Penne alla Vodka - mittlerweile zählt dieses Pastagericht zu den modernen Klassikern, auch wenn es nur noch selten auf den Speisekarten in Italien erscheint. Vielleicht liegt es aber auch an den Regionen, in denen ich mich in den vergangenen Jahren vornehmlich bewegt habe, dass es mir selten unterkommt. Irgendwie verbinde ich diese Pasta mit den an der nördlichen Adria gelegenen Badeorten wie zum Beispiel Rimini mit seinem bekannten Nachtleben.
Meine Erinnerungen an einige dieser Orte führen bis weit in die achtziger Jahre zurück, als Italien für mich noch das Traumziel herbeigesehnter Sommerurlaube war - und natürlich das Land der von mir so vergötterten Kunst. Badeurlaub machte man etwa in Milano Marittima - meine Eltern das erste Mal dort in den fünfziger Jahren - oder in Jesolo, und damit die Kultur nicht zu kurz kam, fuhr man dann auch schon mal nach Venedig oder in andere wegen ihrer Kunst begehrte Ortschaften, wenn man sich auf dieser Seite des Stiefels aufhielt.
Wie habe ich in diesen Urlauben meine italienischen Altersgenossen beneidet, die sich nach dem Abendessen auf der Piazza trafen. Ich dachte nur: die dürfen auch nach dem Urlaub weiter in diesen wunderbaren Land leben, ich dagegen muss zurück in das graue herbstliche Deutschland. Ich sehe sie noch heute vor mir, die Mädchen in der schreienden Mode jener Zeit, mit kurzen bunten Stufenröcken oder Karottenhosen und mit Blumenclips im Haar, während die jungen Männer die Ärmel ihrer Jacken hochkrempelten, um einen so coolen Auftritt hinlegen zu können wie Don Johnson in Miami Vice. Die Piazza wurde zum Laufsteg der Eitelkeiten. Loretta Goggi sang von der "Maledetta Primavera", Gazebo mochte "Chopin" und Ricardo Fogli erzählte singend von "Storie di tutti i giorni". Ich duftete am Abend nach "Valentino", einem Parfum, das mich später immer an diese italienischen Urlaube erinnerte, leider aber seit ein paar Jahren nicht mehr erhältlich ist. Meist gönnte ich mir am Urlaubsort auch ein paar modische Klamotten, um dann - zurück in Deutschland - ein Stück Italien wörtlich mit mir herumtragen zu können.
Der extrovertierte Stil der Achtziger mit seinen Eiscrèmefarben traf in den späteren Jahren dieser Epoche auf ein kühle schwarz-weiß-Ästhetik, die schon auf die Neunziger hinwies. Gerichte wurden auf einmal auch in Kochbüchern auf schwarzem Porzellan präsentiert, ja selbst der Dorfmetzger drapierte seine Schweinesteaks auf schwarzer Keramik. Ich kann mich noch an Martini-Gläser erinnern, die mir zu einem Geburtstag geschenkt wurden. Sie hatten einen schwarzen Stiel. Penne alla Vodka sehe ich in meiner Vorstellung ebenso auf einem schwarzen Teller - oder sogar auf Glasgeschirr.
Wann genau die Penne alla Vodka erfunden wurden - und wo - ist nach wie vor nicht eindeutig geklärt. Waren sie etwa eine neue Version der Penne all'arrabbiata, die der Schauspieler Ugo Tognazzi in seinem Kochbuch beschrieben hatte? Tognazzi wurde auch im nicht-italienischen Ausland bekannt durch seine Rolle in dem Skandal-Film "Das große Fressen" - La grande abbuffata. Sein Kochbuch, das 1974 erschien, trug daran anknüpfend den Titel L'Abbuffone. Für seine Penne alla Vodka, für die es wohl zum ersten Mal ein niedergeschriebenes Rezept in einem Kochbuch gab, verwendet er mit Peperoncini aromatisierten polnischen Wodka.
In den achtziger Jahren tauchte dann eine weitere Version auf: Penne alla Moscovita, mit geräuchertem Lachs, Sahne und Kaviar. Überhaupt Sahne! In den Achtzigern scheut man sich nicht davor, sie bei Pastagerichten einzusetzen. Allerdings gab es da ein kleines Problem: Wenn in einem Sugo Sahne auf Tomaten und Olivenöl traf, führte das dazu, dass sich diese Komponenten - also Sahne und Olivenöl - von einander trennten. Der Wodka fungierte dann als Emulgator: Sahne und Olivenöl konnten sich stabil verbinden.
Weiterhin reklamieren auch die Amerikaner dieses Gericht für sich als eine amerikanische Erfindung. So soll der amerikanische Student James Doty die Penne alla Vodka kreiert haben. Wiederum erzählt das Restaurant Diana in Bologna, dass sie es waren, die das Rezept perfektionierten. Auch ein römischer Küchenchef tritt in Erscheinung, der im Auftrag einer Wodka-Firma dieses Pastagericht erschaffen haben soll, um die Spirituose in Italien zu bewerben. Und da wäre noch - wieder jenseits des Großen Teichs - der neapolitanischer Koch eines New-Yorker Restaurants.... Sucht es Euch aus!
Unbestritten traten die Penne einen Siegeszug rund um die Welt an und wurden zu einem der bekanntesten Pastagerichte international. Dabei waren es angeblich nicht die Restaurants selbst, die die Penne alla Vodka so populär machten, sondern die Diskotheken, wie man in den achtziger Jahren die Clubs noch nannte, in denen das Gericht auch zu nächtlicher Stunde serviert wurde. Auch diese Legende passt doch irgendwie zum schrillen Livestyle dieser Kult-Epoche. Übrigens, Roms legendärer Nacht-Club "Jackie O'" führt sie noch immer auf der Karte...
Zutaten und Zubereitung
(für 2-3 Personen)
- 140 g Pancetta affumicata, gewürfelt
- 1 Zwiebel
- 1-2 getrocknete Peperoncini (Chili-Schoten)
- 100 ml Wodka
- 1 Tl Tomatenkonzentrat
- 230 g Polpa di pomodoro (stückige Tomaten)
- Olivenöl extra vergine
- 150-180 g süße Sahne
- Salz, frisch gemahlener Pfeffer
- 250 g Penne
Die Pancetta würfeln und die Zwiebel in feine Streifen schneiden.
In einer Pfanne in etwas Olivenöl zunächst die Pancetta-Würfel etwas ausbraten, dann die Zwiebelstreifen hinzugeben und glasig werden lassen. Mit dem Wodka ablöschen und diesen etwas einkochen lassen.
Das Tomatenkonzentrat und die Chilischoten dazugeben sowie die stückigen Tomaten. Die Dose nochmal 2 cm hoch mit Wasser füllen, zusätzlich zum Sugo gegen und diesen ca. 15 Minuten köcheln lassen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Die Sahne hinzufügen und nochmals aufkochen.
Pasta al dente kochen und in der Pfanne mit dem Sugo vermischen.