Ideen für das Abendessen kommen mir oft unterwegs. Auch wenn ich über zu schreibende Texte nachdenke, formuliere ich sie oft auf den Straßen der Stadt und präge mir die Formulierungen ein. Aber noch davor steht, wie gesagt, die Frage: Was koche ich heute? Ich bin da eher spontan dabei und plane nie für eine ganze Woche vor. Zum einen will ich mich nicht festlegen lassen, auf was ich - sagen wir - am Freitagabend Appetit habe. Zum anderen scheitert hier das Vorausplanen oft am Angebot. Es ist zwar besser geworden, aber ich erinnere mich noch an wenig zurückliegende Zeiten - besonders in den Ferienmonaten: da musste man kaufen, was man kriegen konnte. Irgendwann habe ich das verinnerlicht. Sehe ich etwa frischen Mönchsbart oder knackigen Spargel - schwupps landet das im Einkaufskörbchen.
Vergangenen Samstag aber schnappte ich im Vorübergehen eine Idee auf. Wir waren in der Stadt unterwegs und steuerten eine Eisdiele an; ein Eis als Mittagsessensersatz sozusagen, das erste in diesem Jahr. Auch wenn zur Zeit keine Touristen unterwegs sind, die Stadt blüht gerade auf. Ich erlebe hier Straßenszenen, wie ich sie bislang aus Athen kenne. Da die Restaurants zwar wieder geöffnet haben, wegen der Sperrstunde aber um 22 Uhr schließen müssen, sitzen die lieben Römerinnen und Römer zu ungewöhnlichsten Zeiten beim Essen. Hauptsache raus, im Freien am gedeckten Tisch sitzen und sich mal wieder bedienen lassen - ich kann es so gut verstehen! Auf einmal herrscht hier quasi Urlaubsatmosphäre. Ganz ohne Massentourismus! Wenn es diesen verflixten Virus nicht gäbe, so könnte der Idealzustand in einer der schönsten Städte der Welt aussehen!
Und dann passierte es: Wir gingen an einem Restaurant vorbei, ein Kellner ratterte dort die Speisekarte herunter und da schnappte ich ein Gericht auf: Gricia con i carciofi!
Ja, das war es! Warum hatte ich das nicht längst zubereitet. Ich liebe alla gricia, ich liebe Artischocken, ich liebe Pasta! Zudem ist es ein so urrömisches Gericht, authentischer kann eine Pasta kaum nach Rom schmecken. Dafür sorgen nicht zuletzt der Guanciale (Guanciale, bitte, keine Pancetta) und der unvergleichlich aromatische Pecorino ROMANO (!) - der mit der schwarzen Rinde! Den habe ich neben Parmigiano Reggiano immer vorrätig.
Pasta alla gricia ist ja praktisch die Urversion der Amatriciana - nur eben ohne Tomaten. Eng verwandt ist dieses Pastagericht in seiner einfachen Version ohne Artischocken auch mit Cacio e pepe. Beide Gerichte teilen sich die Herausforderung an Köchin oder Koch, allein mit geriebenem Käse und etwas Nudelkochwasser eine cremige, die Pasta überglänzende Käsesauce entstehen zu lassen. Da heißt es: üben!
Geübt habe ich dieses Mal auch das Putzen der Artischocken. Zunächst auf dem Campo de' fiori meiner Marktfrau noch einmal über die Schulter geguckt (einmal wieder!), gleich anschließend ein neues scharfes Kneipchen gekauft und mich zu Hause dann an die Arbeit gemacht. Naja, ich muss wirklich noch üben!
- 3 Artischocken (Typ "romanesco" - "mammola")
- Saft einer halben Zitrone
- 150 g Guanciale
- 80-100 g Pecorino Romano
- 1 Gläschen Weißwein
- Olivenöl extra vergine
- Salz, frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
- 250 g Mezze maniche rigate (oder ersatzweise Rigatoni)
Schritt 2: Links die (von meiner Marktfrau) geputzte Artischocke |