"
Montalbano sono" (wörtlich: ich bin Montalbano)! Wer kennt sie nicht, diese schon fast legendären Worte, mit denen sich der Protagonist der erfolgreichen Krimireihe des Autors Andrea Camilleri gerne vorstellt. Vergleichbar nur mit einem "Bond, James Bond!".
Anders als sein nicht weniger berühmter Kollege aus Los Angeles, Inspektor Columbo, der oft ein gekochtes Ei aus dem schmuddeligen Trenchcoat zieht oder einen Teller Chili con carne am Tresen eines Diners löffelt, ist Montalbano ein echter Feinschmecker und in seinen kulinarischen Vorlieben ganz Kind seiner Heimat. Vor allem liebt er Fischgerichte, und seine Verbundenheit mit dem Meer zeigt er beim ausgiebigen Bad im Meer - entweder vor oder auch nach dem Essen.
Um die komplizierten Fälle und Verstrickungen zu lösen, gönnt er sich genießerisch-meditative Pausen mit den Spezialitäten seiner "
terra" - seiner Heimat. Und dafür ist in der Regel die gute Adelina, die "
Cameriera" - Haushälterin - des Kommissars aus Catania, zuständig. Beim hungrigen Blick in den heimischen Kühlschrank oder den Backofen findet er immer wieder ihre kulinarischen Hinterlassenschaften:
Gli arancini (um diese zuzubereiten, braucht die gute Adelina zwei Tage!),
le milanzane alla parmigiana,
la caponata di melanzane...
Zusammen mit einem Glas Wein und etwas Brot genießt er gerne in Einsamkeit die Gerichte, die Adelina ihm zubereitet hat:
"Pigliò le pietanze, una bottiglia di vino, il pane, addrumò il televisore, s'assistimò a tavola. Gli piaceva mangiare da solo, godersi i bocconi in silenzio..."*
"Er nahm sich das Essen, eine Flasche Wein, Brot, schaltete den Fernseher ein, setzte sich an den Tisch. Es gefiel ihm, alleine zu speisen, die Häppchen in Stille zu genießen..."
Und dann ist da natürlich die legendäre
Pasta al forno von Adelina:
"Andò a casa, si mise il costume da bagno, fece una notata lunghissima, rientrò, s'asciugò, non si rivestì, nel frigorifero non c'era niente, nel forno troneggiava una teglia con quattro enormi porzioni di pasta 'ncasciata, piatto degno dell'Olimpo, se ne mangiò due porzioni, rimise la teglia nel forno..."**
"Er ging nach Hause, zog sich die Badehose an, schwamm sehr lange, kehrte nach Hause zurück, trocknete sich ab, zog sich aber nicht um, im Kühlschrank war nichts, im Ofen thronte eine Auflaufform mit vier üppigen Portionen Pasta 'ncasciata, ein Gericht des Olymps würdig, er aß zwei Portionen, stellte die Form in den Ofen zurück..."
Für die
Pasta 'ncasciata unterscheiden sich einige Rezepte in der Zubereitung und der Zusammensetzung der Zutaten. Einige Versionen sehen nur Tomatensugo vor, reichern dafür die Pasta aber mit Salami oder Mortadella an. Bei anderen Rezepten, die Hackfleisch verwenden, wird der Tomatensugo separat zubereitet und erst zum Schluss unter das Ragù gemischt.
Anders als bei der klassischen sizilianischen
Pasta al forno - wie den
Anelletti al forno alla siciliana - werden hier die Zutaten nicht abwechselnd in der Form geschichtet, sondern in einer Pfanne vermengt. Erst dann wird alles in eine Auflaufform gefüllt: Die mit Caciocavallo, Eiern, Ragù und Auberginen angereicherte Pasta wird in einem letzten Arbeitsschritt mit dem geriebenen Parmigiano bestreut und gratiniert.
Von dieser Art der Zubereitung leitet sich auch die (Dialekt-)Bezeichnung "
'u ncacio" ab: Der verschlossene Topf mit der Pasta wurde einst in die glühende Kohle gestellt, ja war ganz von der Kohle umschlossen.
Um die Sache möglichst authentisch zu halten - und irgendwie passend zum Thema - habe auch ich schon beim Einkauf wie Commissario Montalbano etwas zur Verbrechensbekämpfung beigetragen. Ich verwende, wie schon bei meinen
Anelletti, sizilianische Pasta, deren Getreide von einer Kooperative auf Feldern angebaut wird, die einst im Besitz der Mafia waren und konfisziert wurden. Hier findet man dazu einige Informationen:
Libera Terra.
Zutaten
(für 4 Personen)
Ragù
- 200 g Rinderhack
- 1 kleine Karotte
- 1 Stück Selleriestange
- 1 Zwiebel
- 1 Knoblauchzehe
- 1 Dose geschälte Tomaten ("Pelati", ca. 400 g)
- 1 Glas Weißwein
- Olivenöl extra vergine
- Salz, frisch gemahlener Pfeffer
Karotte, Selleriestange und Zwiebel in feine Würfelchen schneiden, Knoblauchzehe fein hacken. Für das Soffritto die Gemüsewürfel in Olivenöl langsam auf kleiner Flamme anschwitzen.
Das Hackfleisch hinzugeben und krümelig braten. Mit dem Weißwein ablöschen und diesen etwas einkochen lassen. Die geschälten Tomaten hinzufügen und das Ragù zugedeckt etwa eineinhalb Stunden bei milder Hitze köcheln lassen. Ab und an umrühren.
Weitere Zutaten...
- 1 Aubergine
- grobes Salz
- Olivenöl extra vergine
Die Aubergine in Würfel schneiden, in ein Sieb legen, mit Salz bestreuen und eine halbe Stunde ziehen lassen. Dann die Auberginenwürfel abbrausen und mit Küchenpapier trockentupfen. In einer Pfanne Olivenöl erhitzen und die Auberginenwürfel anbraten. Aus der Pfanne nehmen und bis zur weiteren Verwendung auf Küchenpapier legen.
- 2 hart gekochte Eier
- 100 g Caciocavallo (italienische Käsesorte)
- Olivenöl extra vergine
- Semmelbrösel
- 250 g Maglie siciliane (sizilianische Pastasorte, ersatzweise Sedanini)
- Parmigiano Reggiano, frisch gerieben
- ein paar Blätter Basilikum
- grobes Salz
Den Backofen auf 180 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen.
Eine Auflaufform mit etwas Olivenöl ausstreichen und Boden und Ränder mit Semmelbrösel bestreuen.
Wasser aufsetzen, wenn es zu kochen beginnt, grobes Salz und die Pasta hinzufügen. Pasta sehr "
al dente" kochen (etwa 3 Minuten weniger als auf der Packung angegeben). Abgießen.
Die hartgekochten Eier und den Caciocavallo in Würfel schneiden.
Die Pasta zusammen mit dem Käse, den Eier- und Auberginenwürfeln sowie etwas Basilikum in die Pfanne zu dem Ragù geben. Vorsichtig untermischen, einen Deckel aufsetzen und bei milder Hitze den Käse kurz schmelzen lassen. Kontrollieren, damit nichts am Topfboden anbrennt.
Dann den Inhalt der Pfanne in die vorbereitete Auflaufform geben und großzügig mit geriebenem Parmigiano bestreuen. Für zwanzig Minuten in den Ofen schieben.
Literatur:
Andrea Camilleri, Il commissario Montalbano. Le prime indagini, Sellerie Editore Palermo, 2008. Zitat, *S. 184, **S. 250 (Die Übersetzungen ins Deutsche stammen von mir, wobei mir nicht alle sizilianischen Dialektausdrücke geläufig sind - besser gesagt, gar nicht.)
Stefania Campo, I segreti della tavola di Montalbano, Il leone verde Edizione, Torino, 2009
Anna Pomar, La cucina tradizionale siciliana, Ce.DI.L. S.r.L Gruppo Editoriale Brancato, 1994
Tobias Piller,
Libera Terra auf Sizilien, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.05.2006
Endlich habe ich es wieder geschafft, einen Beitrag für den literarisch-kulinarischen
Dauerevent für alle Leseratten von Shermin zu verfassen. Und wie der Zufall es will, dreht sich bei mir wieder alles um die sizilianische Küche.
Ich freue mich schon auf die Zusammenfassung im wunderbaren Blog "
Der magische Kessel".
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Schauspieler Luca Zingaretti bei der Verleihung des Filmpreises des
Clubs der Auslandspresse in Italien (Globo d'oro) im Juni 2015 |
♥♥♥
Un abbraccio
Ariane