Samstag, 11. Februar 2012

Karnevalsgebäck: Fritole und Castagnole

In diesen Tagen wird man in ganz Italien wohl kaum eine Bäckerei finden, in deren Auslagen nicht Bleche, üppig belegt mit Karnevalsgebäck, in die Läden locken. Unzählig sind auch die Bezeichnungen in den verschieden Regionen Italiens für das heißbegehrte Schmalzgebäck, das es nur zur Karnevalszeit gibt. Die langen frittierten Streifen, die wie riesige, kurze Bandnudeln aussehen, heißen etwa Bugie (Lügen) im Piemont, Frappe in den Marken, Galani in Venetien oder regionübergreifend einfach Chiacchiere - was so viel wie "Schwätzchen" bedeutet.
Nach Angaben der neuesten Ausgabe von "La Cucina Italiana", einer in Italien beliebten Kochzeitschrift, werden jedes Jahr davon etwa zwanzig Millionen Kilogramm verspeist.
Neben den frittierten Teigstreifen gibt es noch kleine Bällchen - unseren Krapfen, Krebbeln oder Mutzemandeln vergleichbar -, die in Rom unter dem Namen Castagnole angeboten werden und im Veneto Fritole heißen.





Ab und an kaufe ich in dieser Jahreszeit das Gebäck fertig beim Bäcker. Heute aber hatte ich große Lust, selbst diese fluffigen Bällchen zu backen. Draussen schneite es mal wieder - der Winter ist dieses Mal wirklich ungewöhnlich -, und so zog ich mich  an ein warmes Örtchen zurück und fing an zu werkeln. Entschieden habe ich mich heute für ein Rezept aus dem Veneto, das ich in der bereits erwähnten Zeitschrift gefunden hatte, dabei mir aber einige kleine Freiheiten bei der Zubereitung erlaubt.
Dieses spezielle Karnevalsgebäck findet schon Erwähnung in der italienischen Literatur des frühen 18. Jahrhunderts. Da die Venezianer regen Handel trieben, wurde das zunächst sehr schlichte Gebäck, das nur mit Wasser und Mehl hergestellt wurde, mit den aus Sizilien kommenden Rosinen angereichert. Auch Carlo Goldoni, der für seine Komödien berühmte venezianische Autor, erwähnt in einem seiner Werke die Fritole, die damals zur Karnevalszeit wohl an jeder Strassenecke feilgeboten wurden. Die Zunft der sogenannten "Fritoleri"  bezahlte sogar eine gewisse Summe an die Stadt, um im Gegenzug die offizielle Erlaubnis der Kommune zu erhalten, auf den Plätzen Venedigs ihrer Tätigkeit nachgehen zu dürfen.



Hier nur das Rezept für das "Dolce Nazionale dello Stato Veneto" - das Nationalgebäck Venetiens:

Fritole

  • 500 g Mehl
  • 300 ml Milch
  • 75 g Rosinen
  • 80 g Zucker
  • 1 Prise Salz
  • 80 g Pinienkerne
  • 20 g Bierhefe - oder 7 g Trockenhefe
  • 3 Eier
  • ein halbe Tasse brauner Rum (im Original ein halbe Tasse Pinot Bianco, in einem weiteren Arbeitsschritt noch 1 Schnapsgläschen Grappa)
  • Abrieb von je einer halben Zitronen und einer halben Orange
  • Erdnussöl
  • Puderzucker


Zunächst übergiesse ich die Rosinen mit Rum - oder wie im Originalrezept angegeben mit dem Weißwein - und lasse sie ziehen. Dann löse ich die Hefe in 200 ml lauwarmer Milch auf. Das Mehl siebe ich in eine Schüssel und vermische es mit dem Zucker und einer Prise Salz. Nach und nach rühre ich die Eier ein, die Milch mit der aufgelösten Hefe sowie die restliche Milch. Die Rosinen abgiessen, den Rum und den Abrieb der Zitrusfrüchte ebenfalls unter den Teig rühren.
Jetzt muß der Teig abgedeckt an einem warmen Ort eine Stunde gehen.
Nachdem der Teig gegangen ist, füge ich noch die abgetropften Rosinen und die Pinienkerne - und wer mag noch ein Schnapsgläschen Grappa - hinzu. Alles gut unter den Teig rühren.


In einem Topf erhitze ich nun ausreichend  Erdnussöl - die Bällchen müssen schwimmen können - und steche mit Hilfe von zwei Eßlöffeln kleine Teignocken ab, die ich in das Öl gleiten lassen. Portionsweise werden nun die Fritole goldbraun gebacken - sie gehen dabei wunderbar auf -, danach mit einer Schaumkelle auf einen mit Küchenpapier bedeckten Teller gesetzt. Auskühlen lassen und mit Puderzucker bestäuben.





Hier nun noch eine Variante mit einem Teig, bei dem Backpulver als Triebmittel eingesetzt wird. Diese hatte ich vor zwei Jahren gebacken, als mich nach neugierigem Stöbern in verschiedenen Rezepten der Ehrgeiz packte, zur Karnevalszeit ein typisch italienisches Gebäck herzustellen.
Die Castagnole - so heißen die Bällchen in Rom - haben eine etwas festere Konsistenz, schmecken aber nicht weniger gut!

Castagnole
   
  • 400 g Mehl
  • 100 g Zucker
  • 1 Pk. Vanillinzucker
  • 1 Tl Backpulver
  • 2 El brauner Rum
  • 1 Prise Salz
  • 75 g Butter
  • 1 Zitrone (unbehandelt)
  • 3 Eier
  • Erdnussöl
  • Puderzucker


Für die Castagnole zunächst die Butter bei kleiner Hitze zerlassen, dann vom Herd nehmen und etwas abkühlen lassen.
Mehl in eine Rührschüssel sieben, Salz und Backpulver hinzufügen. In die Mitte die Eier sowie den Rum geben. Dann den Abrieb der Zitrone, die zerlassene Butter, den Zucker und den Vanillinzucker hinzufügen. Mit den Knethaken einen glatten Teig herstellen. Aus diesem Rollen formen und in Stücke schneiden.


Die Teigstücke zu kleinen Bällchen rollen. In einem Topf ausreichend Öl zum Frittieren erhitzen und die Bällchen portionsweise darin ausbacken. Mit der Schaumkelle herausnehmen und auf etwas Küchenpapier auskühlen lassen.
Mit dem Puderzucker bestäuben.



♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

2 Kommentare:

  1. Vielen Dank für die Rezepte und die Erläuterungen. Ich erinnere mich an meine Zeit im Veneto. Das war vor 20 Jahren. Da wurden die Fritoleri auch gerne in der Auslage als "Kraft" bezeichnet. Das amüsierte mich sehr und ich frage mich, wo diese Bezeichnung ihren Ursprung hat. War das nur für Touris?

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    1. Da müsste ich mal bei meinen venezianischen Freunden nachfragen. Die Fritoleri waren ja die Bäcker, die das Gebäck herstellten. Aber "Kraft"? Das war wohl wirklich für die Touristen gedacht.

      Saluti
      Ariane

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