Montag, 13. April 2015

Küche der kulinarischen Konkurrenz: Filet de porc aux pruneaux avec Pommes Duchesse



Mit der italienischen und der französischen Küche ist das ja so eine Sache. Da spalten sich sogar die Feinschmecker in ihrem Urteil, als könne es keine größeren Gegensätze geben. Entweder man liebt heiß und innig die eine - oder eben die andere; Vorurteile inbegriffen. Wer hat denn nun die bessere Küche, wenn man so eine Frage überhaupt theoretisch stellen darf? Frankophilen kann man erst gar nicht mit dem Hinweis kommen, die französische Küche gehe eigentlich auf eine Italienerin zurück: Caterina de` Medici, Florentinerin von Geburt, spätere Königin von Frankreich und berüchtigte Hugenottenverfolgerin, hatte im 16.Jahrhundert italienische Kochkunst an den französischen Hof gebracht. Erst ihre italienischen Köche sollen es gewesen sein, die die bis dato etwas "rustikalen" Essgewohnheiten Frankreichs verfeinert und die Küche zu der gemacht haben sollen, wie man sie heute kennt. Frankreichliebhaber dagegen gehen davon aus, dass die Küche Frankreichs  - quasi a priori  - schon immer so viel "feiner" gewesen sei als die ihrer südeuropäischen Nachbarn. Da muss man auch noch heute in manchen Blogs lesen, dass es sich erst gar nicht lohne, in Italien nach Sterneküche zu suchen; nebenbei gesagt gilt die Italienerin Nadia Santini als eine der besten, wenn nicht beste Köchin der Welt und erhielt 1996 als erste Frau drei Michelin-Sterne für ihr Restaurant Dal Pescatore.
Auch musste ich schon die Frage hören, ob es in Italien überhaupt so etwas wie eine "feine" Küche gebe. Ja, es gibt sie, und Pizza und Pasta auf rot-karierten Tischdecken inklusive hemdsärmlichen Begrüßens der Gäste gibt es dagegen vor allem in deutschen Fernsehfilmen der Öffentlich-Rechtlichen! Schade, dass das Bild Italiens im Ausland vor allem auf diese Weise geprägt wird, aber unsägliche "Literatur"-Verfilmungen wie "Maria, ihm schmeckt's nicht" oder "Ein Jahr in Rom" tragen weiterhin dazu bei, die sehr aristokratische Seite des Landes zu vergessen.
Aber zurück zu unseren kleinen Rivalen. Vielen italienischen Feinschmeckern sind wiederum Charakteristiken der französischen Küche unverständlich. Italiener lieben ihr Essen möglichst "unverfälscht". Bei einem Abendessen vor einigen Jahren erklärte mir ein vornehmer älterer und weitgereister Herr, Besitzer eines größeren Prosecco-Unternehmens, dass er mit der französischen Küche so überhaupt nichts anfangen könne. Vor dem Essengehen in Frankreich graue es im jedes Mal; alles müssten die französischen Köche in Saucen ertränken! Sprach's und bestellte sich, wir waren in einem sizilianischen Restaurant, ein einfaches Steak  - "ohne alles", denn "diese Sizilianer" mit ihre überwürzten Küche...
Man sieht, Italiener kennen auch innerhalb der Staatsgrenzen ihre Vorbehalte. Der Herr stammt übrigens aus dem norditalienischen Treviso. Von den Vorurteilen der Regionen untereinander will ich also erst gar nicht reden.
Sie bleiben kleine Rivalen, Franzosen und Italiener, nicht nur in der Küche. Wer macht die raffiniertere Mode, wer die hochwertigeren Parfums, wo ist man eleganter gekleidet? Beaujolais oder Barolo, Champagner oder doch ein Spumante "Metodo Classico"(ich bevorzuge letzteren)?
Denn was das Selbstbewusstsein betrifft, geben sich Franzosen und Italiener auf so einigem Gebiet nichts heraus, auch wenn gerade dieses Verhalten seltsame Blüten treibt.





Unvergesslich wird mir ein Abend in der französischen Botschaft in Rom bleiben. Der Palazzo Farnese gehört mit Sicherheit zu den schönsten Stadtpalästen der italienischen Hauptstadt; für mich ist der Anblick der schlichten Eleganz des vom italienischen Architekten Antonio da Sangallo begonnenen und von Michelangelo vollendeten Bauwerks im Stil der Hochrenaissance immer wieder überwältigend. Auch wenn ich fast täglich mein Gemüse vom Campo de'fiori an diesem Palazzo vorbei nach Hause schleppe, für einen Seitenblick auf die großartige Fassade nehme ich mir immer die Zeit. Innen besticht das Gebäude durch beeindruckende Säle, Galerien und Treppenhäuser, die zum Teil mit Fresken der Brüder Annibale und Agostino Carracci ausgeschmückt sind und die die Liebesverwirrungen der Götter des Olymps zum Thema haben. Nach Anbruch der Dämmerung werden die Säle innen ausgeleuchtet, und man kann die Pracht der freskierten Säle im Innern erahnen. Der französische Botschafter hat mit Sicherheit das schönste Büro der Welt - und das alles für eine bescheidene symbolische Miete!




In diesem, für mich schönsten aller römischen Palazzi kam mir nun ein französischer Kollege meines Mannes entgegen, breitete in einer weit ausholenden Geste die Arme aus und sagte zu mir: "La Francia non scherza!", was man sinngemäß mit: "Frankreich macht keine halben Sachen" übersetzen könnte. Die Bemerkung, dass diesen Palazzo ja wohl kaum französische Architekten und Künstler erschaffen haben, konnte ich mir - mit meinem charmantesten Lächeln natürlich - dann doch nicht verkneifen!
Um mich ganz schnell wieder mit Frankreich zu versöhnen, hier meine Version eines Küchenklassikers der Grande Nation: zartestes Schweinefilet in einer unglaublich sämig-aromatischen Sauce, begleitet von winzigen Pommes Duchesse.






Zutaten
(für 6 Personen)

Filet de porc

2 Schweinefilets à 400 g
1 El Dijon-Senf
1 El Butterschmalz + 1 El Olivenöl extra vergine
ein paar Thymianzweige
1 Lorbeerblatt
2 Schalotten
1 Karotte
Abrieb einer unbehandelten Orange
200 ml trockener Weißwein
200 ml Kalbsfond
200 ml süße Sahne
160 g weiche Backpflaumen
Salz, frisch gemahlener Pfeffer
1 Tl Honig
eventuell etwas Speisestärke zum Binden der Sauce

Filets parieren, dabei die kleinen Fleischreste aufheben und zur Seite legen.
Die Filets salzen, pfeffern und mit Senf bestreichen. In einem Bräter Butterschmalz und Olivenöl erhitzen und die Filets von allen Seiten anbraten.
Den Backofen auf 175 Grad vorheizen.
Filets auf ein Backblech legen und für dreißig Minuten in den Ofen schieben.
In der Zwischenzeit die Fleischreste, die feingewürfelten Schalotten und Karotten im Bratensatz anschwitzen, dann mit dem Weißwein ablöschen, Thymianzweige, Orangenabrieb sowie das Lorbeerblatt hinzufügen und auf die Hälfte reduzieren lassen. Dann den Fond angießen und die Grundsauce dreißig Minuten lang zugedeckt köcheln lassen.
In der Zwischenzeit die Filets aus dem Ofen nehmen und in Alufolie wickeln. Die Sauce durch ein Sieb geben, dabei das Gemüse gut ausdrücken, Sahne sowie Backpflaumen hinzufügen und ca. 15 Minuten einköcheln lassen. Mit Salz und Pfeffer sowie etwas Honig abschmecken und eventuell mit wenig Speisestärke binden.
Die Filets auswickeln, Fleischsaft zu Sauce geben, das Fleisch in Scheiben schneiden und mit der Sauce übergießen.



Pommes Duchesse

500 g Kartoffeln
2-3 El weiche Butter
Salz, frisch geriebene Muskatnuss
3 Eigelb
etwas Sahne

Den Backofen auf 150 Grad vorheizen; eventuell später den Grill zuschalten.
Die Kartoffeln in der Schale weichkochen, danach pellen und durch eine Kartoffelpresse drücken. Mit der Butter und zwei Eigelben verrühren und mit Salz und Muskatnuss abschmecken.
Die Kartoffelmasse in einen Spritzbeutel füllen und kleine Rosetten auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech spritzen. Die Rosetten mit dem mit der Sahne verquirlten Eigelb bestreichen und goldbraun backen.





Unser Wein dazu war italienisch und kam aus Kampanien:
Falanghina del Sannio, Feudi di San Gregorio, 2009






♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

5 Kommentare:

  1. "Amen" kann man zu Deinem Bericht nur noch sagen, denn wie immer hast Du alles auf den Punkt gebracht! Wer letztendlich als Erster die gehobene feine Küche zelebrierte - Italiener (zu denen ich tendiere) oder Franzosen -, ist mir schnurzpiepegal, wenn ich solche Ergebnisse wie obiges Gericht und auch die zahlreichen anderen Rezepte in Deiner Sammlung sehe. Dieses Schweinefilet mit Pflaumen ist ganz nach meinem Geschmack - auch weil die Zubereitung nicht übertrieben viel Zeit kostet - und wird demnächst nachgekocht, versprochen!

    Der Prosecco-Signore könnte übrigens durchaus aus den Marken stammen, denn die Menschen hier schauen auch eher selten über den Tellerrand hinaus...

    Un abbraccio da
    Elvira

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Da machst Du ja auch so Deine Erfahrungen, liebe Elvira! :-)
      Dieses Gericht ist wirklich in kürzerer Zeit zubereitet, obwohl es nach "mehr" schmeckt. In jeder Beziehung! ;-)
      Saluti
      Ariane

      Löschen
  2. So zu sagen "Kulinarisch fremd gegangen" ;-)
    Liebe Ariane,
    ich mag Deine Geschichten aus dem Leben in Rom immer sehr, danke dafür.
    Carissimi saluti,
    Kebo

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ha, liebe Kebo, Du hast mich erwischt! Im Ernst: Das war mein erster Überschriftenvorschlag, sozuwagen "Arbeitstitel, habe es aber dann doch gelassen. Wer wohl alles auf der Seite gelandet wäre beim Stichwort "Fremdgehen" - und dann die Enttäuschung, hier keine pikanten Geschichten zu lesen... ;-)
      Saluti
      Ariane

      Löschen

Danke für Deinen Besuch!
Über liebe Worte freue ich mich, aber auch über konstruktive Kritik. Anonyme oder beleidigende Kommentare sowie Werbelinks werden entfernt.