Wer von Rom aus mit dem Auto nach Nemi, einer kleiner Ortschaft in den Albaner Bergen fährt, sollte Geduld mitbringen und auch gut zu Fuß sein. Da ist zunächst die Anfahrt. Zwar liegen nur etwas mehr als dreißig Kilometer zwischen der römischen Innenstadt und dem Dorf Nemi, aber je nach Verkehrslage kann das auch schon mal weit über eine Stunde dauern, bis man endlich am Zielort angekommen ist. Dann folgt die obligatorische Parkplatzsuche an der Strasse, die nach und durch Nemi führt, und da man meist nur weit außerhalb der Ortschaft fündig wird, ist dann ist ein Fußmarsch ins historische Zentrum angesagt.
Besonders an den Wochenenden bevölkern sich die kleinen Ortschaften der Albaner Berge, den Colli Albani. In den Colli Albani haben im Mittelalter zeitweise römische Adelsfamilien um die Vorherrschaft gekämpft. Oft waren es reine Stellvertreterkriege, die die Machtkämpfe von Kaiser und Papst widergespiegelt haben. Viele Adelsfamilien haben sich dort auch ihre Burgen errichtet, daher trägt diese Hügellandschaft auch den Namen Castelli Romani.
Die Landschaft der Albaner Berge ist geprägt von den Resten von Vulkankegeln, deren höchste Erhebung fast 1000 Meter erreicht, und von zwei in den ehemaligen Kratern gelegenen Seen. Oberhalb von einem dieser Seen liegt die Ortschaft Nemi.
Dem vulkanischen Boden, der geschützten Lage und dem Klimaausgleich durch den See verdankt der malerische Ort die einzigartige Qualität seiner Erdbeeren, die praktisch ganzjährig geerntet werden können. Einst suchten die Bewohner in den Wäldern rund um Nemi die kleinen, hocharomatischen Walderdbeeren. Dann wurden die kleinen Waldfrüchte und die regulären Erdbeeren auf den Feldern rund um den Vulkansee angebaut. Inzwischen hat man Methoden entwickelt, die Saison der roten Früchte immer weiter auszudehnen - mit einem Vlies zum Schutz vor Kälte in den ersten Wochen des Frühjahrs, dann mit Schatten spendenden "Dächern" während des Sommers, Ein regelrechter Kult ist um die Beere entstanden; den Höhepunkt jedes Erdbeerjahres bildet jedes Jahr ein Fest Ende Mai und Anfang Juni, die "Sagra delle fragole".
Bis zum ersten Sonntag im Juni lässt man die Erdbeere hochleben, mit Musik, folkloristischen Umzügen und Blumendekorationen. Dokumentiert ist dieses Fest in Nemi seit 1922, aber Umzüge, in deren Mittelpunkt die Erdbeere stand, gab es schon viel früher in Rom selbst, am Campo de' fiori. "Trionfo delle fragole" - Triumph der Erdbeere - nannte sich das einst. Man zog mit einem mit Erdbeeren geschmückten Karren, in deren Mitte eine Figur des heiligen Antonius stand, durch die Stadt und sang Lobeshymnen auf die Früchte, die dann nahe am Pantheon an die Bevölkerung verteilt wurden.
Das alles nahm ein jähes Ende, als im Jahr 1870 der päpstliche Kirchenstadt vom Königreich Italien einverleibt wurde. Der Papst zog sich in den Vatikan zurück, und Rom blieb ohne sein Erdbeerfest, das aber wahrscheinlich weiterhin in Nemi, woher die Erdbeeren kamen, gefeiert wurde.
Erdbeeren prägen in Nemi noch heute fast jede Häuserecke: In unzähligen Läden locken Erdbeeren frisch gepflückt in Schälchen, zu Marmelade gekocht oder Likör verarbeitet, und sogar die Kosmetik hat sich die rote Beere einverleibt und hat sie in eine Körpercrème geschmuggelt.
Den süßen Törtchen konnte auch ich nicht widerstehen, und mit einem zauberhaften Ausblick über den See und auf die Erdbeerplantagen ließ ich es mir bei Caffè und einem Tortino di fragoline di bosco (Walderdbeer-Törtchen) gutgehen.
Welchen Eindruck diese Törtchen hinterlassen haben und was ich mit meinen ErdbeerGROSSeinkäufen noch so angestellt habe, das erfahrt Ihr demnächst...
♥♥♥
Un abbraccio
Ariane