Dienstag, 24. Dezember 2019

Buon Natale - Frohe Weihnachten - Merry Christmas



Ihr Lieben,

von Herzen wünsche ich Euch ein gesegnetes Weihnachtsfest, gemütliche und genussvolle Feiertage und einen guten Rutsch in ein glückliches und gesundes neues Jahr!
Auch ein neues Jahrzehnt bricht an.
 Möge es für Mensch und Tier ein friedliches sein!




Samstag, 14. Dezember 2019

Meine weihnachtliche Tischdeko für einen Abend mit lieben Freunden




Was gibt es Schöneres, als in der Advents- und Weihnachtszeit Freunde zu verwöhnen!
Entspannung in dem ganzen Trubel um Planung, Einkauf und Zubereitung eines Menüs finde ich stets beim Eindecken des Tisches, an dem wir den größten Teil des Abends verbringen werden. Das Platzieren der Teller und Gläser, das Gestalten der Servietten und schließlich das Dekorieren hat für mich eine zutiefst kontemplative Komponente. Ich komme "runter", Vorfreude macht sich breit, bevor der Endspurt erneut in der Küche einen neuen Anlauf nimmt.





Fest stand für mich in diesem Jahr: Ich brauchte keine neuen Deko-Elemente, auch wenn jede Saison eine neue "Mode" hervorbringt. Vor Jahren waren es die cognacfarbenen Kugeln, dann folgten weiße Hirsche, in diesem Jahr triumphiert der skandinavisch karge Stil. Unbeachtet dieser Tendenzen stapelt sich in den wenigen Geschäften, die Weihnachtsdekoration anbieten, das übliche kitschige Glitzerzeug - untermalt von einer wahren Kakophonie weihnachtlicher Klänge. "Last Christmas" trifft hier auf das Geklingel der sich ewig in Kreis drehenden Spielzeugkaruselle; die armen Verkäufer*innen können einem nur noch leidtun! In Italien scheint man dazu verliebt in falsche Tannenzweige (und Bäume!), die dann noch dick mit Glimmer, gerne dieses Jahr in Weiß, überzogen sind. Parallel dazu bietet Roms Luxuskaufhaus  kunstvolle Designerkugeln an, die natürlich ihren Preis haben. Aber braucht man das wirklich, um Stimmung zu erzeugen?

Dieses Jahr habe ich, wie schon so oft, auf meinen Fundus zurückgegriffen, was auch ökologisch aktueller denn je und sinnvoll ist. Immer häufiger in den vergangenen Jahren bleibt zudem der Glitzerkram in seiner Kiste. Lieber setze ich auf hochwertigen und nie aus der Mode kommenden Weihnachtsschmuck, den man mit preisgünstigen Accessoires kombinieren kann.






Wer also für die Weihnachtstage noch nach Ideen sucht, findet vielleicht auch bei mir noch die ein oder andere Anregung. Ich habe die Deko in den klassischen (Weihnachts-)Farben Weiß und Rot gehalten, nur unterbrochen durch das zarte Grün der Wassergläser.
Herzstück meines Tisches ist eine Kette aus mit roten Schleifchen zusammengebundenen Plätzchenausstechern. Solche Ausstecher hat sicher jede(r) in seiner Küche; mit Geschenk- oder Dekoband von der Rolle, das man sich passend zurechtschneiden kann, werden die Ausstecher  zusammengebunden - je nach Tischform auch zu einem Kreis
Spontaner Kommentar eines Gastes: Diese Idee klaue ich mir! Mission hier schon mal erfüllt!






Meine Teelichthalter sind mindestens 15 Jahre alt und stammen aus einer Glasbläserei im Bayerischen Wald - wie auch die gläsernen Schneekristalle. Trotz der winterlichen Motive aus Stechpalmen, spenden sie uns das ganze Jahr über ihr stimmungsvolles Licht.





Wichtig bei gläsernen Teelichthaltern: Teelichter aus den Aluförmchen nehmen und in kleine Glashalter setzen, so dass alles transparent wirkt. Glocken aus Porzellan mit Weihnachtsmotiven schließen die Enden der Kette aus Ausstechern ab und setzen auch in der Mitte einen Akzent. Solche Glocken sind sicher etwas teurer in der Anschaffung, aber man sieht sich niemals an ihnen satt. Sie sorgen für das edle Element neben den rustikalen Förmchen; ich liebe solche "Brüche"! Wenn diese Glöckchen nicht gerade auf dem weihnachtlichen Tisch stehen, schmücken sie in der Adventszeit die Ablage über einer Heizung - zusammen mit einer preisgünstigen Laterne aus einem schwedischen Möbelhaus.




Die Servietten habe ich zu schlichten Rollen gefaltet und mit roten Samtbändern zusammengebunden. Tuchservietten sind natürlich Pflicht! Ein paar weiße Holzsterne und kleine rote Kugeln ergänzten meine Tischdeko.




Den ausgiebigen Aperitivo mit Bollicine und kleinen feinen  - natürlich selbstgemachten - Häppchen gab es für unsere Gäste vor dem Kamin. Allerdings könnte der Weihnachtsmann nicht mehr durch den Schlot herabsteigen, denn wir haben ihn vor einigen Jahren verschließen lassen. Ein paar Laternen mit dicken Kerzen sind sicherer als offenes Feuer - vor allem auch, wenn eine neugierige Katze herumschleicht.






Die Lichterkette habe ich auch in diesem Jahr mit der Kelchhülle der Physalis verziert. Diese "Blüten" sind aus dem Garten meiner Schwiegermutter und überstehen nun seit Jahren, sorgsam verpackt, fast unversehrt die unzähligen Weihnachtssaisons, in denen sie zum Einsatz kamen. Das warme Licht, das sie spenden, kann keine noch so schöne und aufwendige Lichterkette erzeugen.




Auf einen klassischen Adventskranz habe ich in diesem Jahr verzichtet; die Advents-Kerzen schmücken zudem zum ersten Mal den Kamin - in einer Reihe aufgestellt. Die einzelnen Kerzen habe ich mit etwas Bast umwickelt, an denen kleine nummerierte Tafelsternchen befestigt sind (ich kann euch sagen, bis ich diese hier gefunden habe...).

Und jetzt mache ich es mir davor gemütlich - natürlich mit Kringel!
Habt noch eine schöne Adventszeit!





Dienstag, 10. Dezember 2019

Frankfurts süße Legenden: Bethmännchen




In meiner Kindheit war der vorweihnachtliche Einkauf selbst schon fast ein Fest! Alle Zutaten für die Weihnachtsbäckerei kaufte meine Mutter in einem Frankfurter Traditionsgeschäft für exotische Gewürze und Teesorten, das sich noch immer unweit des Römerbergs befindet;  an dieser Stelle hatte ich darüber schon einmal berichtet. Der Duft in diesem kleinen und mit allerlei Krimkrams vollgestopften Laden roch einfach unvergleichlich gut für meine noch junge Nase und stimmte auf die Weihnachtssaison ein. Jedes Jahr landete Marzipanrohmasse im Einkaufstäschchen, die meine Mutter dann zu Bethmännchen verarbeitete. Ich saß dabei am Küchentisch und rollte aus Marzipanresten kleine Marzipankartoffeln, die ich in Kakaopulver wälzte; all das gehört zu meinen frühesten kulinarischen Aktivitäten.





Auch Rom hat sein "Spezialgeschäft", in dem ich Gewürze und auch Backzutaten kaufe. Viele Zutaten finde ich nur dort; entweder im Stammsitz oder in den kleinen Filialen, deren Platz und Angebot aber nur begrenzt ist. Rosenwasser wurde gesucht, denn dieses erst verleiht der Frankfurter Spezialität ihren unverkennbaren Geschmack. Auch die Marzipanrohmasse, Bestandteil vieler, vor allem sizilianischer Süßigkeiten findet man nicht überall in den gewöhnlichen Supermärkten der Stadt. Deswegen lohnte sich mal wieder der etwas längere Fußmarsch - über den Tiber, am Vatikan vorbei - in den Stadtteil Prati. Wie viele Kilometer ich oft zu Fuß laufe, um bestimmte Zutaten zu bekommen, kann sich kaum einer vorstellen! Aber bei dem ganzen Süßkram in der Weihnachtszeit kann man dann auch ohne schlechtes Gewissen schlemmen. Ich laufe die Kalorien fast täglich auf den Strassen Roms ab.

Zu meiner Schande - als echtes Kind Frankfurts - habe ich selbst noch niemals Bethmännchen hergestellt. Dabei ist dieses rosenparfümierte Marzipankonfekt neben dem Frankfurter Kranz die wohl bekannteste und beliebteste Spezialität der lokalen Pâtisserie. Das ganz Jahr über kann man sie kaufen, für mich aber gehören sie in die Weihnachtszeit. 

Sind es betende Hände, an die die Mandeln erinnern sollen, nach denen die Marzipanteilchen benannt sind, oder geht die Bezeichnung doch eher auf die Frankfurter Bankiersfamilie Bethmann zurück? Ein französischer Pâtissier, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts für die Familie Bethmann gearbeitet hatte, soll diese Leckerei kreiert haben - mit jeweils vier (halben) Mandeln verziert, die für die vier Söhne der Familie standen. Als einer der Söhne verstarb - Simon Moritz -, wurde das Konfekt fortan nur noch mit drei Mandeln besetzt. Auch diese Legende ist aber umstritten. 







Zutaten
(für ca. 30 Stück)
  • 250 g Marzipanrohmasse
  • 65 g gemahlene Mandeln
  • 50 g Puderzucker
  • 40 g Mehl
  • 1-2 Tl Rosenwasser
  • 1 Eigelb
  • blanchierte Mandeln, möglichst halbiert

Alle Zutaten miteinander verkneten, aus der Masse zwei Rollen formen und diese in gleichmäßige Stücke schneiden und zu Kugeln rollen. Jeweils drei halbierte - bei mir ganze - Mandeln an die Seiten drücken.
Den Backofen auf 150 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen.

Zum Bestreichen

  • 1 Eiweiß
  • 1 El Puderzucker
  • etwas Rosenwasser

Die Bethmännchen auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech setzen. Das Eiweiß leicht mit einer Gabel aufschlagen und dabei den Puderzucker zugeben. Mit etwas Rosenwasser aromatisieren. Die Bethmännchen mit diesem Guss bestreichen und für ca. 20 Minuten in den Ofen geben.






Samstag, 16. November 2019

Die unwiderstehlichste Torta di mandorle der Welt



D
iesem Backbuch, dem ich das folgende Rezept entnommen habe, verzeihe ich alles! Auch dass es eine Mandeltorte ganz frech Torta di mandorle nennt, weil das auf Italienisch natürlich viel hübscher klingt. Nur: eine solche Mandeltorte scheint mir auf keinem traditionellen italienischen Rezept zu basieren. Torten und Kuchen sind in Italien keine komplizierten Backwerke, was sie nicht weniger schmackhaft macht, wobei auch diese Torta di mandorle keinesfalls schwierig zu backen ist. Natürlich gibt es auch Mandelkuchen in Italien - wie könnte es anders sein. Ganz Sizilien erfreut sich nach den Wintermonaten an der üppigen Mandelblüte! Und dann denke man nur an die wunderbaren  Süßigkeiten, in denen Mandeln Hauptbestandteil sind, etwa die toskanischen Cantuccini oder Ricciarelli , die Torta Caprese oder auch das süße Mandeldessert Biancomangiare. Mandeln sind aus der italienischen Küche nicht wegzudenken!








Trotz aller Einwände: Für mich heißt dieser Kuchen nach wie vor Torta di mandorle. Unter dieser Bezeichnung habe ich ihn kennen- und lieben gelernt und unzählige Male gebacken. Der Kuchen stammt aus einem Backbuch, das man zu Recht als Backbuchklassiker bezeichnen kann. Ich möchte wetten, dass es bei vielen Hobbybäckerinnen und -bäckern im Regal steht: Backvergnügen wie noch nie*.
Dieses liebevoll in die Jahre gekommene Backbuch wurde in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder neu aufgelegt; gibt es eine ehrlichere Bestätigung für die Qualität der süßen und salzigen Leckereien, die man darin finden kann? Leider fehlen in einer neueren Auflage einige erprobte Basisrezepte, die ich aber noch als Kopien aus der älteren Auflage meiner Mutter aufgehoben habe.
Meine ersten Backerfahrungen habe ich mit "Vergnügen" damit gemacht, die herrlichsten Biskuit-Tortenbögen zum Erstaunen der ganzen Familie gebacken, Plätzchenteige geknetet, Lebkuchen gerührt - ja wenn man mir heute sagen würde: Nur ein Backbuch darfst Du behalten - es wäre dieses!

So eine Mandeltorte ist natürlich kein Leichtgewicht. Zu zweit würden wir tagelang daran herumknabbern - natürlich mit der Stimme der Vernunft im Hinterkopf, die nach dem zweiten Stück flüstern würde: Jetzt reicht es! Besser also sollte man Gäste damit verwöhnen. Da ich mich endlich mal wieder mit einer Teestunde bei unserer Catsitterin bedanken wollte, gab mir das Gelegenheit, diesen Kuchen zu backen. Unsere Catsitterin, eine sehr aktive ältere Dame, die sich scherzend als Tante unserer Katze Kringel bezeichnet, freute sich riesig, ihre "Principessa" mal wieder zu sehen! Für sie könnten wir sowieso öfters unterwegs sein, denn sie ist total vernarrt in unseren Salonpanther.
Sie kann es jedes Mal kaum abwarten, bis wir Kringel  zu ihr bringen und sie wieder ihren Tagesablauf bestimmt.
In der ehemaligen Filmjournalistin hat sie eine überaus interessante Catsitterin gefunden. Elizabeth hat noch die großen Namen der Filmwelt persönlich kennenlernen dürfen. Was bei mir wie wichtigtuerisches Name-Dropping klingen würde, klingt bei ihr, als würde sie ganz selbstverständlich von guten Bekannen erzählen. Unter anderem sprachen wir über die drohende Schließung des Caffè Greco, sie darauf: "Oh da gibt es den besten Caffè Americano der Stadt. Habe ich dort immer mit Jacqueline Bisset getrunken!" Sie sieht ein Plakat des alten Filmklassikers "Ein Herz und eine Krone". Sie: "Ah Gregory Peck! Ich war mit seiner Frau befreundet und mit den beiden in Paris zusammen"! (Elizabeth ist Französin)
Ob Marcello Mastroianni, Virna Lisi, Woody Allen ("Der ruft mich immer an, wenn er in Rom ist!"), Jean Pierre Cassel, Ennio Morricone oder Franco Zeffirelli: sie kannte und kennt die großen Stars der europäischen und internationalen Filmwelt und auch viele Nachwuchs-Schauspieler*innen der aktuellen Filmszene, vor allem in Italien! Noch heute sitzt sie in diversen Jurys und reist zu vielen Filmfestivals; es war und ist ihr Leben.
Und sie ist vernarrt in Kringel!
Natürlich gab es auch wieder Geschenke für die Principessa, sie stand im Mittelpunkt und hat es sichtlich genossen - es war der reinste Kindergeburtstag!
Meine kleine schwarze Schönheit bricht wirklich alle Herzen!





Zutaten
(für eine Springform von 24 cm Ø)



Mürbeteigboden


  • 200 g Mehl + Mehl zum Ausrollen
  • 100 g kalte Butter + Butter für die Form
  • 40 g Zucker
  • 1 Eigelb
  • 1 El kaltes Wasser
  • 1 Prise Salz


Mehl in eine Schüssel sieben, in die Mitte eine Mulde drücken und das Eigelb hineingeben. Die Butter in Flöckchen auf den Rand setzen , den Zucker, eine Prise Salz und das Wasser hinzugeben. Mit einem Messer die Butter mit den anderen Zutaten vermischen, dann mir den Händen rasch einen geschmeidigen Teig kneten. Diesen in Folie wickeln und im Kühlschrank 2 Stunden ruhenlassen.

Die Springform mit Butter ausfetten. Den Teig auf etwas Mehl ausrollen und Boden und Rand der Sprinform damit auskleiden.
Bis zur weiteren Verwendung in den Kühlschrank stellen.


Belag


  • 120 g Aprikosenmarmelade 
  • 3 Eier
  • 100 g Zucker
  • 1 Vanillestange
  • 1 Prise Salz
  • 150 g frisch gemahlene geschälte Mandeln
  • 50 g Butter


Den Backofen auf 180 g (Ober- und Unterhitze) vorheizen.
Die Butter zerlassen und zur Seite stellen.
Zwei Eier trennen. Das ganze Ei mit den zwei Eigelben, 50 g Zucker und dem ausgekratzten Mark der Vanilleschote weißschaumig aufschlagen. Die gemahlenen Mandeln unterrühren.
Die zwei Eiweiße mit einer Prise Salz und dem restlichen Zucker steifschlagen und unter die Ei-Mandelmasse heben. Die zerlassene Butter unterziehen.
Die Form aus dem Kühlschrank nehmen und den Teigboden mit der Marmelade bestreichen. Dann die Mandelmasse daraufgeben.
Im vorgeheizten Ofen auf der unteren Schiene ca. 45 Minuten backen.
Danach den Kuchen aus dem Backofen nehmen und den Ofen auf 210 Grad stellen.



Mandelbaiser


  • 2 Eiweiß 
  • 150 g Zucker
  • 150 g frisch gemahlene geschälte Mandeln


Die Eiweiße mit dem Zucker steifschlagen und die gemahlenen Mandeln unterheben.
Diese Masse auf den Kuchen streichen und diesen für weitere 15 Minuten in den Ofen geben.



*Rezept aus: Backvergnügen wie noch nie, Gräfe und Unzer, München 1984









Freitag, 25. Oktober 2019

Wie aus einer anderen Zeit: Stracciatella alla romana




Werbung, unbeauftragt, da Verlinkung

Denke ich an Stracciatella alla romana, kommen mir unweigerlich jene römischen Restaurants in den Sinn, die mit Beginn des neuen Jahrtausends ausgestorben zu sein scheinen. Noch in den neunziger Jahren gab es jene Lokale, wo jeder Gast beim Gang zu seinem weiß eingedeckten Tisch an einem halb verglasten Vorspeisenbuffet vorbeikam, auf dem ovale Silberplatten die verschiedenen kalten Antipasti präsentierten: Gebratene Zucchinistückchen, gegrillte und mit in Streifen geschnittenen Basilikumblättchen bestreute Auberginenscheiben, Meeresfrüchte-Salat, säuerlich eingelegte Zwiebelchen, Paprikagemüse und Mozzarellakügelchen durften auf keinen Fall fehlen. Das Angebot variierte kaum in den unzähligen Ristoranti und Trattorie/Osterie der Stadt. Ältliche Kellner in weißen, oft viel zu großen Jäckchen servierten dem Gast dann mit routiniert-ernster, aber auch leicht mürrischer Miene, was die Speisekarte sonst noch zu bieten hatte: Römische, einfache Kost jenseits aller kulinarischen Moden.

Es war eine in sich geschlossene Welt, die nach und nach den Bedürfnissen einer neuen Generation, die auf Reisen die - auch kulinarische - Welt außerhalb der traditionellen italienischen Urlaubsorte kennengelernt hatte, weichen musste. Zudem änderte sich der Tourismus stark hin zum billigen Konsum - in jeder Beziehung. Nicht mehr der kunstbeflissene Reisende, der einst auch diese traditionellen Orte zu schätzen wusste, musste jetzt buchstäblich bedient werden, sondern ein  Publikum, das in Italien auch auf der Suche nach Klischees war; die rot-karierte Tischdecke findet man demnach vor allem in Touristenfallen. Pizzerien sehen auf einmal aus wie ein Loft in New York, während sich in den bürgerlichen Wohnvierteln Roms die Jeunesse dorèe der Stadt zu Asian-Fusion-Küche in kalifornischer Strandatmosphäre trifft. Ich sehe viele Entwicklungen nicht nur negativ, begrüße durchaus auch die Öffnung hin zu den Küchen der Welt (was in Mailand längst schon früher stattgefunden hatte), denn wie heißt es so schön, wenn man einer Sache überdrüssig ist oder sie langweilig findet: Sempre la solita minestra! (Immer die gleiche Suppe!)




Womit wir beim Suppenthema wären! Stracciatella alla romana ist so eine Suppe, die ich mir in den Traditionsrestaurants, serviert im typischen weißen Suppenteller mit breitem Rand auf der weiß gestärkten Tischdecke vorstellen kann. Daneben ein Brotkörbchen mit den in diese Lokalen unvermeidlichen verpackten Grissini, die man beim Warten auf das Essen schon einmal anknabbert.
Ich weiß nicht, ob ich selbst jemals diese Suppe in einem solchen Restaurant bestellt habe, locken mich doch vor allem die Pastagerichte unter den Primi.

Stracciatella alla romana ist aber auch eine typische Festtagssuppe, die man in den römischen Familien traditionell zu Weihnachten serviert; mir stellt sich da trotzdem die Frage, ob man dieser Tradition wirklich noch huldigt.
Gehaltvoll wie diese Suppe ist, wurde sie einst auch den Kranken, Genesenden, den werdenden Müttern und den Wöchnerinnen gereicht. Die kräftige Brühe, vor allem aber die gehaltvolle Einlage aus Parmesan und Eiern, diese "Fetzchen" (Stracci = Lumpen, Fetzen), die der Suppe ihren Namen geben, weckte alle Lebensgeister.
Es ist die perfekte Suppe für kalte Tage, ein wahrer Seelenwärmer, mit der man sich ein Stück kulinarisch-altmodisches Rom nach Hause holen kann.




Zutaten
(Für 3-4 Personen)

Wie angekündigt, habe ich aus dem großen Knochen der 
Bistecca alla Fiorentina eine kräftige Brühe gekocht.

Dazu nahm ich:
  • besagten Knochen
  • 2 Zwiebel
  • 2 Karotten
  • ein paar Selleriestangen
  • ein Gewürzsäckchen mit zerdrückten Pfeffer- und Wacholderbeeren sowie einem Lorbeerblatt
  • Salz
  • ca. 2 Liter Wasser


Die Zwiebeln waschen und ungeschält halbieren. Auf dem Topfboden ohne Fett kurz anrösten, dann den Knochen hinzugeben und mit kaltem Wasser auffüllen. Das Gewürzsäckchen ins Wasser geben und alles ca. eine Stunde lang köcheln lassen.
In der Zwischenzeit Suppengemüse putzen und kleinschneiden.
Nach einer Stunde das Suppengemüse zur Brühe geben und eine weitere Stunde köcheln lassen. Salzen,
Suppe durch ein Sieb geben, dabei das Gemüse gut ausdrücken, und nochmals abschmecken.



Stracciatella

  • 4 frische Bio-Eier
  • 100 g Parmigiano Reggiano, frisch gerieben
  • Salz
  • Muskatnuss, frisch gerieben


Die Eier mit etwas Salz und der geriebenen Muskatnuss verquirlen. Dann den Parmigiano unterrühren.
Die Suppe zum Kochen bringen. Unter Rühren mit dem Schneebesen die Eier-Parmigiano-Mischung in einem dünnen Strahl in die Brühe fließen lassen.
Die Suppe nun 4-5 Minuten köcheln lassen, dann noch einmal mit dem Schneebesen durch die Suppe rühren. Nun sollten sich diese Wölkchen/Fetzchen gebildet haben.











Wer übrigens noch ein wenig die Atmosphäre vergangener römischer Restauranttradition erleben  möchte, kann das beispielsweise in der Nähe der römischen Oper. Im Restaurant "La Matriciana" steht sogar noch die Stracciatella alla romana auf der Speisekarte. Dieses Restaurant gehört einer Vereinigung historischer Gaststätten an. Locali storici d'Italia





Allein die Ausstattung - witzig die alte Telefonkabine, die man theoretisch immer noch benutzen kann -, lässt alte Zeiten auferstehen. Das könnte der Schauplatz für einen Fellini-Film sein. Wenn jetzt die Kellner dort noch weiße Jäckchen trügen...




La Matriciana

Via del Viminale, 44
00184 Roma
Tel.: 0039 064881775
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Sonntag, 20. Oktober 2019

Immer wieder gerne: Bistecca alla Fiorentina



Ich mache es kurz: Kann ich Euch so ein Stück Fleisch vorenthalten?
Natürlich gibt es längst ein Rezept zu diesem toskanischen Fleischklassiker auf dem Blog! Dieses aktuelle, besonders schöne Stück war es aber wert, auch einen kleinen Blogaufritt zu bekommen.

Gewürzt nur mit etwas Salz, gewälzt in ein paar zerkleinerten Rosmarinnadeln und begossen mit fruchtigem Olivenöl. Nehmt es aber vorher rechtzeitig aus dem Kühlschrank!

Auf einer heißen gusseisernen Grillplatte dann jeweils ungefähr 7 Minuten von beiden Seiten braten. Wer es es "blutiger" möchte, zieht pro Seite eine Minute ab.
Ach, was sage ich: Das Braten eines Steaks ist der Intuition des Augenblicks verpflichtet.
Trinkt dabei am besten schon ein Schlückchen Wein - einen Chianti Classico oder einen Brunello -  und beobachtet das Fleisch.

Gebt der Bistecca nach dem Braten genügend Zeit zum Entspannen, bevor Ihr die Messer wetzt.

Dazu gab es ein Kartoffelgratin - Puristen mögen es mir verzeihen!




Braucht es mehr?

Aus den Knochenresten wird eine Brühe gekocht; nichts soll verkommen!

Wir verneigen uns vor dem Chianina-Rind!



Samstag, 19. Oktober 2019

Pasta für die "Ottobrate romane": Tagliolini ai mirtilli con zucca e pioppini





Es gibt ein amüsantes Phänomen, dass mir seit jeher in Italien aufgefallen war. Italienerinnen und Italiener lassen sich ihr Outfit weniger von den aktuellen Temperaturen als von der Jahreszeit diktieren. Ohne Witz, wir erleben gerade einen sehr warmen Oktober; aktuell steigen die Temperaturen um die Mittagszeit auf über 30 Grad. Trotzdem ist hier wärmende Bekleidung angesagt. Schon im September sah ich die ersten gepolsterten Mäntel, nun man trägt wollene Blazer - und die buchstäblich "Betuchten" unter der Bevölkerung haben zusätzlich noch den Kaschmirschal mehrfach um den Hals drapiert. Die bedauernswerten Verkehrspolizisten haben "Winter befohlen" und regeln - weiß behandschuht - nun den Verkehr ohne Tropenhelme in der Mittagshitze.

Allerdings - ich bin dieser italienischen Angewohneit selbst schon ein wenig verfallen. Auch mir käme es Mitte Oktober nicht in den Sinn, in hochsommerlichen Kleidern durch die Stadt zu spazieren - Kleider, die ich selbst bei 10 Grad weniger durchaus tragen würde, wäre ich denn irgendwo nördlich der Alpen unterwegs. Vor Jahren war mit gegenteilige Gepflogenheit in London aufgefallen. Da trug man leichte Sommerkleidung und Sandaletten bei herbstlichen Temperaturen im September. Während ich in Italien schon beim bloßen Anblick all dieser dick eingepackten Menschen bei um die 30 Grad fast einen Hitzschlag bekomme, fröstelte es mich damals in London, als ich die hochsommerliche Bekleidung sah!
Andererseits: Es ist kein seltenes Bild, Touristen selbst im November in kurzen Hosen und Sandalen durch die Stadt latschen zu sehen. Auch im kalten Februar habe ich solche Outfits bei Touristen gesehen, wobei ich heimlich schmunzeln musste, da die Ärmsten offensichtlich ziemlich froren.
Wir leben halt doch nicht am Äquator, obwohl in den Köpfen vieler Menschen die Vorstellung von Italien mit immerwährendem Sommer und Hitze verknüpft zu sein scheint! Mit immerwährender Dolce Vita, dem leichten Leben hier sowieso. Aber das ist ein anderes Thema!
Wer sich also in einer Stadt wie Rom nicht auf den ersten Blick als Tourist zu erkennen geben möchte, kann das mit dicker Kleidung in den Übergangszeiten (so auch nach dem Winter bis in den Mai hinein) unterstreichen -  mit eleganterer allemal! Auch das ein anderes Thema.



Die berühmten Ottobrate romane


Herbstfarben gibt es allerdings zu Abwechslung mal - und ausschließlich - auf dem Teller, denn der Herbst ist absolut nicht meine Jahreszeit, auch wenn ich im Süden lebe und die Ottobrate Romane berühmt für ihre milden und sonnigen Tage sind. Dieses angenehme Klima, ausgelöst durch das Azorenhoch, nutzten die Römer seit jeher, um noch einmal mit Freunden oder der Familie Ausflüge in die Umgebung zu machen. Mit Kutschen, die in ihrer Form an Eierschalen erinnerten, gezogen von festlich geschmückten Pferden, zog man dann los in die Umgebung von Rom, wobei das einfache Volk bei diesen Festlichkeiten mit dem Adel zusammen feierte und sich sogar das Essen und den Wein teilte. Adelsfamilien wie die Fürsten Borghese öffneten sogar die Gärten ihrer Villen für die Ärmsten der Armen und veranstalteten dort kleine Theateraufführung und Jahrmarktsspektakel auf den Wiesen - sozusagen ein Oktoberfest auf römische Art. Die meisten aber zog es wohl doch raus aus der Stadt und in die nähere Umgebung.






Herbstbuntes auf dem Teller


Vielleicht hätte ich auch ausziehen sollen, um dabei in einem Wäldchen die letzten Blaubeeren zu sammeln. Die gezüchteten Beeren, die im Handel zu finden sind, schenkten meiner Pasta leider nicht die gewünschte blaue Farbe. Trotzdem wurde es ein herbstbuntes Gericht mit den herrlichen Zutaten, die uns diese Jahreszeit schenkt.








Zutaten 
(für 2 bis 3 Personen)



Pasta


  • 300 g gemahlener Hartweizengrieß (Semola di grano duro rimacinata)
  • 90 g Blaubeeren
  • 90 ml Wasser
  • grobes Salz für das Kochwasser


Die Blaubeeren zusammen mit dem Wasser pürieren. Den gemahlenen Hartweizengrieß in eine breite Schüssel geben (oder auf die Arbeitsfläche), eine Mulde in den Grieß drücken, die Blaubeer-Wasser-Mischung hineingießen und alles zu einem glatten Teig verkneten (mindestens fünf Minuten).
In Folie gewickelt eine halbe Stunde lang ruhen lassen.
Dann portionsweise mehrfach durch die erste Stufe der Pastamaschine drehen, dabei die noch breiten Pastabahnen immer wieder zusammenklappen. Nach und nach dünner auswalzen bis auf Stufe 6. Dann durch den Aufsatz für Tagliolini geben. Auf einem gut bemehlten Brett aufbewahren.
Wasser erhitzen und salzen, dann die Tagliolini für maximal eine halbe Minute kochen lassen.
Herausnehmen, in die Pfanne mit dem "Sugo" geben und dort kurz mit diesem vermischen.






Pioppini







Die "Beilage" zur Pasta


  • 350 g Pioppini (Südlicher Ackerling)
  • 500 Kürbisfleisch, geputzt
  • zwei bis drei Rosmarinzweige
  • 1 Knoblauchzehe
  • ca. 100 ml Marsala (oder Weißwein)
  • Olivenöl extra vergine
  • Salz, frisch gemahlener Pfeffer
  • ein paar Blaubeeren


Von den Pilzen die Wurzelenden abschneiden, kurz unter fließendem Wasser reinigen und trockentupfen. Das Kürbisfleisch in kleine Würfelchen schneiden.
Rosmarinnadeln von den Zweigen streifen und fein wiegen. Knoblauchzehe schälen.
In einer Pfanne Olivenöl mit der ganzen Knoblauchzehe und dem Rosmarin erhitzen und die Kürbiswürfel hinzugeben. Kurz anbraten, salzen, pfeffern und die Pilze hinzufügen. Mit dem Weißwein ablöschen. So lange dünsten, bis der Kürbis weich ist. Die Knoblauchzehe entfernen.
Nochmals abschmecken und die abgetropfte Pasta untermischen (eventuell mit ein wenig vom dem Kochwasser).
Mit ein paar Blaubeeren bestreuen.





Mittwoch, 9. Oktober 2019

Mit Rosmarin oder Blaubeeren: Zweierlei Zitronenkuchen



Ein letztes Aufbäumen des Sommers 2019 erlebt Rom in diesen Tagen; tagsüber muss man aus der Sonne fliehen, so heiß brennt sie auf der Haut. Da kommt fast keine Lust auf meinen heißgeliebten Pflaumenkuchen auf, den es mit schöner Regelmäßigkeit meist schon im September bei uns gibt.
Dafür serviere ich sommerlichen Zitronenkuchen; neue Guglhupfformen mussten schließlich eingeweiht werden.









Für unseren überschaubaren Zwei-Personen-(eine Katze-)Haushalt sind kleine Kuchenformen geradezu ideal. Ansonsten muss ich immer mal wieder Teile von Kuchen oder Torten einfrieren, denn auch mit dem größten Wohlwollen kann man nicht tagelang an einem Kuchen herumessen - naja, mein Mann bekommt das hin.... Einen halben Kuchen dann aus den Tiefen des Freezers zu holen, wenn sich spontan Besuch ansagen sollte, ist zudem optisch auch wenig ansprechend. Schön, wenn man dann einen Minikuchen vorrätig hat - und noch schöner, wenn sich an einem Wochenende spontan Lust auf einen Kuchen meldet, man aber weder die Zeit noch die Lust dazu hatte, einen zu backen. Rührteige eignen sich bestens zum Einfrieren und schmecken aufgetaut wie frisch. Eventuell brauchen sie dann nur noch eine hübsche Verzierung.






Aus eins mach zwei!

Mit einem Basisteig kann man zudem noch zwei verschiedene Kuchen herstellen - und diese auch auf zweierlei Weise verzieren.
Aber lasst uns nun über die inneren Werte reden: Buttermilch (ja, die bekomme ich mittlerweile ab und an auch in Rom!), Zitronensaft und Abrieb sorgen für ein zitrisch-frisches Geschmackserlebnis. Blaubeeren malen im Teig fruchtig-bunte Tupfer, während das Dream-Team Rosmarin-Zitrone kaum noch vorgestellt werden muss. Im Sommer habe ich Zitronen-Rosmarin-Marmelade gekocht. Diese Kombi ist einfach genial und funktioniert auch im Kuchen.






Zutaten
(für zwei Silikon-Guglhupf-Formen von jeweils 1000 ml Inhalt)


Basisteig

  • 250 g weiche Butter
  • 250 g Zucker
  • 1 P. Vanillinzucker
  • 1 Prise Salz
  • 4 Eier
  • 400 g Mehl, gesiebt
  • 3 Tl Backpulver
  • 200 ml Buttermilch
  • Saft und Abrieb einer unbehandelten Zitrone


Die weiche Butter mit dem Salz, dem Zitronenabrieb, dem Zucker und dem Vanillinzucker mit der Küchenmaschine oder dem Handrührgerät zu einer cremigen Masse verrühren. Nach und nach die Eier einzeln einarbeiten. Abwechselnd das mit dem Backpulver vermischte Mehl, die Buttermilch und zum Schluss den Zitronensaft unterrühren.
Den Teig auf zwei Schüsseln verteilen.
Den Backofen auf 180 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen.


Zutaten für die Teige

  • 125 g Blaubeeren
  • 1-2 El fein gewiegte Rosmarinnadeln


Unter Teig Nr. 1 die Rosmarinnadeln unterühren und dann den Teig in eine Form füllen.
In die zweite Form den Teig abwechselnd mit je einer Lage Blaubeeren einfüllen. Mit Teig abschließen.
Im Ofen ca. 45 Minuten backen.
Dann herausnehmen, auf ein Kuchengitter geben und vollständig abkühlen lassen.


Fertigstellung

  • 185 g weiße Kuvertüre
  • 1/2 Tasse Puderzucker
  • Zitronensaft
  • gemischte Beeren und Rosmarinzweige für die Dekoration


Die Kuvertüre im Wasserbad schmelzen. Eine der Formen mit Küchenpapier kurz auswischen und die Kuvertüre hineinfüllen. Die Form etwas schwenken. Nun den Kuchen mit dem Blaubeeren vorsichtig in die Form drücken und über Nacht in den Kühlschrank stellen.
Hierfür ist unbedingt eine Silikonform erforderlich.
Am nächsten Tag aus der Form nehmen und mit gemischten Beeren servieren.

Puderzucker mit Zitronensaft zu einem zähflüssigen Guss verrühren und über den Kuchen mit Rosmarin gießen. Mit Rosmarin und Beeren verzieren.