Freitag, 29. Juli 2022

Street Food für - fast - alle Tageszeiten: Lingue al pesto con zucchine marinate


Sagt selbst: Ein Stückchen Focaccia an einem lauen Sommerabend, ein Glas gut gekühlten Weißen, dazu noch ein paar Oliven - braucht man mehr? 
Eigentlich könnte ich aber Focaccia zu jeder Tageszeit essen; da bin ich wohl sehr "deutsch".  Zum Frühstück bleibt es in Italien bei Cornetto und Cappuccino oder Caffè - möglichst in der Bar des Viertels. Dazu muss man sich nicht einmal setzen. An der Theke erfährt man den neuesten Klatsch aus der Nachbarschaft. Da steht die Anwältin oder der Steuerberater neben der Marktfrau oder den Mitarbeitern der Stadtreinigung. 


Lingue nennen sich diese Focacciastücke. Hier ist die an eine Zunge erinnernde Form Namensgeber.


Um die Mittagszeit kommen dann wieder alle zusammen, um einen schnellen Snack zu sich zu nehmen. Dann mischen auch die Touristen mit. In Rom liebt man "Pizza a taglio", die mehr einer ligurischen Focaccia als einer Pizza ähnelt. Allerdings ist bei der "Pizza a taglio" der Teig kompakter und nicht so fluffig aufgegangen. Ich kann mich gut an das Gedränge im engen "Forno" am Campo de' fiori erinnern Da ging es Schlag auf Schlag, im Minutentakt kamen immer wieder große Bleche aus der Backstube. Flink und fast ungeduldig (der Blick der Verkäufer sagte alles!) wurde das blechgroße Backwerk nach den Wünschen der Kunden in mehr oder weniger große Stücke zerteilt. Zusammengeklappt und in Papier gewickelt wurden diese Stücke dann über die Theke gereicht - "Il prossimo!". Dazu bekam man den Scontrino in die Hand gedrückt, mit dem man sich wieder in eine neue Schlange vor der Kasse einreihen musste, während die Tomatensauce langsam aus dem Päckchen tröpfelte. Neben der klassischen Pizza rossa (nur mit Tomatensauce) oder Pizza bianca (ohne alles) gab es die Teigfladen mit Salsiccia, Kartoffeln, Artischocken, Schinken oder Zucchini. 
Und wie sieht es nun am Abend aus? Grissini? Mitnichten! Da liegt, wenn man Glück hat, noch warme in breite Streifen geschnittene Focaccia im Brotkörbchen. Allein das kann schon viel über die Qualität eines Restaurants aussagen. 






Zucchini! Da muss ich wohl nicht viel dazu sagen. Sie sind und bleiben Dauergast in meiner Küche, auch wenn die Qualität der in Deutschland angebotenen Sorten sehr durchwachsen ist. Aber wenn mir gar nichts einfällt, ich wenig Zeit oder auch Lust (ja, das gibt es!) habe, dann gibt es schnelle Pasta mit Zucchini. Wie übrigens heute auch bei Julia von German Abendbrot! Schaut mal bei ihr vorbei! 





Zutaten und Zubereitung
(für 4 Lingue)



Teig
  • 400 g Manitoba-Mehl + Mehl für die weitere Verarbeitung
  • 3 g Trockenhefe
  • 8 g Salz
  • 5 g Zucker
  • 280 ml Wasser
  • 15 ml Olivenöl extra vergine
  • ca. 1 El Pesto alla Genovese, möglichst selbstgemacht


Belag
  • 1 mittelgroßer Zucchino
  • 1 Knoblauchzehe
  • ein paar Basilikumblättchen
  • Salz
  • grobes Salz, frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
  • Olivenöl extra vergine
  • ca. 1-2 El Pesto alla Genovese, mit ganz wenig Wasser und etwas Olivenöl verdünnt


Für den Teig das Mehl mit der Trockenhefe, dem Zucker und dem Salz mischen. Unter Kneten mit der Küchenmaschine das Wasser (handwarm) und das Öl hinzugießen.
Den Teig gut durchkneten, die Schüssel abdecken und an einem warmen Ort eine Stunde gehenlassen.

Nach dieser Zeit den Teig auf einer bemehlten Fläche mit den Händen nochmals gut durchkneten, wieder in die Schüssel geben, abdecken und nochmals gehenlassen.

Den Teig wieder auf einem Brett durchkneten, dabei ein El Pesto unterkneten. Wieder abgedeckt mindestens zwei Stunden gehenlassen.

Den Teig in vier Stücke teilen, jedes Teil gut durchkneten und abgedeckt 10 Minuten ruhen lassen.
Nun jedes Teigstück zu einer länglichen Form ausziehen oder ausrollen und auf zwei mit Backpapier ausgelegte Bleche legen.
Abdecken und ca. 1,5 Stunden gehenlassen.

In der Zwischenzeit den Zucchino längs in feine Streifen hobeln. Die Zucchinistreifen in eine flache Schale legen, salzen und mit fein geschnittenem Knoblauch und ein paar zerrupften Basilikumblättern bedecken. Etwas Olivenöl angießen und ca. eine halbe Stunde in dieser Marinade lassen.

Den Backofen auf 200 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen.

Die länglichen Fladen mit den marinierten Zucchini belegen und mit etwas grobem Salz bestreuen.
Die Bleche jeweils für 25 bis 30 Minuten in den Ofen schieben.

Schwarzen Pfeffer über die noch warmen Lingue  mahlen und mit dem Pesto beträufeln. 







Frei nach einem Rezept aus Sale&Pepe, Juni 2022


⚜⚜⚜


Noch mehr Rezepte für Focacce samt Geschichtchen dazu findet ihr hier:


Meine Lieblingspasta mit Zucchini









Mittwoch, 27. Juli 2022

Leider nicht aus dem Stadtgraben von Siena: Zucchine tonde ripiene


Für dieses Rezept sind die kugeligen Zucchine (oder auch Zucchini, beide Schreibweisen sind richtig, die weibliche Form schließt auch die Pflanze selbst mit ein) leider nicht im Stadtgraben von Siena herangereift und gepflückt worden! Was es mit den Stadtgraben-Zucchine auf sich hat, könnt ihr bei diesem Rezept nachlesen. Es waren diese kleinen Begebenheiten, die meinem Alltag in Italien manchmal etwas Besonderes hinzufügten. Tempi passati... 



Die hier verwendeten Zucchine kommen aus dem Supermarkt. Um sie schleiche ich schon seit längerer Zeit herum, findet man doch sonst nur diese großen geschmacksneutralen und gurkenartigen Wasserbomben, die sich halt Zucchini nennen. Wie sehr vermisse ich meine kleinen hellgrünen und gerippten Zucchini romaneschi! Vielleicht sollte ich in der kommenden Saison den Versuch starten, diese feine Zucchini-Sorte auf dem Balkon anzupflanzen. Meine Tomaten jedenfalls fühlen sich dort pudelwohl! 





Wenn ich meinen Einkäufen ein wenig Atmosphäre hinzufügen möchte, fahre ich in ein nahes Gartencenter mit Markthalle, in dem es auch viele italienische Produkte zu kaufen gibt. Ein italienische Freundin war begeistert, dass sie dort sogar eine Auswahl an Artischockensorten vorfand, die sie traditionell an den Weihnachtsfeiertagen zubereitet. Ich schlug dann gestern wieder bei Tropea-Zwiebeln zu. Dort finde ich auch italienische Käse- und Wurstsorten - und meist landet auch immer mal wieder eine neue Pflanze im Einkaufskorb. Es ist ein Ort, der mich ein wenig aufrichtet, wenn ich niedergeschlagen bin. Zwischen den Palmen, Oliven- und Zitrusbäumen dort bin ich glücklich und träume von einem mediterranen Garten - und leider auch von - eben - tempi passati




⚜⚜⚜

Enttäuscht (aber gar nicht verwundert) bin ich dagegen von einer gewissen toskanischen "Speisekammer", die mir sehr ans Herz gelegt wurde. Bis auf die Pici, bei denen man ja nicht viel falsch machen kann bei der Produktion, fand ich die von uns gewählten Produkte schlecht bis ungenießbar! Besonders hatte ich mich auf die mit Fenchelsamen eingelegten Oliven gefreut! Was ich vorfand waren mehlige Früchte, nicht wie üblicherweise angedrückt, um den Aromen die Chance zur Entfaltung zu geben, und eingelegt in einer säuerlichen Brühe, die die feine Würze der Fenchelsamen vollkommen verdrängt hatte. Ebenfalls in säuerlichem Sud versenkt waren die geschmacksneutralen und harten Artischocken. Die getrockneten Tomaten entpuppten sich als total versalzen - und das sage ich als jemand, der - leider - oft etwas tiefer in den Salztopf greift. Wir ließen uns auch noch dazu hinreißen, Wein zu kaufen - ein Vernaccia di San Gimignano. Kurz: Es ist lange her, dass ich von einem Wein solches Sodbrennen bekommen habe. No grazie! Dass die Betreiber dieser Fattoria bei eher negativen Bewertungen im Internet von kritischen Konsumenten schnell etwas säuerlich reagieren ist eine Sache. Dass sie aber unkommentiert Aussagen mit untragbaren und objektiv falschen Behauptungen stehen lassen, ist eine Frechheit. Zudem fördern sie bei ihren Kunden den Mythos des größten Bio-Produzenten von Europa!

"Wir verstehen auch, dass die Produkte in Italien keinen Markt haben. Wir kennen viele Italiener (in Italien und hier in Deutschland) und alle sind absolute Bio-Gegner und schwören nur auf ihre konventionellen Pestizid-Öle" . (Eine begeisterte Mutter von "***Zwillingen" [!!], die in der Speisekammer immer herzlich willkommen seien). *** = Name der Fattoria) (Zitat aus einer Rezension im Internet.)

Ich dagegen verstehe sehr wohl, warum dieser Agriturismo in Italien so gut wie unbekannt ist. Da spricht sich eben nichts herum, wie das sonst bei hervorragenden Produkten üblich ist. Allerdings habe ich auf italienischen Seiten auch Kritik über die unhaltbaren Arbeitsbedingungen in der Fattoria lesen können. Mitarbeiter würden wie - wörtlich - "Capre" (Ziegen) gehalten.* 
⚜⚜⚜


Ich bleibe bei meiner Markthalle sowie bei ausgewählten (Bio-)Supermärkten und greife vorerst noch auf ein paar in Italien gekaufte Vorräte zurück - vor allem auf mein umbrisches Olivenöl, das ich mir wieder zuschicken lassen werde, falls wir nicht selbst beim Produzenten vorbeikommen sollten. Mein Kräuterkörbchen ist jedenfalls immer gut gefüllt! Ich sollte einen Nutzgarten anlegen...






Zutaten und Zubereitung
(für 4 Personen)


  • 4 runde Zucchine
  • 1 kleine Zwiebel
  • 120 g Pecorino Romano, frisch gerieben
  • 120 g Parmigiano Reggiano, frisch gerieben
  • frische Kräuter (glatte Petersilie, Basilikum, Thymian, Minze), mit dem Wiegemesser zerkleinert
  • 1 El Semmelbrösel
  • Olivenöl extra vergine
  • Salz, frisch gemahlener Pfeffer

Die Zucchine abspülen und für 5 Minuten in einen Topf mit kochendem Salzwasser geben. Dann herausnehmen und abkühlen lassen.

Von den Zucchine jeweils einen Deckel abschneiden (am Ende mit dem Blütenansatz) und zur Seite legen. Mit einem Kugelausstecher oder einem scharfkantigen Löffel jede Zucchina vorsichtig aushöhlen. Das Fruchtfleisch zusammen mit der Zwiebel fein hacken. 

Etwas Olivenöl in einer Pfanne erhitzen und das zerkleinerte Fruchtfleisch mit der Zwiebel hinzufügen. Ca. 10 bis 15 Minuten  köcheln lassen, bis die Masse ihre Flüssigkeit verliert und "kompakter" wird. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und abkühlen lassen.

Die Kräuter waschen, trockentupfen und fein hacken, den Käse reiben.
Kräuter, Käse und Semmelbrösel mit der Zucchinimasse vermengen und in den Zucchine verteilen. Die Deckel wieder aufsetzen.

Die Zucchine in eine feuerfeste Form geben und mit etwas Olivenöl beträufeln.
Im vorgeheizten Ofen (Ober- und Unterhitze) bei 180 Grad ca. 20 Minuten backen. 



*Link auf Anfrage