienkerne können wir übrigens beim Pesto hier weglassen, denn sie gehören bei diesem Traditionsgericht nicht dazu. Ursprünglich mischte man nur Käse, Öl und zerkleinertes Basilikum unter die Testaroli; vielleicht auch ein Hinweis, dass es sich wieder einmal um ein Gericht der Cucina Povera handelt. Die teuren Pinienkerne verwendete man im reichen Genua, nicht aber in armen Bergdörfern. 

Wenn es also mal nicht Pasta auf dem Teller sein muss, dann sind diese in Rauten geschnittenen Fladen ein genussvoller Ersatz. 





Zutaten und Zubereitung
(für 2-3 Personen)


Testaroli
  • 150 g Mehl 0 (Typ 550) 
  • 150 g Mehl 2 (Typ 1050) 
  • oder 300 g Mehl 1 (Typ 812)
  • eine Prise Salz
  • 400 ml heißes, aber nicht kochendes Wasser
  • etwas Öl für die Pfanne


Im Original wird die Mehltype 1 oder auch Typ 812 verwendet. Dieser Mehltyp ist nur schwer im Handel erhältlich, also habe ich zwei Mehltypen, die ich vorrätig hatte, gemischt. 

Das Mehl in eine Schüssel sieben, etwas Salz hinzufügen und unter kräftigem Rühren das heiße Wasser zufügen. Der Teig sollte glatt und ohne Klümpchen sein.

Etwas Öl in einer Pfanne erhitzen und eine Kelle des Teiges in die Pfanne gießen. Der Teig sollte kompakt bleiben bei einer Dicke von ca. 1 cm.  Einen Deckel auf die Pfanne setzen. Die Unterseite des Fladen kontrollieren, wenn er Farbe angenommen hat, wenden und fertigbacken. 
So weiter verfahren, bis der Teig aufgebraucht ist. Testaroli sollten eine schwammartige Konsistenz haben.

Die Testaroli etwas abkühlen lassen, zunächst in Streifen, dann in Rauten schneiden.

Vor dem Anrichten Wasser zum Kochen bringen, salzen und die Testaroli hinzufügen. Sofort einen Deckel auf den Topf setzen, den Topf von der Kochstelle nehmen und 2 Minuten ziehen lassen.

Testaroli mit der Schaumkelle herausfischen und mit dem Pesto, das man mit etwas Kochwasser verrührt hat, mischen. 






Pesto
  • 5 Sträußchen Basilikum (man braucht ca. 60 g abgezupfte Blättchen)
  • 20 g Parmigiano Reggiano, frisch gerieben
  • 20 g Pecorino Romano, frisch gerieben
  • 1 Knoblauchzehe
  • Salz
  • Olivenöl extra vergine

Aus allen Zutaten ein Pesto - wie an dieser Stelle beschrieben - herstellen.