Montag, 26. November 2012

Renaissance und Pecorino: Pienza



Seltsamerweise zieht es mich besonders in der kalten Jahreszeit in das in der südlichen Toskana gelegene Städtchen Pienza. Die Atmosphäre ist an Herbst- und Wintertagen sehr viel ursprünglicher und einladender, als im Sommer, wenn sich unzählige Touristen durch die Gassen schieben. Da macht es nichts, wenn jetzt oft ein kalter Wind durch den Borgo weht. Nicht selten sieht man zum Jahresende altertümlich gekleidete Hirten, die mit ihren Dudelsäcken, seltsame Melodien spielend, von Laden zu Laden ziehen.




Pienza ist der Geburtsort von Enea Silvio Piccolomini, der als späterer Papst Pius II. in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts den Borgo zu einer "Idealstadt" der Renaissance umwandeln wollte. Dieses ehrgeizige Vorhaben wurde in relativ kurzer Zeit in die Tat umgesetzt, und es entstanden der Dom, der Kommunalpalast und die eigene Residenz des Papstes, aber auch viele andere Palazzi der dort ansässigen Geistlichkeit. Der ursprüngliche Name des Städtchens - Corsignano - wurde durch Papst Pius nach seinem Namen auch noch gleich in Pienza umgewandelt, und geboren war eine neue Bischofsresidenz in reinster Renaissance-Architektur.



Der Ausblick auf die typisch toskanische Landschaft des Val d'Orcia mit seinen Olivenhainen und zypressengesäumten Alleen ist einfach atemberaubend, wenn man einen kleinen Spaziergang oberhalb der Stadtmauer unternimmt.



Im Borgo selbst locken unzählige Spezialitätenläden die Feinschmecker aus der Region, aber auch aus aller Welt an. Eine Käseaversion sollte man allerdings nicht mitbringen, denn hier regiert der Pecorino in all seinen Variationen: ob mit Trüffel, in Stroh verpackt, mit Peperoncino oder wahlweise im Trester des berühmten Brunello, unter Asche oder in Grotten gereift - ganz schwindelig wird es einem angesichts der Käseberge. Aber auch feine und ausgefallene Marmeladen- und Honigsorten, die man zum Käse servieren kann, die typische Pastasorte "Pici", Salamivariationen vom Schwein oder Wildschwein und nicht zuletzt Weine - wir sind in der berühmten Brunellogegend - laden zu wahren Kauforgien ein.



Ein paar Stunden Autofahrt von Rom aus muss man allerdings schon einplanen, um das toskanische Schlaraffenland zu erreichen. Kurzerhand packten wir gestern Freunde ein und fuhren los. Glücklicherweise kamen wir einigermaßen schnell aus der Stadt hinaus (zu manchen Uhrzeiten und an manchen Tagen braucht man gut und gerne eine Dreiviertelstunde), und nachdem auf der halben Strecke bedrohliche Wolken aufgezogen waren, wurde der Himmel am späten Nachmittag wieder etwas freundlicher.
Nachdem wir brav zum unzähligsten Male die Architekturen der Stadt studiert sowie die Landschaft bewundert hatten, gab es dann kein Halten mehr, und wir fielen in einen Käseladen ein.
Einkaufen macht hungrig, und nach einem kurzen Aperitif im nicht allzu weit entfernten Montalcino ging es mit knurrendem Magen nach Monticchiello, wo eines unserer Lieblingslokale der Gegend gleich neben dem Stadttor thront - im Sommer mit umwerfender Aussicht von der kleinen Terrasse aus.





Die Osteria serviert typisch deftige Toskanakost: Schinken und Salami, die sogenannte Cinta Senese, sowie Pecorino, wie könnte es anders sein, bereiten dort den Magen auf die Primi vor: Natürlich auch hier "Pici" - wahlweise mit einem Sugo vom Braten, "all'Aglione" (mit Knoblauch und Kräutern gewürzten Tomatensauce) oder mit Trüffeln, Pappardelle al cinghiale (Wildschweinsauce), deftige Suppen mit Hülsenfrüchten und dann natürlich als "Secondo" die unvermeidliche "Bistecca alla Fiorentina", aber auch gefülltes Perlhuhn oder Baccalà, eine Art Stockfisch.
Wir streikten beim Dessert (Schokoladenkuchen!), trotzdem brachte uns die freundliche Signora noch einen Runde Grappa und ein Tellerchen mit selbstgebackenen Cantuccini.


Käse und andere Spezialitäten:

da "Marusco e Maria"
Corso Rosselino 21
53026 Pienza

Restauranttipp:

La Porta
Osteria - Enoteca
Via S. Luigi 13
Montecchiello (Si)
Tel.: 0039 0578755163
Geschl. am Donnerstag




♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

7 Kommentare:

  1. Danke fürs Mitnehmen in die südl. Toskana!! Einfach wunderschön, wir waren vor Jahren um den Jahreswechsel zuletzt dort, schöne Erinnerungen!! lg

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  2. mhmhmhm, da bekomme ich ja richtig HUNGER! <3 ich bestelle dann "einmal bitte alles" :) liebe Grüße

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  3. Oh ja, Pienza immer wieder. Überhaupt die ganze Gegend. Ich liebe die südliche Toscana!

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  4. Ein herrlicher Bericht Ariane.
    Ich fühle mich wie zu Hause in meiner Wahlheimat die wir jetzt schon seit 20 Jahren besuchen.
    Es ist wie du sagst, wenn die Touristenmassen die Toscana verlassen haben, wirkt die Natur um ein Vielfaches bezaubender und einladender.

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  5. @Friederike: Reisen in Gedanken, träumen und sich an wunderschöne Erlebnisse erinnern - das versüßt uns doch oft den Alltag.
    @Pink Sugar: Respekt, wenn Du das alles geschafft hättest ;-))
    @Monika: Mindestens zu jeder Jahreszeit einmal! :-)
    @Werner: Kann gut verstehen, wenn dort Deine Wahlheimat ist. Kannst Du dort aber nicht mal Dein Brot einführen...mit Salz!

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  6. Da kann ich Friedericke nur zustimmen: Danke fürs mitnehmen. Deine Reiseberichte führen bei mir immer zu dem Gefühl: da will ich hin, jetzt sofort.

    Lieben gruß
    grimmel

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    1. Danke, grimmel. :-)) Schön, wenn Du sofort aufbrechen wolltest!
      Saluti
      Ariane

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