Freitag, 26. Mai 2017

Römische Frühlingsküche: Vignarola alla romana



So sieht authentische Küche in Italien aus: Regional - und vor allem saisonal! Für Römer, für die echten Römer (zähle ich mich nach all' diesen Jahren eigentlich dazu...), die auf kulinarische Traditionen Wert legen, repräsentiert kein Gericht mehr den Frühling als die Vignarola.
Um so verwunderlicher ist es, dass es auf den Speisekarten der römischen Trattorie kaum noch zu finden ist, wenn in der Saison die herrlichsten Artischocken, der knackigste Salat und frische Saubohnen und Erbsen an den Marktständen angeboten werden. Zu keiner Jahreszeit sieht es üppiger auf dem Campo de' fiori aus als im Frühling, und das frische Gemüse macht dem Touristennippes endlich mal so richtig Konkurrenz, auch wenn man sich den Weg zum Gemüsestand fast erkämpfen muss.

So genau weiß man nicht, wie das Gericht zu seinem Namen kam. Nimmt es Bezug auf das Gemüse, das wild zwischen den Weinreben wucherte? "Vigneti" , so heißen die "Weinberge" auf Italienisch, auch wenn man in Italien, anders als im Norden Europas, den Wein nicht unbedingt an Berghängen anbauen muss, um die Sonne optimal nutzen zu können. Oder bezieht sich diese Bezeichnung auf die Weinbauern selbst, die das Gemüse, das zwischen dem Wein wuchs, auf den Märkten der Stadt verkauften - oder aber war die Vignarola einfach nur ihr typisches Essen bei der harten Arbeit des Weinanbaus?




In der Literatur findet man unterschiedliche Rezepte für die Zubereitung der Vignarola. Mit Guanciale oder lieber mit Pancetta (darüber habe ich mit meinem Feinkosthändler heute diskutiert, der meinte, Guanciale sei zu fett dafür). Oder lieber doch vegetarisch ohne den pikanten Speck?
Mit Wein oder ohne? Sollte man auch etwas Gemüsebrühe hinzugeben, oder langt die Flüssigkeit, die das Gemüse selbst beim Schmoren abgibt? Und die Gemüsebrühe selbst? Einige Rezepte sehen vor, sie aus den Schoten der Erbsen und Saubohnen sowie der Stängel der Artischocken zu kochen.
Apropos Saubohnen: Angeblich werden sie in der traditionellen Zubereitung nicht von der zähen Haut entfernt. Auch wenn es Arbeit macht: Die zarten Bohnen mag ich lieber ganz "entblättert", und so hüpfen sie bei mir erst gegen Ende der Zubereitung in die Pfanne, damit sie nicht zerkochen.




Zutaten
(für 2-3 Personen)


  • 3 Artischocken (möglichst Carciofi romaneschi)
  • 300 g frische Erbsen, gepalt
  • 300 g frische Saubohnen, gepalt
  • 1 kleiner Kopf Römersalat (Lattuga romana)
  • 100 g Pancetta
  • 2-3 Frühlingszwiebel
  • ein paar Minzblättchen (Bergminze, "Mentuccia")
  • Olivenöl, extra vergine
  • 100 ml Weißwein
  • ein wenig Gemüsebrühe
  • Saft einer halben Zitrone
  • Salz, frisch gemahlener Pfeffer


Die Artischocken putzen, dabei den Stängel entfernen und bis zur weiteren Verwendung in Zitronenwasser legen.
Die Saubohnen für eine Minute in kochendes Wasser geben, abgießen, abschrecken und die Bohnenkerne aus den Häutchen drücken.
Die Pancetta in Streifen und das Weiße der Frühlingszwiebeln in Ringe schneiden.
Olivenöl in einer Pfanne erhitzen und die Pancetta so lange ausbraten, bis der Fett glasig zu werden beginnt, dann die Frühlingszwiebelringe hinzufügen.
Die Artischocken der Länge nach vierteln, das Heu entfernen und in feine Spalten schneiden. Diese in die Pfanne zu der Pancetta und den Frühlingszwiebeln geben und kurz mit anbraten.
Mit etwas Wein ablöschen und die Erbsen hinzufügen. Salzen und pfeffern und zugedeckt bei kleiner Hitze ca. 15 Minuten schmoren lassen. Wenn das Gemüse zu trocken wird, noch etwas Wein und gegebenenfalls wenig Gemüsebrühe angießen.
In der Zwischenzeit den Salat (man braucht nur wenige Salatblätter) in breitere Steifen schneiden.
Salat zusammen mit den Saubohnen und ein paar Minzblättchen zu dem Gemüse in der Pfanne geben und weitere 5 Minuten schmoren lassen. Dabei kontrollieren, dass das Gemüse nicht zu trocken wird, sonst noch etwas Brühe angießen, aber es sollte keineswegs zu "suppig" werden.
Mit Salz und Pfeffer abschmecken und lauwarm oder auch kalt servieren.


Eine schmale Gasse in der Nähe des Campo de' fiori


♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

Samstag, 20. Mai 2017

Süße Tricolore: Rotolo di pan di spagna al tè matcha ripieno di ricotta e cioccolato con salsa di fragole



Im Mai gibt es bei uns Erdbeerkuchen! Der gehört einfach dazu und läutet die schönste Zeit des Jahres ein: den Frühsommer. Noch sind die Temperaturen erträglich - sofern nicht Unwetter wüten wie die vergangene Nacht und auch noch den ganzen Vormittag über. Angeblich gab es schwere Verwüstungen mit umgestürzten Bäumen und ein paar tiefen Kratern in den Strassen.
Dann aber, mit den ersten Sonnenstrahlen, bin ich zum Markt geeilt, um endlich Erdbeeren zu kaufen; Traditionen müssen ja gepflegt werden.



Die Biskuitroulade hätte ich mir gerne etwas intensiver grün durch den Tee gewünscht, auch kommt der Matcha-Geschmack nur sehr leicht durch. Also habe ich noch einmal ordentlich Matcha-Tee darüber gestäubt und ein paar frisch gepflückte Jasminblüten darauf "gepflanzt", die die heftigen Regengüsse überstanden haben.




Zutaten

Matcha-Biskuitrolle


  • 6 Eier
  • 100 g Zucker 
  • 1 Prise Salz
  • 80 g Mehl
  • 20 g Speisestärke
  • 2 gehäufte Tl Matcha-Tee
  • Backpapier
  • 2 saubere Küchenhandtücher und etwas Zucker


Den Backofen auf 200 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen.
Ein Backblech mit Backpapier auslegen.
Die Eier trennen und die Eiweiße mit einer Prise Salz steifschlagen, dabei einen El Zucker von der Gesamtmenge abnehmen und einrieseln lassen.
Die Eigelbe mit dem restlichen Zucker zu einer hellgelben Masse aufschlagen.
Eiweiß auf die Eigelbmasse geben und das Mehl, die Speisestärke und das Tee-Pulver darübersieben.
Mit dem Rührlöffel vorsichtig unterheben.
Die Biskuitmasse auf dem Backpapier verstreichen und das Backblech für 12-15 Minuten in den Ofen schieben.
Danach die Teigplatte auf ein mit Zucker bestreutes Handtuch stürzen, Papier abziehen, mit einem angefeuchteten Küchenhandtuch bedecken und vorsichtig aufrollen.



Füllung


  • 500 g Ricotta aus Schafsmilch (Ricotta di pecora)
  • 200 ml süße Sahne
  • 70 g Vanillezucker, selbstgemacht
  • 100 g dunkle Schokolade (mindestens 70%)
  • etwas Matcha-Tee


Die Ricotta mit dem Vanillezucker cremig rühren, Sahne steifschlagen und unterheben. Ein wenig von der Crème abnehmen; man braucht sie zum Bestreichen der Rouladen.
Die Schokolade fein hacken und unter die restliche Crème für die Füllung rühren.
Biskuit entrollen und die Ricotta-Schokoladencrème darauf verstreichen, dann wieder aufrollen.
Mit der zur Seite gestellten Crème ohne Schokostückchen bestreichen und mit Matcha-Tee bestäuben.



Erdbeer-Sauce


  • 500 g Erdbeeren
  • 65 g brauner Zucker
  • Saft einer halben Zitrone
  • ein paar Minzblättchen


Erdbeeren waschen und in Stücke schneiden. Zusammen mit dem Zucker und dem Zitronensaft in einen Topf geben und aufkochen lassen. Vier Minuten bei starker, dann weitere zehn Minuten bei schwacher Hitze köcheln lassen. Eventuell den sich bildenden Schaum abschöpfen.
Die Minzblättchen kleinschneiden und zur Sauce geben.
Biskuitrolle zusammen mit der Sauce servieren.

Rezeptquelle: Frei nach einer Idee aus "Io donna", Wochenendbeilage des "Corriere della Sera" vom 15. April 2017



♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

Freitag, 12. Mai 2017

Ein Stück Apulien auf dem Teller: Fave e cicoria



Während mein Mann heute in Bari beim G-7-Treffen wohl kaum den kulinarischen Genüssen dieser Region huldigen wird, hole ich mir Apulien auf den Teller. Mit seinem - man könnte fast sagen - Nationalgericht: Purea di Fave e cicoria. Eine typische Spezialität der bäuerlichen Küche dieser spannenden Region. Und ein würdiger Vertreter der sogenannten Cucina povera - der "Arme-Leute-Küche" von einst.
Ich hege ja eine heiße Liebe für cremige Pürees: Hummus al Tahini, Guacamole oder griechische Fava-Beans - (Fáva - Φάβα) - das alles gehört für mich zur Kategorie "Ich könnt' mich 'reinsetzen!"
Apropos Fava-Beans: Auch wenn sich die Bezeichnungen gleichen, bei den Hülsenfrüchten für die griechische Spezialität handelt es sich um Platterbsen, bei dem apulischen Gericht sind es Saubohnen/Dicke Bohnen.
Interessant finde ich immer wieder die kulinarischen Gemeinsamkeiten; nicht nur hier bei dieser Vorspeise, sondern auch etwa bei den griechischen Dakos, einer Spezialität aus Kreta, die fast identisch sind mit den Friselle, wie man sie in Apulien kennt. Man könnte meinen, zwischen Apulien und Griechenland gebe es mehr kulinarische Gemeinsamkeiten als zwischen Sizilien und Griechenland, auch wenn ja hauptsächlich Sizilien der Magna Graecia zugerechnet wird; letztlich war das Gebiet aber viel größer und schloss auch Kampanien, Kalabrien und Apulien mit ein. In Sizilien prägen zudem nordafrikanische und überhaupt arabische Einflüsse die typischen Gerichte; ein Umstand, der diese Küche so überaus spannend macht.
Die Ursprünge von Fave e cicoria lassen sich wie so oft auch mit ein bisschen etymologischer Spurensuche ergründen. 'Ncapriata pugliese, so lautet die Dialektbezeichnung für dieses Gericht, in der das lateinische Wort caporidia steckt, das wiederum griechische Wurzeln hat: kapyridia. Damit bezeichnete man in der Antike ein Gericht aus zerstoßenem Getreide.  Und auch Sizilien redet da wieder ein Wörtchen mit: Macco - oder auch Maccu -, das sizilianische Bohnenpüree, soll sogar ägyptische Wurzeln haben. Der Ausdruck geht zurück auf die Wörter ammaccate e schiacciate, womit das "Zerdrücken" der Saubohnen gemeint ist.
Während ich das hier aufschreibe und Euch mit trockenem "Lehrstoff" füttere, köcheln meine Saubohnen vor sich hin und verströmen verlockende Gerüche.
Dazu gibt es Gemüse - Wegwarte ist wohl die deutsche Bezeichnung für das Zichoriengewächs. Es ist die perfekte, leicht bittere Ergänzung für das sämige Püree.




Zutaten
(für 2 Personen)


  • 200 g getrocknete und geschälte Saubohnen (fave secche e decorticate)
  • 50 g Karotten
  • 50 g Stangensellerie
  • 1 kleine Zwiebel
  • 1 Knoblauchzehe
  • 1 Lorbeerblatt
  • Salz, frisch gemahlener Pfeffer
  • Olivenöl extra vergine


Die getrockneten Saubohnen in einem Sieb abspülen, dann über Nacht oder mindestens 12 Stunden in kaltem Wasser einweichen. Danach wieder in ein Sieb abgießen. Zusammen mit der in kleine Würfel geschnittenen Karotte und dem ebenfalls gewürfelten Sellerie, der Zwiebel, der Knoblauchzehe, dem Lorbeerblatt und etwas Olivenöl in einen Topf geben, mit Wasser bedecken und zum Kochen bringen. Zugedeckt ungefähr zwei Stunden köcheln lassen, dabei immer wieder kontrollieren, ob die Bohnen mit Wasser bedeckt bleiben. Gegen Ende der Kochzeit zerfallen sie langsam, dann das Lorbeerblatt entfernen und mit dem Zauberstab pürieren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.





  • 300 g Wegwarte (Zichorie)
  • 1 Knoblauchzehe
  • Peperoncino (getrocknet oder eine frische Chilischote, fein gehackt)
  • Salz
  • Olivenöl extra vergine


Das Gemüse putzen und gründlich waschen. In Salzwasser drei Minuten blanchieren, dann abgießen. In einer Pfanne die angedrückte Knoblauchzehe in Olivenöl anschwitzen, dann die blanchierte Wegwarte hinzugeben und wenige Minuten in der Pfanne heiß werden lassen. Mit Salz und Peperoncino abschmecken.

Das Püree und das Gemüse nebeneinander auf die Teller geben und mit etwas Olivenöl begießen.





♥♥♥
Un abbraccio
Ariane