So sieht authentische Küche in Italien aus: Regional - und vor allem saisonal! Für Römer, für die echten Römer (zähle ich mich nach all' diesen Jahren eigentlich dazu...), die auf kulinarische Traditionen Wert legen, repräsentiert kein Gericht mehr den Frühling als die Vignarola.
Um so verwunderlicher ist es, dass es auf den Speisekarten der römischen Trattorie kaum noch zu finden ist, wenn in der Saison die herrlichsten Artischocken, der knackigste Salat und frische Saubohnen und Erbsen an den Marktständen angeboten werden. Zu keiner Jahreszeit sieht es üppiger auf dem Campo de' fiori aus als im Frühling, und das frische Gemüse macht dem Touristennippes endlich mal so richtig Konkurrenz, auch wenn man sich den Weg zum Gemüsestand fast erkämpfen muss.
So genau weiß man nicht, wie das Gericht zu seinem Namen kam. Nimmt es Bezug auf das Gemüse, das wild zwischen den Weinreben wucherte? "Vigneti" , so heißen die "Weinberge" auf Italienisch, auch wenn man in Italien, anders als im Norden Europas, den Wein nicht unbedingt an Berghängen anbauen muss, um die Sonne optimal nutzen zu können. Oder bezieht sich diese Bezeichnung auf die Weinbauern selbst, die das Gemüse, das zwischen dem Wein wuchs, auf den Märkten der Stadt verkauften - oder aber war die Vignarola einfach nur ihr typisches Essen bei der harten Arbeit des Weinanbaus?
In der Literatur findet man unterschiedliche Rezepte für die Zubereitung der Vignarola. Mit Guanciale oder lieber mit Pancetta (darüber habe ich mit meinem Feinkosthändler heute diskutiert, der meinte, Guanciale sei zu fett dafür). Oder lieber doch vegetarisch ohne den pikanten Speck?
Mit Wein oder ohne? Sollte man auch etwas Gemüsebrühe hinzugeben, oder langt die Flüssigkeit, die das Gemüse selbst beim Schmoren abgibt? Und die Gemüsebrühe selbst? Einige Rezepte sehen vor, sie aus den Schoten der Erbsen und Saubohnen sowie der Stängel der Artischocken zu kochen.
Apropos Saubohnen: Angeblich werden sie in der traditionellen Zubereitung nicht von der zähen Haut entfernt. Auch wenn es Arbeit macht: Die zarten Bohnen mag ich lieber ganz "entblättert", und so hüpfen sie bei mir erst gegen Ende der Zubereitung in die Pfanne, damit sie nicht zerkochen.
Zutaten
(für 2-3 Personen)
- 3 Artischocken (möglichst Carciofi romaneschi)
- 300 g frische Erbsen, gepalt
- 300 g frische Saubohnen, gepalt
- 1 kleiner Kopf Römersalat (Lattuga romana)
- 100 g Pancetta
- 2-3 Frühlingszwiebel
- ein paar Minzblättchen (Bergminze, "Mentuccia")
- Olivenöl, extra vergine
- 100 ml Weißwein
- ein wenig Gemüsebrühe
- Saft einer halben Zitrone
- Salz, frisch gemahlener Pfeffer
Die Artischocken putzen, dabei den Stängel entfernen und bis zur weiteren Verwendung in Zitronenwasser legen.
Die Saubohnen für eine Minute in kochendes Wasser geben, abgießen, abschrecken und die Bohnenkerne aus den Häutchen drücken.
Die Pancetta in Streifen und das Weiße der Frühlingszwiebeln in Ringe schneiden.
Olivenöl in einer Pfanne erhitzen und die Pancetta so lange ausbraten, bis der Fett glasig zu werden beginnt, dann die Frühlingszwiebelringe hinzufügen.
Die Artischocken der Länge nach vierteln, das Heu entfernen und in feine Spalten schneiden. Diese in die Pfanne zu der Pancetta und den Frühlingszwiebeln geben und kurz mit anbraten.
Mit etwas Wein ablöschen und die Erbsen hinzufügen. Salzen und pfeffern und zugedeckt bei kleiner Hitze ca. 15 Minuten schmoren lassen. Wenn das Gemüse zu trocken wird, noch etwas Wein und gegebenenfalls wenig Gemüsebrühe angießen.
In der Zwischenzeit den Salat (man braucht nur wenige Salatblätter) in breitere Steifen schneiden.
Salat zusammen mit den Saubohnen und ein paar Minzblättchen zu dem Gemüse in der Pfanne geben und weitere 5 Minuten schmoren lassen. Dabei kontrollieren, dass das Gemüse nicht zu trocken wird, sonst noch etwas Brühe angießen, aber es sollte keineswegs zu "suppig" werden.
Mit Salz und Pfeffer abschmecken und lauwarm oder auch kalt servieren.
Eine schmale Gasse in der Nähe des Campo de' fiori |
♥♥♥
Un abbraccio
Ariane