Schon seit längerer Zeit schaue ich keine italienischen Kochsendungen mehr an. Am Anfang war es für mich noch einigermaßen spannend, italienischen Fernsehköchen und Amateuren in sogenannten "Kochshows" auf die Finger zu gucken. Wollte ich damals doch auch etwas über die Küche in meinem Gastland, meinem neuen Zuhause lernen. Zudem hatten wir vor Jahren auch noch keinen Satellitenanschluss, und der ganze Hype um Bios Kochsendungen und ähnlichen Formaten deutschsprachiger Sender ging an mir vorüber. Also schaute ich ab und an "
La Prova del Cuoco" auf Rai 1, eine Sendung, die man mit dem einst beim Sender Vox ausgestrahlten "Kochduell" vergleichen kann.
Oder auch nicht.
Es war - zumindest vor Jahren - der Triumph des Banalen. Die Kandidaten schleppten immer wieder die gleichen Zutaten ins Studio: Tomaten, Mozzarella, Parmesan, Pasta - das volle italienische Programm eben. Besonders an diese Szene kann ich mich noch genau erinnern: ein Kandidat hatte es gewagt, die nicht-italienische Käsesorte Gruyère im Einkaufskörbchen ins Studio zu schmuggeln; sofort erhielt er dafür von einem selbsternannten "Gastrokritiker", der die Sendung maßregelnd begleitete ("Haben Sie das Gemüse jetzt gewaschen?! Sind Ihre Hände sauber!?") eine langatmige Rüge. Ich glaube, in diesem einen Fall faselte er sogar von "französischem" Käse, der Herr Experte, und wie man es wagen könne, angesichts der Auswahl im eigenen Land nicht auf heimische Produkte zurückzugreifen. Und das sagte er in richtig scharfen Ton!
Es wurde streng italienisch gekocht - musikalisch unterlegt von einer Mischung aus Schnaderhüpfl und Tarantella -, und heraus kamen dann auch noch Gerichte zum Gähnen. Überhaupt dieser Bierernst auf der einen Seite, wenn man ein Gemüse nur so und keinesfalls anders zuzubereiten hatte, und dem kindischen Getue auf der anderen, wenn die blondgelockte Moderatorin auch mal ihre Nagelstudio-gestylten Finger im Pizzateig versenken durfte
*Applaus Applaus* hätte bei mir zumindest zu einem Magengeschwür geführt, wenn nicht mein Selbsterhaltungstrieb mich vor weiterem Konsum abgehalten hätte.
Die Sendung scheint es noch zu geben, aber, wie gesagt, ich schaue sie schon lange nicht mehr. Irgendwann vor ungefähr zehn Jahren hatten wir dann auch Satellitenfernsehen, und so zappte ich mich nach und nach durch deutsche Kochsendungen. Sicher stehen auch diese in der Kritik; siehe "The Taste". Wer aber erfahren möchte, wie unterirdisch Kochsendungen wirklich sein können, dem empfehle ich aber immer noch italienische Programme.
So, das war hart, musste aber mal gesagt werden! Die Italiener sind auch nicht gerade zimperlich, wenn es darum geht, uns in Bezug auf Kochen eine Reinzuwürgen. Wir können nämlich gar nix! Außer Würstel natürlich. Und die Realität hier? Ein Großteil der Bevölkerung weiß nicht einmal, was etwa Kardamon ist oder Crème fraîche ("Wieso, das gibt es doch überall zu kaufen: Panna fresca!" - erkläre mal einer den Unterschied zwischen frischer Sahne und letzterem, wenn so gar keine Basis vorhanden ist). Mein ehemaliger Gemüsehändler hat die Knolle Kohlrabi, die er beim Großhändler gesehen und neugierig mitgenommen hatte, scherzhaft zu "polnischem" Kohl erklärt, nur weil sein polnischer Angestellter das Gemüse kannte (und ich, deshalb bekam ich großzügig die eine verhutzelte Knolle geschenkt). All das ist nicht zuletzt auch einer gewissen Borniertheit in Bezug auf Kochkultur zu verdanken, die durch solche Kochsendungen noch geschürt wird.
Und nein - man kann es nicht verallgemeinern, das muss ich nun zu Ehrenrettung sagen! Gerade die Lektüre italienischer Kochblogs erstaunt mich immer wieder. Hier wird auf höchstem Niveau - italienisch und international - gekocht und gebacken.
Warum ich das alles erzähle? Nun, vor ein paar Tagen wartete ich im Hotelzimmer in Maranello bei Modena auf meinen Mann, der selbst in dem Städtchen Termine hatte. Draußen winkte nur unfreundliches Wetter, Maranello hat außer Ferrari auch nicht gerade viel zu bieten, und so machte ich es mir vor dem Fernsehen gemütlich. Und landete mal wieder bei den viel geschmähten Kochsendungen!
In der ersten Sendung gab es wieder eine Art Duell. Eine Foodbloggerin gegen einen "Fernsehstar" aus der Kategorie C-Promi. In der Jury saß unter anderem die Mutter der Bloggerin - noch Fragen?
Die erste Aufgabe: Wie bereite ich in der vorgegebenen Zeit - es waren zehn oder fünfzehn Minuten - Pasta all'Amatriciana zu. Eine echte Herausforderung.
Die zweite Aufgabe. Mache etwas mit Ricotta!
Beim C-Promi gab es wieder Pasta - mit Ricotta-Sauce. Bloggerin-Mutter: "Die Pasta ist noch zu hart!"
Allein die Bloggerin selbst bewies etwas Phantasie - was natürlich lobend von der Bloggerin-Mutter erwähnt wurde-, bereitete eine Crème aus weißen Bohnen zu und formte aus der gewürzten Ricotta Quenelles, die sie auf die Suppe setzte.
Ich zappte weiter - oder war es noch das selbe Programm und ich war unterdessen unter Nudelbergen eingeschlafen und erst mitten in der neuen Sendung wieder aufgewacht?
Zwei Frauen stehen am Herd, die Moderatorin und ihr Gast, eine ältere Dame mit sizilianischen Wurzeln, die einen neuen Roman geschrieben hat. Sie rührt in einer Pfanne, dabei plaudert sie über ihr jüngstes Werk. Bald ist man beim Thema Bisexualität, das im Roman thematisiert wird. Ein "Stiefkind", wie auch die Moderatorin meint! Man weiß alles über Homosexualität und Heterosexualität - und Bisexualität ist immer noch ein Tabu, über das nicht geredet wird.
Das ist sicher bedauerlich, nur interessiert mich mehr, was da in der Pfanne gerührt wird. Großaufnahme Pfanne: Zwiebeln! Sehr schön! Ich liebe Zwiebeln! In einer zweiten Pfanne schmurgeln Lammkoteletts - das ist etwas für meinen Mann, dem ich das viel zu selten zubereite. Endlich - jetzt ist man beim Thema, und die sizilianische Dame hat durchaus Esprit, wenn sie nun über das Rezept plaudert.
Ich zappe nicht weg, bleibe dran, es klingt interessant, zum Schluss fotografiere ich mir mit dem Handy noch schnell die eingeblendete Zutatenliste vom Bildschirm ab.
Vielleicht sollte ich doch ab und an wieder italienische Kochsendungen anschauen.
Agnello in Agrodolce
Zutaten (für 2 Personen)
- ca. 500 g Lammkoteletts*
- 2 große Gemüsezwiebeln
- 1-2 El Zucker
- 3-4 El Weißweinessig
- Olivenöl extra vergine
- Rosmarin
- Minzblätter
- Salz, frisch gemahlener Pfeffer
Die Zwiebeln schälen und in Ringe schneiden. Olivenöl in einer Pfanne erhitzen, und die Zwiebelringe darin langsam weichschmoren, ohne dass sie verbrennen. Leicht salzen.
In einer zweiten Pfanne Olivenöl erhitzen, und die Lammkoteletts ,mit dem Rosmarin scharf anbraten. Salzen und pfeffern.
Den Zucker zu den Zwiebeln geben und alles mit Essig ablöschen (ungefähr 3 El Essig).
Nun die angebratenen Lammkoteletts zu den Zwiebeln geben, ein paar Minzblättchen hinzugeben, eventuell noch einen kleinen Schuss Wasser, und zugedeckt wenige Minuten schmoren lassen.
Nochmals mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Dazu passt ein mit geriebenem Parmesan verfeinertes Kartoffelpüree.
*Die Koteletts waren winzig, gerade mal ein Teelöffel großes Stück Fleisch pro Stück.
♥♥♥
Un abbraccio
Ariane