"Insalatone" - der "große" Salat. Da muss ich gleich wieder an die berühmte "Insalata Mista" denken, die man so gerne in italienischen Restaurants im Ausland als "Vorspeise" bestellt. Um es es gleich zu sagen: Das ist so unitalienisch wie ein Cappuccino nach dem Mittag- oder Abendessen.
In Italien selbst käme niemand auf die Idee, in sein Menü mit einem gemischten Salat einzusteigen, es sei denn, er hat sich selbst strengste Diät verordnet, was in der Vor-Strand-Saison nicht selten vorkommt; und dann bleibt es meist auch beim Salat - nämlich bei einem Insalatone!
Bei den Damen sind solche Diätmahlzeiten Bestandteil der jährlich wiederkehrenden Aktion "Prova del Bikini" - die "Bikiniprobe". Wenn sich da ein paar Pfündchen über den Winter auf den Hüften angesammelt haben, kann das bei den stets auf ihr Äußeres bedachten Italienerinnen zu leichten Panikattacken führen. Diät und Schwitzen in der Palestra (Fitnessstudio) sollen die perfekte Strandfigur dann wieder in Form bringen.
Zurück zum Salat. Die Insalata Mista ist in Italien üblicherweise eine Beilage - zu Fleisch oder Fisch -, ein Insalatone (witzigerweise wechselt das Wort hier vom Femininum zum Maskulinum) durchaus ein Hauptgang. Als leichte (Mittags-)Mahlzeit findet man ihn vor allem in kleinen Bistros oder den sogenannten Enoteche. den Weinhandlungen mit angeschlossener kleiner Küche. Diese üppige Version eines gemischten Salats kann dabei angereichert werden mit Speckstückchen, Käse, Thunfisch, Ei oder sonstigen "Extras".
Beiden Salatformen ist in Italien leider eines gemeinsam: Sie kommen "unangemacht" auf den Tisch. Jetzt mal ganz ehrlich: Niemand braucht eine künstlich schmeckende Salatsauce aus der Flasche, wie es leider in einigen deutschen Lokalen noch immer der Fall ist, aber niemand kann mir aber auch erzählen, dass aus am Tisch draufgekipptem Olivenöl und Balsamico eine wohlverbundene, sämige Vinaigrette entsteht, die dann das I-Tüpfelchen einer Salatmahlzeit darstellt.
Man bekommt also eine kleine Schüssel - oder wie beim Insalatone einen Teller - mit Salatblättern und sonstigem vorgesetzt, dazu Salz (nach Pfeffer muss man oft extra fragen), Olivenöl und Essig (nach Balsamessig muss man oft extra fragen...) - und dann geht's los mit dem Mischen, inklusive regelmäßigen Aufklaubens der Salatblätter neben dem Tellerrand. Auch hier muss ich sagen: In Italien hat man an dieser Stelle kein hygienisches Problem, denn ein frisches Tischtuch für jeden Gast, auch in der einfachsten Trattoria, ist selbstverständlich - in Deutschland leider noch nicht. Zur Mittagszeit sieht man dann perfekt gekleidete Herren im dunklen Anzug, die umständlich mit Salatblättern hantieren, dabei peinlich genau darauf achten, das weiße Hemd beim Hantieren nicht zu bekleckern. Auch bei privaten Essenseinladungen, sofern sie nicht in förmlichem Rahmen (da gibt es niemals Salat), sondern eher unter Freunden stattfinden, wird oft nach! dem Fleischgang noch eine Schüssel mit Salatblättern herumgereicht. Dazu stellt die Dames des Hauses Öl, Essig, Salz und Pfeffer auf den Tisch.
Bei mir wird der Salat immer an dem Ort zubereitet, wo er auch geputzt wurde: nämlich in der Küche.
Zutaten
(für zwei Personen)
1 Radicchio
1 Eichblattsalat
1 Chicorée
1 Frühlingszwiebel
1/2 Papaya
2 El Pinienkerne
4 El Aceto Balsamico di Modena
1 Tl Honig
1 Tl Dijon-Senf
5 El Olivenöl extra vergine
1 El Kürbiskernöl
Salz, frisch gemahlener Pfeffer
450 g Hähnchenbrust in Scheiben
1 Knoblauchzehe
3 Salbeiblätter
1 Rosmarinzweig
Olivenöl extra vergine
Salz, frisch gemahlener Peffer
Den Salat putzen, waschen und trockenschleudern, Die Pinienkerne in einer beschichteten Pfanne rösten. Aus der Papaya mit einem Kugelausstecher kleine Bällchen entnehmen. Die Frühlingszwiebel in Ringe schneiden.
Den Balsamessig mit Salz, Pfeffer, Senf und Honig gut verrühren, dann erst Olivenöl und Kürbiskernöl unterarbeiten, bis sich alles zu einer sämigen Emulsion verbunden hat.
Die Nadeln vom Rosmarinzweig streifen und diese zusammen mit den Salbeiblättern fein wiegen. Die Knoblauchzehe halbieren. Olivenöl in einer Pfanne erhitzen und die in grobe Streifen geschnittenen Hühnerbrustschnitzel darin anbraten; dabei die Knoblauchhälften zum Aromatisieren hinzufügen. Die Streifen salzen, pfeffern und die gehackten Kräuter darüberstreuen, Nochmals das Fleisch wenden, damit die Kräuter an beiden Seiten haften. Knoblauch entfernen.
Die kleingezupften Salatblätter mit der Vinaigrette und den Frühlingszwiebeln vermischen und auf Tellern verteilen. Den Salat mit den Hühnerbruststreifen sowie den Papayabällchen belegen und die Pinienkerne darüberstreuen.
Restauranttipp:
Osteria dell'Ingegno
Piazza di Pietra, 45
Tel.: 06 6780662
Home
In der Osteria dell'Ingegno gibt es zur Mittagszeit auch eine kleine Auswahl an "Insalatoni". Zwar zentral gelegen, gehen hier vor allem die Römer selbst essen, darunter viele Abgeordnete des Parlaments, das quasi um die Ecke liegt. Gute Weinauswahl.
♥♥♥
Un abbraccio
Ariane