Wenn man von dem Prinzip "Man liebt es oder man liebt es nicht" ausgeht, so lassen Trüffel noch weniger Grautöne zu als Knoblauch. Bei letzterem gibt es noch dieses "wenn es nur ein Hauch ist, dann...". Für Trüffel gilt das nicht. Die Knolle spaltet die Feinschmecker - wie Shalimar die Parfumliebhaber. Für die einen ist dieses von Jacques Guerlain im Jahr 1921 kreierte Parfum der himmlischste Duft auf Erden, für die anderen einfach nur "Bäh"! Dabei gehört Shalimar nicht einmal zu den sogenannten exklusiven Nischendüften, obwohl er gerade mit seiner gewöhnungsbedürftigen Kopfnote die Anlagen dazu hätte. Heutzutage gibt es den Duft bei jeder Parfümeriekette zu kaufen, und leider hat er nach seiner Reformulierung viel von seinem animalischen Charakter verloren. Trotzdem, auch der weichgespülten Version, mit der Duftliebhaber sich heute begnügen müssen, fehlt jegliches Gefällige. So bleibt Shalimar vielleicht das einzige Parfum, das Hardcore-Duftfreaks noch in ihren elitären Nischenduftsammlungen zulassen.
Für Shalimar wie auch für den weißen Alba-Trüffel braucht es eine gewisse Reife, um ihre Komplexität zu begreifen und zu schätzen.
Ich jedenfalls trage an dunklen Winterabenden mit Euphorie Shalimar - und ich liebe weiße Alba-Trüffel!
Ich liebe diesen Trüffel! Nicht weil er teuer ist, weil exklusiv oder für manche fast so etwas wie ein Statusssymbol. Ich beobachte das an seiner Verwendung und Vermarktung: Seht her, ich koche mit Albatrüffel! Und dann wird der über alles gehobelt, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist - ohne Rücksicht auf konkurrierende Aromen! Hauptsache, er war teuer! Und dass ich mir das leisten kann, das sollen andere sehen (nebenbei gesagt: der wahre Kenner hobelt den weißen Albatrüffel über einfache Spiegeleier - ein Hochgenuss)!
Mein Haus, mein Boot - mein Trüffel!
Dann gibt es natürlich auch die Verweigerer und Banausen. Vor ein paar Wochen war ich mit meinem Mann in einem italienischen Restaurant in Frankfurt. Dazu muss ich sagen, dass wir außerhalb von Italien so gut wie nie italienisch essen gehen, aber wir waren neugierig, wie sich die italienische Restaurantszene im Laufe der Jahre verändert hatte.
Wir landeten in einem dieser Pseudo-Schickimicki-Läden der Innenstadt, wo man sich nach unseren Beobachtungen gerne am Prosecco-Glas festhält. Jedenfalls hatte ich in dem Laden so eine Art cineastisches Déjà-vu - ich sage nur: "Rossini, oder die mörderische Frage...".
Am Nachbartisch saß eine gepflegte Dame mittleren Alters, hinter uns triumphierte ein ausgehöhltes Parmigiano-Rad, gefüllt mit Pasta. Daneben lagen einige Trüffel, die ihren intensiven Geruch verströmten. Die Dame zitierte den Kellner herbei, was denn das für ein schrecklicher Geruch sei. "Das sind Trüffel, Signora", antwortete der Kellner. Aber sie wollte sofort einen anderen Tisch. Nun gut, niemand muss ihn mögen, den Trüffel, aber sich in einem italienischen Restaurant so zu outen...
Zurück zu meinem Statement: Ich liebe Trüffel! Und besonders den weißen Alba-Trüffel!
Reisen wir dafür nun in die Heimat des Tuber Magnatum Pico, wo ich ihn lieben gelernt habe.
Vor einigen Jahren lernte ich Signor Ezio Costa kennen, einen leidenschaftlicher
Trifulau, wie die offiziellen Trüffelsucher - staatlich geprüft mit Ausweis und jährlich erneuerter Steuermarke - in Italien heißen. Zusammen mit seiner Frau betreibt er in den Langhe, einer Gegend im Piemont, eine gemütliche Pension mit wenigen Zimmern. Ich recherchierte damals für einen Zeitungsartikel, der in der FAZ erscheinen sollte, über das "weiße Gold", und Signor Ezio nahm mich kurzerhand auf eine spannende Trüffelsuche mit. Mit seiner Hündin Jolly zogen wir an einem klammen Herbstmorgen in einem lichten Wäldchen bei Monchiero, unweit des berühmten Weinortes Barolo, los. Zunächst lernte ich auf dem Streifzug, wie man Trüffelhunde ausbildet. Meist seien es Mischlingshunde, und oft auch Hündinnen, denn die hätten die feineren Nasen, erzählte Signor Costa.
Aber wissen wir das nicht längst, dass wir Frauen einfach die sensibleren Geruchsnerven haben?
So ein Mischlingshündchen, das man für wenige Euro kaufen könnte, erreicht als ausgebildeter Trüffelsuchhund leicht einen Wert von mehreren Tausend Euro.
Einfacher ist es da, selbst einen Hund auszubilden; aber auch das geht nur mit einer großen Portion Glück. Von einem Wurf eignet sich vielleicht ein Welpe für den begehrten Job. Um das herauszufinden, versteckt der Trifulau kleine Trüffelstückchen im Haus und auf dem Grundstück. Wenn ein kleines Hündchen dann neugierig schnuppernd herumtappst, hat es die Anlagen dazu, einmal zu einem begehrten Trüffelsuchhund aufzusteigen. In der Regel dauert die Ausbildung eines solchen Hundes drei Jahre.
So begehrt sind diese Hunde, dass man in Vergangenheit auch schon von vergifteten Fleischstückchen lesen konnte, mit dem die Trüffelsucher sich gegenseitig ihre Hunde vergifteten.
Um seine Hündin bei der Suche bei Laune zu halten, barg Signor Ezio immer ein paar nach Trüffel duftende Grissini in der Jackentasche. Sobald Jolly eine reife Trüffel aufspürte und zu scharren anfing, musste schnell gehandelt werden, denn allzu gern hätte jetzt die Hündin selbst den Trüffel aufgefressen. So drückte Signor Ezio mit einem geschickten Griff die Schnauze zur Seite und warf ein paar Grissini-Stückchen vom Fundort weg ins nasse Laub, um sich dann mit dem hakenförmigen Instrument der Trüffelsucher, dem
Zappino, dem Ausbuddeln zu widmen. Nicht immer sei er schneller als seine Hündin, erzählte Ezio, oft müsse er den Trüffel direkt aus dem Maul holen.
Natürlich weiß Signor Ezio, wo seine heimlichen Trüffelplätzchen liegen - geheimgehalten auch vor der örtlichen Konkurrenz, deswegen geht er meist auch nachts in Schutze der Dunkelheit auf die Suche. Ich erinnere mich noch, wie er immer wieder an einem bestimmten Baum vorbeistreifte. Er wusste ganz genau, das war ein Trüffelplatz, wartete aber, bis Jolly nervös wurde. Als wir ein paar Minuten später die selbe Stelle passierten, rannte Jolly los und fing an zu graben. Jetzt erst buddelte Signor Ezio den Trüffel aus.
Bei der Trüffelsuche, so lernte ich, muss man warten, bis ein Trüffel reif ist. Erst dann verströmt er nicht nur seinen charakteristischen Duft - für den Menschen noch nicht wahrnehmbar, aber für die feine Nase des Hundes -, sondern gibt auch seine Sporen ab, so dass auch im nächsten Jahr wieder neue Knollen wachsen können. Deshalb wäre es unsinnig, die Trüffel vorher auszubuddeln.
Zweimal täglich streift Signor Ezio mit seiner Hündin durch die Wälder; damit er seine Gäste - Feinschmecker aus der ganzen Welt treffen sich in seiner Pension - schon morgens mit frischen Trüffeln auf dem Spiegelei verwöhnen kann.
Der Trüffel, den ich für das vorgestellte Gericht verwende, hat mein Mann in diesen Tagen bei Signor Ezio gekauft, dafür sogar einen kleinen Umweg auf der Rückreise von einem Termin in Kauf genommen. Weil Signor Ezio sich noch gut an uns erinnern konnte, gab es noch ein extra Trüffelkügelchen dazu, winzig, aber gerade ausreichend, die Eier für das Sonntagsfrühstück zu verfeinern.
Zu den anderen Trüffeln gibt es Pasta, gute selbstgemachte Ravioli mit einer Füllung aus Fontina-Käse, die ich wie für eine Fonduta - dem italienischen Pendant des Fondues - zubereitet habe. Eine Fonduta mit Albatrüffel ist eines der begehrtesten Gerichte mit dem "weißen Gold".
Und nein, bei diesem herrlichen Essen tupfe ich kein Shalimar auf, denn die beiden Diven mögen keine Konkurrenz! Gegen ein Glas Barolo allerdings erhebt die edle Knolle bestimmt keine Einwände - das sind gute alte Bekannte!
Zutaten
(für 2-3 Personen)
Pastateig
150 g Mehl, gesiebt
50 g Hartweizengrieß
(semola di grano duro rimacinata)
2 Eier
ein Prise Salz
ein paar Tropfen Olivenöl
Aus den Zutaten nach meinem
Grundrezept einen Pastateig herstellen und diesen mindestens eine halbe Stunde im Kühlschrank ruhen lassen.
Füllung
200 g Fontina
150 ml Milch (der Käse sollte nicht vollständig von der Milch bedeckt sein)
2 Eigelb + 1 El Milch
frisch gemahlener Pfeffer
1 Eiweiß
2 El Butter
1 Alba-Trüffel
Den Fontina-Käse in feine Scheiben oder Würfelchen schneiden, mit der Milch bedecken und 4-5 Stunden ruhen lassen.
Dann die Käse-Milch-Mischung im Wasserbad unter ständigem Rühren erhitzen, bis der Käse geschmolzen ist. Topf aus dem Wasserbad nehmen und die mit etwas Milch verquirlten Eigelbe unter die Masse rühren. Mit Pfeffer abschmecken.
Falls der Käse klumpt und sich von der Flüssigkeit trennt, mit dem Handrührgerät kurz durchrühren. (Leider kann es sein, dass sich erneut während der Verarbeitung Flüssigkeit absetzt, deshalb immer wieder umrühren.)
Den Pastateig portionsweise durch die Nudelmaschine drehen, mit Hartweizengrieß bemehlte Teigplatten auf ein Raviolibrett (Raviolamp) legen und mit einem Teelöffel jeweils etwas von der Käsefüllung abnehmen und in die Kuhlen füllen. Eine zweite Teigplatte mit etwas Eiweiß bepinseln und über die gefüllte Platte legen, leicht andrücken, mit dem Nudelholz darüberrollen, Platte stürzen und eventuell die einzelnen Ravioli noch mit einem Teigrädchen trennen.
Die Ravioli in köchelndem Salzwasser 3-4 Minuten ziehen lassen.
In einer Pfanne die Butter zerlassen und die Ravioli darin schwenken.
Mit gehobeltem Alba-Trüffel servieren.
Fazit: Die Füllung hat mich leider etwas enttäuscht; ich hatte sie mir flüssiger vorgestellt. Trotzdem: der Trüffel machte es zu einem Festessen!
Der Wein dazu:
Barolo, Serradenari, 2005 aus La Morra
Gourmettipp:
Tra arte e querce
Via Monchiero Alto, 11
Tel.: 0039 0173 792156
Home
♥♥♥
Un abbraccio
Ariane