Montag, 29. Januar 2024

Zum zwölften Bloggeburtstag: Cassata siciliana



Dann lasst uns mal über Cassata reden! Das Eis? Nein, ich meine Cassata. Ja, das Eis eben! Nein, die Torte aus Sizilien. Der übliche Dialog: Cassata ist doch Eis! Das mit den kandierten Fruchtstückchen, Zitronat, Orangeat - weißt schon! So erklärte mir das auch ein italienischer Restaurantbesitzer, nachdem mein Mann sich schon auf eine echte Cassata freute, die er unter der Auflistung der üblichen Dolci auf der Speisekarte erspäht hatte. Da bekommst du Eis hier in Deutschland, hatte ich ihn vorher gewarnt. Es kamen drei Eiskugeln! Der Restaurantbesitzer, nach eigenem Bekunden mit kalabrischen Wurzeln, setzte noch eins drauf: Cassata ist immer Eis! IMMER EIS! Was denn sonst? Quod erat demonstrandum! 




Cassata, eine echte sizilianische Cassata, ist aber vor allem und ausschließlich eines: eine Torte. Eine wunderschöne Torte, ganz nach sizilianisch-barockem Geschmack mehr oder weniger aufwändig verziert. Die Mutter aller Motivtorten sozusagen. An den Tortenwänden schlängelt sich der Zuckerguss wie das geschmiedete Eisen der barocken Balkongitter in Noto. Früchte arrangieren sich zu floralen Motiven wie die Marmorintarsien palermitanischer Kirchen. Und silberne Kügelchen - in Italien liebt man Argenteria, Silberwaren - lassen die Ausstattung aristokratischer Paläste erahnen, denen man die üppige Pracht und den Reichtum von außen nicht einmal ansieht.  

Man nimmt der Behauptung, Cassata sei nur eine Eisspezialität, ganz schnell den Wind aus den Segeln, wenn man sich mit der Geschichte dieser Süßspeise vertraut macht. Auch dabei hilft wieder ein wenig Etymologie. Da gibt es zum einen die Erklärung, die Bezeichnung gehe auf das lateinische "caseum" zurück, was "Käse" heißt; Hauptzutat ist ja die Ricotta. Sehr viel wahrscheinlicher steckt in dem Wort Cassata aber das arabische quas'at, das "runde Schüssel" bedeutet. Jene Schüssel, die man zur Herstellung benutzte. Entstanden ist diese Süßspeise um das Jahr 1000 herum, während der arabischen Vorherrschaft in Sizilien. Denn es waren die Araber, die Rohrzucker, Zitrusfrüchte und kandierte Früchte nach Sizilien brachten. Außerdem kultivierten sie den Anbau von Mandelbäumen. 

Die Cassata ist ein echtes Multikulti-Gemeinschaftswerk: Während der späteren Vorherrschaft der Normannen knetete man in den Klöstern Mandelmehl und Zucker zu Pasta reale (hier dazu weitere Ausführungen), oft eingefärbt mit gemahlenen Pistazien oder auch Kräutern; daher die grünen Elemente bei einer klassischen Cassata. Die Spanier brachten schließlich die Schokolade nach Sizilien. 




Tja, dann nahte mein 12. Bloggeburtstag und ich nahm mir vor, endlich, nach vielem Hinausschieben (ich wusste schon warum...), eine Cassata zu diesem Anlass herzustellen. Allerdings kam mir diese Idee zu spontan und zu spät in den Sinn, denn es fehlte vor allem eines: die legendäre Form. Also wurde Ende der vergangenen Woche das Internet bemüht. Gleich mehrere Bestellungen gingen raus. Eine würde mit Express-Zustellung schon ankommen, dachte ich mir. Was rechtzeitig ankam am vergangenen Samstag, war eine amerikanische Pieform. In den kommenden Tagen erwarte ich dann die original Cassata-Form aus Sizilien. Wer zu spät kommt - ihr wisst schon!

Das Besondere an der Cassata-Form ist nicht nur der schräg gestellte Rand, sondern auch noch die kleine Rinne, ähnlich wie bei einer Obstkuchenform. Bei dieser ist allerdings der Rand wiederum nicht hoch genug. Diese Rinne erleichtert das Aufstellen der Marzipan- und Biskuitstreifen. 



Die Zeit drängte, denn für die Herstellung braucht man drei Tage. Vorher musste ich noch die Zutaten suchen. Meinen Laden für frische Ricotta - leider nur aus Kuhmilch - hatte ich ja in den vergangenen Monaten gefunden. Im Original wird Ricotta aus Schafsmilch verwendet, die einen unheimlich milden und vollmundigen Geschmack hat - und überhaupt nicht nach Schaf müffelt! Wenn ihr eine Cassata nachbacken möchtet, sucht unbedingt nach loser Ricotta. Vielleicht kennt ihr einen italienischen Lebensmittelhändler, der diese im Angebot führt. Die abgepackte und in jedem Supermarkt zu findende von G. ist leider ungenießbar und macht alle Mühe zunichte! 

Schwieriger gestaltete sich noch die Suche nach den kandierten Früchten. Etwas anderes als Belegkirschen, kandierte Zitronen- und Orangenscheiben sowie Ingwerstäbchen fand ich leider nicht. Nach und nach hatte ich aber die Grundzutaten zusammen, und so konnte ich endlich loslegen. Ich habe zum ersten Mal mit Fondant gearbeitet, was sicher eine Erleichterung war, da man für das Original eine dicke Glasur selbst anrührt. Und auch das Marzipan habe ich nicht selbst herstellt und gemahlene Pistazien untergeknetet, sondern auf Speisefarbe zurückgegriffen.
Alle Heiligen Siziliens mögen es mir verzeihen!

Und übrigens: Auguroni, Tra dolce ed amaro! 




Zutaten und Zubereitung
(für eine Pieform 18 cm Ø unten, 25 cm Ø oben, 6 cm Rand)



Pan di Spagna (Biskuit)
  • 5 Eier
  • 150 g Zucker
  • 75 g Mehl
  • 75 g Kartoffelstärke


Ricottacrème
  • 800 g frische Ricotta
  • 250 g Zucker
  • 80 g dunkle Schokoladentropfen


Rum-Tränke
  • 100 ml Wasser
  • 50 g Zucker
  • 3 El brauner Rum


Marzipan
  • 100 g Marzipanrohmasse
  • 50 g Puderzucker (eventuell mehr, hängt von der Speisefarbe ab)
  • grüne Speisefarbe


Für die Dekoration
  • 1 Rolle weißer Fondant
  • 200 g Puderzucker, eventuell mehr
  • kandierte Fruchtstücke
  • silberne Zuckerperlen
  • weiße Zuckerschrift
  • Pie- oder Cassataform, Frischhaltefolie


Tag 1

Es geht los mit dem Biskuitteig. Den Backofen auf 180 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen.
Normalerweise trenne ich die Eier für hohe Biskuittorten, hier ist das aber nicht nötig. Trotzdem sollte man auch die ganzen Eier sehr lange mit dem Zucker aufschlagen, bis eine hohe, weiße Masse in der Rührschüssel dann auf die weiteren Zutaten wartet. Mehl und Kartoffelstärke mischen, über die Schaummasse sieben und vorsichtig unterheben. Boden einer Springform (ich habe eine quadratische verwendet) mit Backpapier auslegen (Ränder nicht einfetten, damit der Teig nicht herunterrutscht) und den Biskuitteig einfüllen. Für ca. 25 - 30 Minuten in den Backofen schieben.
Danach auf einem Gitter auskühlen lassen.
Die Ricotta in ein Sieb geben, dieses über eine Schüssel hängen und bis zum Folgetag in den Kühlschrank stellen.


Tag 2

Die Marzipanrohmasse mit dem Puderzucker und etwas grüner Speisefarbe verkneten. Zu einem ca. 5 cm breiten Streifen dünn ausrollen und in trapezförmige Stücke schneiden.
Von dem Biskuitteig ca. 1 cm breite Streifen abschneiden. Ein paar dieser Streifen ebenfalls in trapezförmige Stücke in der Größe der Marzipantrapeze schneiden.





Den Boden und Rand der Form mit Frischhaltefolie auslegen. Den Rand abwechselnd mit den Biskuit- und den Marzipantrapezen belegen. Es macht nichts aus, dass die Biskuitstücke etwas dicker sind.
Nun den Boden mit den Biskuitstreifen auslegen.





Das Wasser mit dem Zucker aufkochen, vom Herd nehmen und den Rum hinzufügen. Etwas abkühlen lassen. 

Die Biskuitstreifen am Boden und am Rand mit der Rumtränke bestreichen. Dabei das Marzipan aussparen.

Die abgetropfte Ricotta (man kann sie noch zusätzlich durch ein Sieb streichen) mit dem Zucker cremig verrühren. Schokotropfen unterheben.
Die Ricottamasse in die Form geben und glattstreichen.




Weitere Biskuitstreifen mit der Rumtränke bestreichen und mit der getränkten Seite nach unten auf die Ricottamasse legen. Oben wird der Biskuit nicht getränkt.




Die Biskuitdecke gut andrücken, die Frischhaltefolie vom Rand her darüberschlagen, so dass alles dicht verschlossen ist. Über Nacht in den Kühlschrank stellen.


Tag 3 (oder auch der Tag, vor dem ich am meisten gezittert habe)

Die Form aus dem Kühlschrank nehmen und den Inhalt auf eine Kuchenplatte stürzen. 




Die Fondantrolle entrollen und - möglichst am Rand, damit noch Material für die Streifen bleibt - in der Größe der Tortendecke ausschneiden. Ich habe dazu einen Tortenring angepasst, der mir die Größe auf die Fondantdecke übertragen hat. 

Eine nicht zu dicke Zuckerglasur aus dem Puderzucker und Wasser anrühren. Etwas von dieser Glasur auf die obere Biskuitschicht geben, dann die Fondantdecke auflegen. 
Die Ränder mehrfach mit der Zuckerglasur bestreichen (eventuell die Zuckerglasur mit Puderzucker noch etwas andicken); das grüne Marzipan sollte wie hinter einem Glas hervorschimmern. 

Auch den Fondant der Oberseite dünn mit Glasur bestreichen und nach Belieben mit den kandierten Früchten, der weißen Zuckerschrift und den Perlen verzieren.

Aus dem restlichen Fondant Streifen abschneiden, diese zu einer Kordel drehen und den Fondantabschluss sowie den unteren Teil der Cassata damit umranden. 


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Kuchen genießen, die Nachbarn damit beglücken und von Sizilien und seinen Schönheiten träumen!


Original sizilianische Cassata mit einfachem grünen Rand in einem Agriturismo bei Selinunt






Montag, 22. Januar 2024

Zum Aufwärmen und Durchhalten: Lenticchie con finocchio cotto al forno


Die vergangenen Tage hatte seltener Schneefall alles überzuckert. Wenn Sonnestrahlen durch die Äste der kahlen Bäume drang, funkelten die gefrorenen Wassertropfen. Mit dem Füttern der unzähligen Vögel in unserem Garten kam ich kaum noch hinterher. Besonders Kringel fand das flatternde Treiben auf der Terrasse überaus interessant und beobachtete alles vom sicheren und warmen Plätzchen hinter dem Fenster aus. Selbst als Sommermensch konnte ich diesem winterlichen Wetter etwas abgewinnen. Aber nun ist die spärliche Pracht wieder dahingeschmolzen und hat einem Schmuddelwetter Platz gemacht, das man sonst vor allem in den Herbstmonaten kennt. Jetzt heißt es durchhalten! 


Passend dazu gibt es Comfort Food! Wie man an den Fotos mit dem Laub des Gingko-Baums unschwer erkennen kann, hatte ich das Gericht schon im vergangenen November gekocht und fotografiert. Für den Fundus sozusagen. Ein Rezept für Minestra di Lenticchie gibt es ja bereits auf meinem Blog; nach diesem Rezept habe ich auch das Gemüse zubereitet. Aber Linsen in Verbindung mit dem Parmesan-veredelten Kartoffelpüree und vor allem den mit Honig beträufelten Fenchelscheiben aus dem Ofen waren neu. Prinzipiell schmücke ich mich nicht mit fremden Federn. Die Anregung zu dieser überaus gelungenen Kombination hatte ich auf Instagram gefunden: @tirmagno heißt der Account. Wunderbare Rezepte gibt es auf der Seite dieses jungen Kochs zu entdecken, der nach eigenem Bekunden auch schon mal um Mitternacht ans Pastamachen geht! Wahre Leidenschaft also, was man schon den Fotos ansieht!





Zutaten und Zubereitung
(für 4-6 Personen)


Linsengemüse

  • 250 g getrocknete Linsen (z. B. italienische Berglinsen - Lenticchie di Castelluccio -, sie müssen nicht eingeweicht werden)
  • 3 Stangen Staudensellerie
  • 1 Karotte
  • 1 Knoblauchzehe
  • 1 Zwiebel
  • 1 Lorbeerblatt
  • Rosmarinzweig und/oder 2 Salbeiblätter
  • 1 Dose geschälte Tomaten (400 g)
  • Olivenöl extra vergine
  • Aceto Balsamico
  • Salz, frisch gemahlener Pfeffer, wer mag etwas Chilipulver

Die Linsen in ein Sieb geben und gründlich kalt abbrausen. Dann zusammen mit einer in grobe Stücke geschnittenen Selleriestange und der Knoblauchzehe in einen Topf geben, einen Liter kaltes Wasser dazugießen und zum Kochen bringen. Zugedeckt ca. 25 Minuten köcheln lassen.

Das verbliebene Gemüse (Karotten, Zwiebel und Selleriestangen) putzen und fein würfeln. In einem Topf etwas Olivenöl erhitzen und die Gemüsewürfel kurz anschwitzen. Die geschälten Tomaten, das Lorbeerblatt sowie die Kräuter hinzufügen und ein paar Minuten köcheln lassen. Nach dieser Zeit die Selleriestücke und den Knoblauch aus den Linsen fischen, und dann die Linsen mit dem Kochwasser zu der vorbereiteten Tomatenbasis geben. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und weitere 30 Minuten köcheln lassen. Ab und an umrühren. Die Linsen sollten gut weich sein. Vor dem Servieren das Lorbeerblatt und die Kräuter entfernen. Mit Balsamessig beträufeln.


Fenchel
  • 4 Fenchelknollen
  • ein paar Thymianzweige
  • Honig
  • Olivenöl extra vergine
  • Salz

Den Ofen auf 180 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen.
Fenchelknollen putzen, längs in ca. 2 cm dicke Scheiben schneiden - dabei den kleinen Strunk ausschneiden - und auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen. 
Leicht salzen und mit etwas Olivenöl beträufeln.

Im Ofen ca. 30 bis 40 Minuten schmoren, dabei 10 Minuten vor Ende der Backzeit die Fenchelspalten mit ein paar Thymianzweigen belegten und mit Honig beträufeln. 

Die Fenchelspalten auf dem Linsenpüree anrichten. 
Dazu passt ein Kartoffelpüree, das man mit einem ordentlichen Stück Butter und viel frisch geriebenem Parmigiano Reggiano verfeinert!





Montag, 1. Januar 2024

Felice Anno Nuovo - Frohes Neues Jahr!



Allen meinen lieben Leserinnen und Lesern 
wünsche ich von Herzen 
ein friedliches und genussreiches
  Jahr 2024
 mit vielen glücklichen Momenten!

Bleibt vor allem gesund!


🍀🍀🍀