Freitag, 24. Dezember 2021

Buon Natale - Frohe Weihnachten!

Rom, Piazza San Lorenzo in Lucina, 2021*

Ihr Lieben,

auch in diesem Jahr, das noch immer von der nicht enden wollenden Pandemie überschattet wird,  wünsche ich Euch ein frohes Fest mit vielen schönen Momenten!

Für uns ist es das erste Weihnachtsfest, das wir wieder in der alten Heimat begehen. Die Erinnerungen an die vielen Jahre Weihnachten in Rom aber bleiben und sind nach wie vor sehr lebendig.

Vielleicht helfen uns gerade die Feiertage, dass sich ein Zuhause-Fühlen wieder einstellt und die Melancholie, die mich täglich begleitet, langsam schwindet. 

Bitte bleibt alles gesund!

🎄🎄🎄


Via del Corso*



*Aktuelle Fotos der Weihnachtsbeleuchtung in Rom, aufgenommen in diesem Dezember





Samstag, 11. Dezember 2021

Zur Weihnachtszeit von Capri träumen - mit Caprilù



Spätestens wenn ich mich bei einem meiner unzähligen Besuche auf Capri der Gelateria Buonocore näherte, wusste ich: Jetzt bin ich wieder richtig auf der Insel angekommen! Es war der unverwechselbare vanillige Duft aus diesem kleinen Laden, der für mich mit diesem Traumziel verbunden bleibt. Die legendäre Pasticceria ist einfach zu finden: Immer der Nase nach! Wenn man sich von der Piazzetta kommend in Richtung des Luxushotels Quisisana vorarbeitet, in dieser engen, abschüssigen Gasse zwischen all den Koffer hinter sich herziehenden Touristen und elektrischen Gepäckwägelchen, lassen die Aromen der frisch gebackenen Eiswaffeln und der feinen Pasticcini vor dem Laden innehalten. Stets bildet sich dort in dem ganzen Trubel eine Menschenmenge, die die Auslagen bewundert, wo aufgetürmt auf großen Servierplatten die feinen Biscotti und Pasticcini präsentiert werden. Darunter die Spezialität der Gelateria: die berühmten Caprilù!





Caprilù gehören nicht zum klassischen Weihnachtsgebäck Italiens, sondern sind eine Spezialität der Insel, die keine Saison kennt. Sie schmecken unter der heißen Sonne Süditaliens in Urlaubsstimmung genauso gut wie bei Schmuddelwetter und Vorweihnachtsstress. Ja, ich würde sogar behaupten, dass sie beides vergessen lassen. 



Das Originalrezept soll angeblich nie verraten worden sein; es bleibt geheim, auch wenn unzählige Rezepte kursieren. Aber ein Bissen offenbart sogleich die Hauptzutat neben den Mandeln: Zitronen - wie könnte es auch anders sein in einer Gegend, in der die Zitrone geradezu symbolhaft ist. Saft, Abrieb und Limoncello verleihen den Biscotti erst ihr typisches Aroma. Das unterscheidet diese Plätzchen von einem anderen Weihnachtsgebäck auf der Basis von Mandeln, den Ricciarelli. Im Gegensatz zu dieser Weihnachtsspezialität aus Siena kommen die Caprilù allerdings ohne Mehl aus, so dass auch an Zöliakie leidende Süßschnäbel nicht ganz auf Plätzchen verzichten müssen. Dazu sollte aber dann auch glutenfreies Backpulver verwendet werden - oder man lässt es wie bei einigen Rezepten ganz weg. 

Und jetzt macht es Euch gemütlich, greift zu und träumt von Capri!




Zutaten und Zubereitung
(für ein Backblech)


  • 250 g geschälte Mandeln
  • 150 g Zucker
  • 5 g Backpulver
  • 3 El Limoncello, möglichst selbstgemacht
  • ca. 30 g Eiweiß (1 Eiweiß)
  • Abrieb einer unbehandelten Zitronen
  • Saft einer halben Zitrone
  • Zucker und Puderzucker zum Wälzen


Den Backofen auf 170 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen und ein Backblech mit Backpapier auslegen.

Die Mandeln portionsweise jeweils mit etwas Zucker fein mahlen.

Die Mandelzuckermischung mit dem Backpulver, Zitronensaft, Abrieb, Limoncello und Eiweiß verkneten. Sollte der Teig noch zu klebrig sein, noch zusätzlich mit Zucker gemahlene Mandeln einarbeiten. 

Aus der Masse kleine Kugeln rollen und diese etwas länglich formen (wie kleine Brote). 
Die Teilchen erst in Zucker und dann in Puderzucker wälzen und auf das Backblech setzten.

Im Ofen ca. 15-20 Minuten backen.






Gourmettipp: 
Gelateria Buonocore
Via Vittorio Emanuele, 35
Capri









Donnerstag, 25. November 2021

Ein Snack für das Homeoffice: Rotolo di pane carasau


Mal schnell eine Auszeit nehmen, das trübe Novemberwetter und die Pandemie vergessen, von Italien und seinen Aromen träumen - wer will das nicht? Oft langt schon ein Gericht, mag es auch noch so bescheiden sein, und man begibt sich auf einen kulinarischen Kurztrip in sein Lieblingsland. Natürlich ist das bei mir Italien, das Land, das so viele Jahre lang mein Zuhause war! Mit dem Kochen hole ich mir vertraute Momente zurück. Oft höre ich dabei - dem Internet sei Dank - meinen Lieblingsradiosender. Und vermeide gerade in dieser Jahreszeit, aus dem Fenster zu schauen!

Pane Carasau bringt uns nach Sardinien. Was es mit dieser Brotspezialität auf sich hat und warum sie auch als Carta di musica bezeichnet wird, hatte ich an anderer Stelle ausführlich beschrieben (Link am Ende). Was für das übrige Italien die Grissini im Brotkörbchen, das ist für Sardinien Pane Carasau. Es lässt sich herrlich beim Warten aufs Essen knabbern, ohne dass man schon satt ist, bevor das Antipasto serviert wird. Gehaltvoller allerdings ist diese üppig gefüllte Rolle, wobei sich auch hier die Kohlehydrate nicht in den Vordergrund spielen. Das Aufrollen ist eine etwas fitzelige Angelegenheit, und ich war schon nahe dran, aufzugeben. Dann packte mich der Ehrgeiz, ich rollte, was - im wahrsten Sinne des Wortes - das Zeug hielt und hob dann das etwas zerfledderte Ergebnis auf das Backblech. Nie hätte ich zu diesem Zeitpunkt gedacht, dass ich das jemals präsentieren kann - schon gar nicht auf dem Blog. Also, falls ihr Lust bekommt, euch nach diesen ehrlichen Worten doch noch an den Rotolo zu wagen, gebt nicht auf! Es geht - irgendwie! Mein Mann, der wieder häufiger im Homeoffice sitzt, war jedenfalls ganz begeistert von diesem Snack. Die inneren Werte zählen halt auch hier!




Zutaten und Zubereitung


  • 4 ganze Blätter Pane Carasau (ersatzweise 16 Viertel)
  • 4 El mittelscharfer Senf
  • 2 Tl Honig
  • je 2 rote und gelbe Paprika
  • 400 g Scamorza affumicata (geräucherte Scamorza)
  • 400 g gekochter Schinken, z.B. Prager Schinken
  • 1 Bund Rughetta
  • Olivenöl extra vergine
  • Salz, frisch gemahlener Pfeffer






Die Paprikaschoten putzen und in Viertel schneiden. Unter dem Backofengrill so lange grillen, bis die Schoten schwarze Blasen werfen. Aus dem Ofen nehmen und mit einem feuchten Küchenhandtuch bedecken. Wenn die Schoten vollständig erkaltet sind, häuten, leicht salzen und pfeffern und mit Olivenöl beträufeln.

Den Senf mit dem Honig verrühren. die Rughetta waschen und vorsichtig trockenschleudern, die Scamorza in möglichst dünne Scheiben schneiden.

Ein Blatt Pane Carasau einweichen, bis es so geschmeidig ist, dass es sich zwar bearbeiten lässt, aber nicht auseinanderfällt. Ich hatte leider nur Viertel, die ich überlappend zusammensetzen musste, um die Basis zu bilden. Auf diese eine zweite Lage eingeweichtes Brot legen.





Die oberste Lage mit etwas von dem Senf-Honig-Gemisch bestreichen und mit Käse, Paprikaschoten, Rughetta und Schinken belegen. Eine weitere Lage eingeweichtes Carasau auflegen, darauf wieder den Senf, Käse und die übrigen Zutaten verteilen. Nun folgt die letzte Lage Carasau, die nun abschließend wieder mit Senf bestrichen und mit den restlichen Zutaten belegt wird. 

Nun das ganze zu einer Rolle aufwickeln. An einigen Stellen wird nun die Füllung durch das zarte Brot brechen. Vorsichtig zusammendrücken und eventuell die Lücken mit zusätzlichen eingeweichten Fetzchen von Pane Carasau verschließen.  

Die Rolle auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen und mit etwas Olivenöl bestreichen.
Im vorgeheizten Backofen (180 Grad Ober- und Unterhitze) 10-15 Minuten backen, bis die Oberfläche leicht Farbe annimmt.

Die Rolle aus dem Ofen nehmen und etwas auskühlen lassen. Dann in nicht zu dünne Scheiben schneiden und mit etwas Rughetta servieren.


Rezeptquelle: Frei nach Sale&Pepe, Juli 2021


Weiteres Rezept und Ausführungen zu Pane Carasau: Pane carasau con pomodorini





Samstag, 23. Oktober 2021

Ein Antipasto für die Feigensaison: Sformatino di parmigiano con composta di fichi

Sformatino di parmigiano con composta di fichi

Wenn ich zufällig an einem italienischen Ristorante vorbeikomme, siegt immer die Neugier. Dann muss ich natürlich einen kurzen Blick auf die Speisekarte werfen. Und jedes Mal frage ich mich: Warum sieht es bei den Antipasti so düster aus? Zudem scheint sich im deutschsprachigen Raum die Vorstellung verankert zu haben, dass ein Antipasto gleichzusetzen sei mit gegrilltem oder eingelegtem Gemüses plus ein paar Schinkenscheiben, Oliven, etwas Mozzarella und ein paar Grissini. Dann noch Insalata mista sowie Vitello Tonnato - und das Kapitel italienische Vorspeisen ist damit bei vielen Gastronomen in Deutschland abgehakt. Sie sind damit kulinarisch nicht hinausgekommen über das Italien der achtziger Jahre. An anderer Stelle hatte ich schon mal berichtet, was ein Antipasto auch sein kann, vor allem in Italien selbst, nämlich ein feines, kleines Gericht. Wo sind sie, die kulinarischen Botschafter Italiens, die die große Chance hätten, der Welt zu zeigen, dass die Küche ihrer Heimat nicht nur banal sein muss. Denn auch Einfaches muss nicht banal sein. Wenige gute Zutaten genügen auch hier, aber die sollte man nicht einfach nur nebeneinander auf den Teller legen. 



Positiv überrascht bin ich aber von den Wochenmärkten in meiner Umgebung. Dort habe ich auch diese wunderbaren Feigen entdeckt, aus denen ich den Kompott zubereitet habe. So schöne Feigen hatte ich selbst auf dem Campo de' fiori nur selten gesehen. Diese ganz leicht pikante Composta di fichi passt wunderbar zu Käse und macht der von mir so geliebten Marmellata di cipolla di Tropea durchaus Konkurrenz. Nicht zu verwechseln ist dieser Feigenkompott mit der Konfitüre aus Kaktusfeigen, die ebenfalls gut zu Käse passt. Aber diese Arbeit tue ich mir so schnell nicht mehr an. Auch habe ich die Fichi d'India hier auch noch nirgends gesehen. Alle drei hier genannten Konfitüren, zusammen mit einem Schälchen aromatischen Honig, sind übrigens die I-Tüpfelchen auf jeder Käseplatte. 






Käse, nämlich ein frisch geriebener und nicht zu gereifter Parmigiano Reggiano, ist die Grundzutat für diesen Sformatino. Diese kleinen, im Wasserbad gestockten Aufläufe werden in Italien auch als Flan bezeichnet. Gemüse alle Art kann dabei verarbeitet werden. Neben einem Flan aus Artischocken ist der mit Parmigiano mein Favorit.





Zutaten und Zubereitung
(für sechs Personen)


Composta di fichi
  • 8-9 Feigen
  • 60 g brauner Zucker
  • 30 ml Aceto Balsamico
  • 1 Prise Salz
  • 1 Chilischote

Drei Feigen zur Seite legen.
Die übrigen Feigen schälen und zusammen mit allen Zutaten in einen Mixer geben und fein pürieren.
Das Feigenpüree in einen Topf geben und bei kleiner Hitze eine Stunde lang köcheln lassen. Kurz vor Ende eine Feige schälen, in feine Würfelchen schneiden und zum Kompott geben.



Sformatini
  • 200 g Parmigino Reggiano, frisch gerieben
  • 3 Eier
  • 120 ml süße Sahne
  • 120 ml Milch
  • Salz, frisch geriebener Pfeffer
  • frisch geriebene Muskatnuss
  • Butter für die Förmchen

Den Backofen auf 180 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen. 6 feuerfeste Förmchen à 100 ml mit Butter ausfetten und in eine Auflaufform oder auf das Backblech stellen.

Alle Zutaten in einem Standmixer aufschlagen und mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss würzen. 
Die flüssige Masse in den Förmchen verteilen. Heißes Wasser auf das Blech gießen und die Sformatini für ca. 25-30 Minuten in den Ofen geben.
Nach dieser Zeit die Förmchen aus dem Ofen nehmen, etwas abkühlen lassen und dann auf die Teller stürzen. Mit dem Kompott, den restlichen geviertelten Feigen und den Parmesantaler anrichten. 

Parmesantaler

Für den Parmesantaler fein geriebenen Parmigiano mit Hilfe eine Ausstechrings auf das mit Backpapier ausgelegte Backblech streuen und im vorgeheizten Ofen (180 Grad) ca. 8 Minuten backen. Abkühlen lassen und vorsichtig vom Papier heben.









Donnerstag, 21. Oktober 2021

Winterliches trifft auf Sommerliches: Polenta gratinata con ratatouille


Nicht nur trifft hier Winterliches auf Sommerliches, auch Norditalien hat ein Rendezvous mit Südfrankreich: Rustikale Polenta aus dem Norden Italiens, mit Gorgonzola überbacken, "herzt" die beliebte Gemüsebeilage aus der Provence. Nebenbei bemerkt: Für mich bleibt eine Caponata die sehr viel raffiniertere Variante aus den fast identischen Zutaten, die man für die Ratatouille verwendet. Ratatouille schmeckt im Vergleich sehr viel puristischer, und allein das Zusammenspiel verschiedener Kräuter verleiht hier das typische, nach Sommer schmeckende Aroma. 

Ach ja, Polenta! Viele Liebhaber hat sie wohl auch in Italien nicht. Etwas abwertend bezeichnet man die Bevölkerung im Norden auch als "Polentoni".  Es waren die Not und die Armut in Norditalien, die die Polenta als Hauptnahrungsmittel auf den Tisch brachte - mit all den verheerenden Konsequenzen, wie es bei diesem Rezept nachzulesen ist. 

Ab und an bereite ich Polenta zu; gerne als "Gnocchi" zu Geschmortem. Selbst in einen Kuchen hat bei mir die Polenta ihren Weg gefunden: In dieser Biskuit-Roulade mit Orangen kann das einstige Arme-Leute-Essen raffiniert auftrumpfen. 

Allerdings bekomme ich jedes Mal, wenn ich die (*flüster*) Instant-Polenta einer in Italien sehr bekannten Marke in den Topf rieseln lasse, ein schlechtes Gewissen. Denn eigentlich müsste ich, wie einst Miracolix über einen Kupferkessel gebeugt, 40 Minuten lang rühren bis der Arm abfällt. Sorry, ragazze e ragazzi, da bin ich raus! Ausweisen aus Italien könnt ihr mich sowieso nicht mehr angesichts dieses Faux pas! 





Zutaten und Zubereitung
(für 4 Personen)



Ratatouille
  • 1 rote Zwiebel 
  • 1 Aubergine
  • 1 Zucchino
  • 1-2 Knoblauchzehen
  • 1 Dose Kirschtomaten im Saft (400 ml Inhalt)
  • Olivenöl extra vergine
  • grobes Salz
  • Salz, frisch gemahlener Pfeffer
  • 1 Zweig Rosmarin
  • ein paar Zweiglein Thymian
  • eventuell noch Kräuter der Provence
  • ein paar Basilikumblättchen zum Anrichten

Die Aubergine in kleine Würfel schneiden, in ein Sieb geben und mit grobem Salz bestreuen. Nach einer halben Stunden gut abbrausen und die Auberginenwürfel trockentupfen. 
Das restliche Gemüse in Würfel schneiden, Knoblauch und Zwiebel fein hacken. Die Nadeln vom Rosmarin streifen und zerkleinern, die Blättchen vom Thymian zupfen. 

Olivenöl in einer Pfanne erhitzen und zunächst die Auberginen scharf anbraten, dann die Zucchiniwürfel sowie die Zwiebeln und den Knoblauch hinzufügen. Ein paar Minuten anbraten, salzen pfeffern und die Kräuter hinzufügen. 

Die Tomaten mit in die Pfanne geben und etwas einköcheln lassen. Zum Schluss noch einmal mit Salz, Pfeffer und eventuell der Provence-Mischung abschmecken.



Polenta
  • 125 g Polenta (Instant)
  • 250 ml Gemüsefond oder Brühe (möglichst selbstgemacht)
  • Salz, frisch gemahlener Pfeffer
  • ca. 50 g Gorgonzola dolce
  • Butter für die Förmchen

Vier feuerfeste Förmchen à 100 ml Inhalt mit Butter ausfetten. Den Backofen auf 180 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen.

Die Ausbeute der jüngsten Gemüsefond-Produktion


Gemüsefond zum Kochen bringen und unter Rühren die Polenta einrieseln lassen. Weiter rühren bis  sich die Masse vom Topfboden hebt. Mit Salz und Pfeffer abschmecken, auf die vier Förmchen verteilen und etwas festdrücken. Die Gorgonzola auf der Oberfläche der Polenta verteilen.





Die Förmchen für ca. 15 Minuten in den vorgeheizten Ofen schieben, eventuell in den letzten Minuten noch den Grill zuschalten.

Förmchen aus dem Ofen nehmen etwas abkühlen lassen, die Polenta herausheben und auf der Ratatouille anrichten. 

⚜⚜⚜

Rezept frei nach einer Idee von Björn Freitag.







Donnerstag, 16. September 2021

Gefüllt mit den Stars unter den Zwiebeln : Calzoncelli alle cipolle di Tropea

 

Für einen "ausgewachsenen" Calzone konnte ich mich noch nie begeistern. Da stimmt für mich das Verhältnis Teig - Belag (oder Füllung, wie man in diesem Fall sagen muss) einfach nicht. Zuviel Teig eben! Dann schon lieber Pizza; natürlich in der neapolitanischen Version. Die besten Pizzen habe ich in den verrufensten Gegenden von Neapel gegessen (wie übrigens auch die feinsten Focacce im berüchtigten Centro Storico von Genua). Übrigens ist eine klassische Pizza nie so mit Belag überladen, wie man es in Deutschland kennt (und liebt?). 



Den Calzone (in Neapel auch Pizza Chiusa genannt) kennt man in vielen süditalienischen Regionen, so zum Beispiel in Apulien auch als Miniversion unter der Bezeichnung Panzerotti. Oft unterscheiden sich die Füllungen ein wenig, aber meist spielen Tomaten, Käse oder auch Schinkenstückchen die Hauptrolle im Innenleben. Für Fischlieber kann man auch ein paar Sardellen in die Füllung schmuggeln; bei vorliegendem Rezept ist das sogar vorgesehen - also, wer mag! Besonders aromatisch werden solche Teigtaschen mit einer zwiebeligen Füllung; für Zwiebelfans wie mich gerade richtig. Meinen Mann kann ich dafür leider nicht so begeistern. Um so mehr Calzoncelli also für mich! 

Diese Calzoncelli lassen sich übrigens - fertig frittiert - auch wunderbar einfrieren. Im Backofen bei 180 Grad aufgebacken, werden sie so knusprig wie frisch aus dem Frittiertopf! Gut, wenn der "kleine Hunger" zuschlägt und man einen kleinen Vorrat im Freezer hat. In weniger als 25 Minuten hat man dann feinstes italienisches Street food in der Hand, das auch so viel "handlicher" als eine Pizza verdrückt werden kann. 




Zutaten und Zubereitung
(für 12 Calzoncelli)


Teig
  • 200 g Mehl 00 + Mehl für die Verarbeitung
  • 200 g Manitoba-Mehl
  • 15 g frische Hefe
  • ca. 240 ml lauwarmes Wasser
  • etwas Salz

Füllung
  • 500 g Tropea Zwiebeln - oder andere milde rote Zwiebeln
  • 200 g Kirschtomaten
  • 80 g entsteinte Oliven, z. B. Taggiasche (möglichst nicht in Öl eingelegt!)
  • 60 g Pecorino, frisch gerieben oder ersatzweise Parmigiano Reggiano
  • 1 Strauß glatte Petersilie
  • Olivenöl extra vergine
  • Salz, frisch gemahlener Pfeffer
  • hoch erhitzbares Pflanzenöl zum Frittieren


Für den Teig die Hefe in einem Schüsselchen zerbröseln und in etwas lauwarmen Wasser auflösen. Dann 240 ml lauwarmes Wasser hinzugießen.

Die beiden Mehlsorten in einer Schüssel vermischen, das Hefewasser hinzugeben und zu einem Teig verkneten. Dabei das Salz zufügen. Eventuell noch etwas Mehl einarbeiten.

Den Teig in eine Schüssel geben, abdecken und an einem warmen Ort  2-3 Stunden gehen lassen. Der Teig sollte sich merklich vergrößert haben. 

Den Teig nochmals durchkneten und in 12 Teile schneiden. Jedes Teigstück zu einer Kugel formen und diese abgedeckt nochmals eine halbe Stunde gehen lassen.

In der Zwischenzeit die Füllung zubereiten. Dafür die geschälten Zwiebeln in feine Streifen schneiden und die Kirschtomaten vierteln sowie die Oliven halbieren. Petersilie waschen, trockenschleudern und die Blättchen mit einem Wiegemesser zerkleinern.

In einer Pfanne Olivenöl erhitzen und die Zwiebelstreifen darin langsam weich schmoren. Dabei etwas Salz hinzufügen. Nun die Tomaten und die Oliven in die Pfanne geben und alles ein paar Minuten köcheln lassen, bis die entstandenen Flüssigkeiten weitgehend verdampft sind. Die Füllung abkühlen lassen und dann die Petersilie und den geriebenen Käse unterrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.






Nun geht es wieder an den Teig. Jede Teigkugel auf etwas Mehl rund ausrollen (ca. 12 cm Ø). 
Auf jedes Teigstück etwas von der Füllung geben und den Teig zu einem Halbmond umklappen. Die Ränder gut verschließen (am besten die Ränder mit Hilfe einer Gabel eindrücken). 

Das Pflanzenöl in einem Topf auf ca. 170 Grad erhitzen und die Teigtaschen portionsweise frittieren.

Die Calzoncelli schmecken am besten frisch aus der Hand (Achtung, nicht die Finger verbrennen!) - oder auch aufgebacken.  

⚜⚜⚜

Rezeptquelle: Frei nach einem Rezept aus Sale&Pepe, Mai 2021




Dienstag, 24. August 2021

Mit einem Hauch von Sizilien: Polpettone ai pistacchi


Kaum in Deutschland angekommen, habe ich mich auf die abenteuerliche Suche nach italienischen Supermärkten und Läden gemacht. Das sollte mich auch etwas von der traurigen Situation ablenken. Ich fühlte mich auf einmal fremd im eigenen Land, da doch Italien mir in den vielen Jahren zur Heimat geworden war. Essen ist ein Stück Heimat, heißt es ja, und so kann schon ein Teller mit einem einfachen Pastagericht unglaublich tröstend sein. Noch immer im Umzugsstress und mit Bergen von auszupackenden Kartons, die sich im neuen Zuhause stapelten, schleppten wir uns eines Abends in ein italienisches Restaurant. Einfach mal abschalten, ein Glas Wein trinken und Trostpasta bestellen. Um es kurz zu machen: ich bekam die mieseste Amatriciana meines Lebens vorgesetzt. Zwischen verkochter Pasta tummelten sich hauchdünne Scheiben von labbrigem Speck. Das ganze wurde in einer Tomatensauce (ich vermeide hier die Bezeichnung Sugo) ertränkt, die -  wohl direkt aus der Flasche kommend, fast glaubte ich ein "Plopp" vernommen zu haben -  nur kurz erhitzt wurde. Der Padrone war nett, wir sprachen italienisch miteinander, deswegen spendierte er uns auch noch zwei Gläschen Grappa, wir sagten nichts, zahlten und gingen.

Natürlich habe ich - dem Internet sei Dank - mal ein wenig die italienischen Restaurants hier studiert, das heißt die Speisekarten. Von Rechtschreibfehlern abgesehen (Ruccola [sic!], Lasagne de ...[sic!], orrechhiette [sic!] ), Pizza Vegetable [sic!]), wenn selbst teure Ristoranti im begehrten Frankfurter Westend-Viertel ihre Antipasti einfallslos mit Insalata Mista und gegrilltem Gemüse (und natürlich Burrata! Burrata ist das neue Mozzarella di bufala) beginnen und mit Dolci wie Tiramisu und Panna Cotta abschließen - von Tortellini in Schinken-Sahne-Sauce ganz zu schweigen -, dann haben manche wohl keine Phantasie oder irgendeine Entwicklung (Stichwort: Cucina rivisitata) verpasst! Die meisten Gastronomen hier sind leider keine Botschafter einer der besten Küchen der Welt! Peccato! Italien hat Regionen, carissimi! Und jeder Region hat ihre Spezialitäten! Capito?! 

Glücklicherweise gibt es für das Selberkochen italienische Supermärkte. Auch wenn Produkte von Marken angeboten werden, die ich in Italien noch nirgends gesehen habe - und ich bin nicht nur in Rom in Läden und auf Märkte zum Einkaufen und Stöbern gegangen! Aber in der Not... Ich habe wenigstens bei einem meiner ersten Einkaufsrunden schöne Tropea-Zwiebel - einen ganzen Zopf - gefunden und dann auch gleich Konfitüre daraus gekocht. Die gekaufte Mozzarella war meist nicht mehr frisch, das musste ich leider öfters feststellen. Aber da bin ich auch sehr verwöhnt. Wer einmal "kuhwarme" Mozzarella di bufala probiert hat, wird das verstehen. Wie man hier zu einem vor Verzückung die Augen verdrehenden Mozzarella-Fan werden kann, ist für mich deshalb kaum nachvollziehbar angesichts der angebotenen Qualität und mangelnden Frische. Auch verstehe ich nicht, dass man die (italienischen) Verkäuferinnen und Verkäufer geradezu anbetteln muss, sie mögen doch bitte etwas Molke mit in die Tüte geben. In Italien war das eine Selbstverständlichkeit.




Nach längerer Pause nun also zurück auf dem Blog! Als erstes Gericht gibt es  hier - nein - keine Pasta (auch wenn ein Pastagericht das erste war, das ich in meiner neuen Küche gekocht habe), sondern einen Hackbraten. Polpettoni erfreuen sich in Italien großer Beliebtheit. Mein ehemaliger Metzger am Campo de' fiori hatte stets eine reiche Auswahl an fertigen Hackbraten in Aluschalen und kleinen Hackklößchen in den Auslagen, die sich gerade am Wochenende großer Beliebtheit erfreuten - so mein Eindruck. Da wollte man nicht lange in der Küche stehen oder das Hausmädchen hatte auch mal frei. Um es vorweg zu nehmen: diese Polpettoni schmeckten exakt nach nichts! Selbst hatte ich zwar niemals so ein Teil gekauft - allein die blasse Farbe (zu viel Semmelbrösel?) schreckte mich ab -, aber diverse Exemplare von Nachbarn und Bekannten vorgesetzt bekommen. Mit den besten Absichten! Egal ob mit Artischocken, eingelegten Pilzen oder Zucchini, die man irgendwie in den Fleischteig eingearbeitet hatte - die Dinger waren einfach nur fade und schmeckten ungewürzt. Oft, das musste ich immer wieder mit Erstaunen feststellen, liebt man in Italien gerade diese geschmacksneutralen Zubereitungen. Ja nicht zu scharf durfte es sein (ich lasse jetzt mal Kalabrien außen vor, dort liebt man eine gewisse Schärfe)!  Bei Einladungen habe ich stets darauf geachtet und sparsam gewürzt. Knoblauch war ebenfalls ein "No-Go"! Ich jedenfalls liebe gut gewürzte Hackfleischgerichte, für mich darf es auch sehr pikant sein! 

Stichwort Sizilien. Das einzig Sizilianische an diesem Hackbraten versteckt sich im Fleischteig. Aus Italien hatte ich mir noch Pistazien aus Bronte mitgebracht, einem Städtchen in Sizilien, das für die Qualität seiner Pistazien berühmt ist. Ja, und eigentlich trifft es auch den italienischen Geschmack, denn mir war der Hackbraten ein fast zu milder Gaumenschmaus. Unsere italienischen Freunde hätte ich jedenfalls glücklich damit gemacht! Leider konnte ich für das Rezept nicht die fettere und aromatischere Ricotta Romana aus Schafsmilch auftreiben. Sicherlich hätte diese dem Fleischteig eine gewisse Saftigkeit geschenkt, die ich beim Rezept leider etwas vermisst habe. Aber an Rezepten kann man ja noch arbeiten, und vielleicht erhasche ich demnächst - irgendwo hier - auch wieder meine geliebte Ricotta di pecora




Zutaten und Zubereitung


  • 250 g Kalbshackfleisch
  • 250 g Hackfleisch gemischt (Rind und Schwein)
  • 250 g Ricotta - möglichst aus Schafsmilch
  • 60 g Parmigiano Reggiano, frisch gerieben
  • 50 g ungesalzene und geschälte Pistazien, grob zerkleinert
  • Thymian (frisch oder gerebelt)
  • Salz, frisch gemahlener Pfeffer
  • frisch geriebene Muskatnuss
  • 20 g Butter
  • ca. 300 ml Gemüsebrühe
  • Backpapier und Küchengarn


Drei Eier 7 Minuten kochen, abschrecken und schälen.
Alle Zutaten bis auf die Pistazien, die Butter und die Gemüsebrühe miteinander vermengen und kräftig mit den Gewürzen und Kräutern abschmecken.
Den Backofen auf 180 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen.

Den Fleischteig auf einem Stück Backpapier mit den Händen zu einem ca. 1 cm dicken Rechteck drücken. Mit den gehackten Pistazien bestreuen. Die Eier nahe der längeren Seite auflegen und dann den Teig mit Hilfe des Backpapiers fest aufrollen. Die Enden mit Küchengarn verschließen. 

Die Rolle in eine Auflaufform legen und mit einer Nadel mehrmals einstechen. Die Butter in Flöckchen darauf verteilen und die Brühe angießen.
Für 50 Minuten in den vorgeheizten Ofen geben. 

⚜⚜⚜

Rezeptquelle: Sale&Pepe, Mai 2021


Italien auf unserer Terrasse






Donnerstag, 22. Juli 2021

Tra dolce ed amaro - Arrivederci Roma!


Nun war er also gekommen: der Tag, den ich immer gefürchtet hatte, obwohl er unvermeidlich war. Nach 29 Jahre endete für meinen Mann die Entsendung nach Italien. Und damit endete schon einige Monate zuvor unser Leben und unser Alltag in der "erstaunlichsten Stadt des Universums", in Rom!

Nach Monaten der Pandemie mit zum Teil hartem Lockdown erwischte mich diese Nachricht eiskalt. Rom war doch mein Zuhause! Hier begann das gemeinsame Leben mit meinem Mann. Der Stadt, über die ich so oft schimpfte, die, entgegen den ganzen Klischees von der dolce vita, Nerven rauben konnte wie keine zweite, sollte ich nun Lebwohl sagen. Meine ersten Reaktionen waren von Verzweiflung geprägt. Ich werde nie mehr nach Rom reisen, erklärte ich unter Tränen. Nie mehr kann ich zukünftig nach Rom kommen, durch "unser" Viertel spazieren, die Fassade hinaufschauen zu unserer Wohnung, einen Teil der Terrasse erspähen, mit der Palme, die ich einst als Winzling aus einem deutschen Baumarkt mitgenommen hatte und die sich unter römischen Himmel prächtig entwickeln sollte. Ich musste sie zurücklassen wie auch viele andere lieb gewonnene und gehegte Pflanzen, so mein Zitronenbäumchen, aus dessen Früchte ich schon Limoncello angesetzt hatte! Eine liebe Nachbarin tröstete mich: Ihr werdet hier nie einfach nur Touristen auf Italienreise sein, wenn ihr die Stadt zukünftig besucht, ihr werdet immer dazugehören - hier in das Viertel Regola, hier in diesen geschichtsträchtigen Palazzo in der Via Monserrato!

Der Umzug selbst war kräftezehrend. Eine Woche Chaos in Rom, 500 Umzugskisten, die letzte, traurige Nacht in einem kleinen Appartement, da wir kein Bett mehr hatten, Kringel seit Tagen bei ihrer Catsitterin. Erst spät am Abend konnten wir am Umzugstag aufbrechen, holten eine gestresste und abgemagerte Katze ab, die fast die ganze Fahrt lang ihren Unmut bekundete (sie spürte die Veränderungen, die anstehen sollten), deren Schreie mir fast das Herz zerrissen! Wir übernachteten völlig übermüdet in Trento, dann ging es am folgenden Tag weiter Richtung Deutschland.  Nun lebe ich schon fast zwei Monate wieder in meiner Heimatstadt, viele Kartons (Bücher, Tausende!) sind noch unausgepackt - und fühle mich einfach nicht wirklich angekommen. Morgens nach dem Aufwachen erscheint mir alles wie ein böser Traum. Rom und mein Leben dort sind noch zu präsent!

Natürlich stellte sich mir auch die Frage, wie es mit meinem Blog weitergehen soll, ja, ob es überhaupt weitergehen wird. Rezepte und Geschichten hätte ich ja noch genug, aber nun werde ich nur eine weitere "Deutsche" sein, die sich "erlaubt", über italienische Küche zu schreiben. Und die das Ganze dann nicht mal mit den üblichen "Italo"-Klischees aufmotzt (was viele eigentlich lieber lesen wollen!). Für mich wird mein Blog immer mehr zu einem sehr persönlichen Erinnerungsbuch an diese oft schwierigen, doch auch wunderbaren Jahre in Rom und Italien. Auch wenn der Alltag hier nicht selten zeit- und nervenraubend war - und das kann sich nur vorstellen, wer hier lebt oder einmal gelebt hat -, ich habe unglaublich schöne Dinge erleben und erfahren dürfen. Ich hoffe, dass ich eines Tages mit Dankbarkeit darauf zurückblicken kann. Ich fühle mich diesem Land irgendwie schicksalshaft verbunden - von meiner Kindheit an!

Was mir am meisten fehlen wird - außer liebgewonnen Menschen natürlich? Vielleicht das Meer. Das heißt, allein die Option zu haben, ans Meer fahren und alle Schattierungen von Wasser und Himmel in mich aufsaugen zu können - diese Farben! Oft fehlte nur die Zeit dazu, es ausgiebig zu genießen. Und die Palmen und Pinien fehlen mir. Die Palazzi. Die Brunnen. Die Antike. La Grande Bellezza! Ganz einfach mein römischer Alltag. So viel!

Grazie, Roma!





Dienstag, 11. Mai 2021

Der authentische Geschmack von Rom: Mezze maniche rigate alla gricia con i carciofi


Ideen für das Abendessen kommen mir oft unterwegs. Auch wenn ich über zu schreibende Texte nachdenke, formuliere ich sie oft auf den Straßen der Stadt und präge mir die Formulierungen ein. Aber noch davor steht, wie gesagt, die Frage: Was koche ich heute? Ich bin da eher spontan dabei und plane nie für eine ganze Woche vor. Zum einen will ich mich nicht festlegen lassen, auf was ich - sagen wir - am Freitagabend Appetit habe. Zum anderen scheitert hier das Vorausplanen oft am Angebot. Es ist zwar besser geworden, aber ich erinnere mich noch an wenig zurückliegende Zeiten - besonders in den Ferienmonaten: da musste man kaufen, was man kriegen konnte. Irgendwann habe ich das verinnerlicht. Sehe ich etwa frischen Mönchsbart oder knackigen Spargel - schwupps landet das im Einkaufskörbchen. 




Vergangenen Samstag aber schnappte ich im Vorübergehen eine Idee auf. Wir waren in der Stadt unterwegs und steuerten eine Eisdiele an; ein Eis als Mittagsessensersatz sozusagen, das erste in diesem Jahr. Auch wenn zur Zeit keine Touristen unterwegs sind, die Stadt blüht gerade auf. Ich erlebe hier Straßenszenen, wie ich sie bislang aus Athen kenne. Da die Restaurants zwar wieder geöffnet haben, wegen der Sperrstunde aber um 22 Uhr schließen müssen, sitzen die lieben Römerinnen und Römer zu ungewöhnlichsten Zeiten beim Essen. Hauptsache raus, im Freien am gedeckten Tisch sitzen und sich mal wieder bedienen lassen - ich kann es so gut verstehen! Auf einmal herrscht hier quasi Urlaubsatmosphäre. Ganz ohne Massentourismus! Wenn es diesen verflixten Virus nicht gäbe, so könnte der Idealzustand in einer der schönsten Städte der Welt aussehen!  




Und dann passierte es: Wir gingen an einem Restaurant vorbei, ein Kellner ratterte dort die Speisekarte herunter und da schnappte ich ein Gericht auf: Gricia con i carciofi!

Ja, das war es! Warum hatte ich das nicht längst zubereitet. Ich liebe alla gricia, ich liebe Artischocken, ich liebe Pasta! Zudem ist es ein so urrömisches Gericht, authentischer kann eine Pasta kaum nach Rom schmecken. Dafür sorgen nicht zuletzt der Guanciale (Guanciale, bitte, keine Pancetta) und der unvergleichlich aromatische Pecorino ROMANO (!) - der mit der schwarzen Rinde! Den habe ich neben Parmigiano Reggiano immer vorrätig. 

Pasta alla gricia ist ja praktisch die Urversion der Amatriciana - nur eben ohne Tomaten. Eng verwandt ist dieses Pastagericht in seiner einfachen Version ohne Artischocken auch mit Cacio e pepe. Beide Gerichte teilen sich die Herausforderung an Köchin oder Koch, allein mit geriebenem Käse und etwas Nudelkochwasser eine cremige, die Pasta überglänzende Käsesauce entstehen zu lassen. Da heißt es:  üben!

Geübt habe ich dieses Mal auch das Putzen der Artischocken. Zunächst auf dem Campo de' fiori meiner Marktfrau noch einmal über die Schulter geguckt (einmal wieder!), gleich anschließend  ein neues scharfes Kneipchen gekauft und mich zu Hause dann an die Arbeit gemacht. Naja, ich muss wirklich noch üben!  




Zutaten und Zubereitung
(für 2-3 Personen)


  • 3 Artischocken (Typ "romanesco" - "mammola")
  • Saft einer halben Zitrone
  • 150 g Guanciale
  • 80-100 g Pecorino Romano
  • 1 Gläschen Weißwein
  • Olivenöl extra vergine
  • Salz, frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
  • 250 g Mezze maniche rigate (oder ersatzweise Rigatoni) 



Eine Schüssel mit Zitronenwasser bereitstellen. Zum Putzen der Artischocken am besten Gummihandschuhe anziehen und vor allem ein sehr scharfes kleine Gemüsemesser verwenden.

Den Stiel auf ca. 2 cm Länge kürzen und diesen verbleibenden Stiel schälen. Von den Artischocken die äußeren Blätter entfernen bis Blätter mit fast weißem Blattansatz zum Vorschein kommen. Ungefähr einen Zentimeter über dem Blattansatz das Messer ansetzen und die Artischocken drehen. Nicht die Messerhand, sondern die "Artischockenhand" ist in Bewegung. Dabei muss man sich bis zur Spitze hocharbeiten. Keine Sorge, wenn es viel "Abfall" zu geben scheint. Die geputzten Artischocken bis zur weiteren Verarbeitung in das Zitronenwasser legen.



Schritt 1: die äußeren Blätter entfernen


Schritt 2: Links die (von meiner Marktfrau) geputzte Artischocke



Die Artischocken vierteln und das feine Heu entfernen (diese Artischockenart hat sehr wenig Heu).
Jedes Viertel der Länge nach in feine Spalten schneiden.





Den Guanciale in ca. einen halben Zentimeter dicke Scheiben schneiden und diese dann nochmal in Streifen. Ein Pfanne erhitzen und den Guanciale kross anbraten. Aus der Pfanne nehmen und auf ein Stück Küchenpapier legen.

Ein wenig Olivenöl in derselben Pfanne erhitzen und die Artischockenstreifen ca. 5 Minuten anbraten. Dann mit dem Weißwein ablöschen, diesen etwas eindampfen lassen und die Artischocken leicht salzen. Ein Schöpfkelle Wasser hinzugeben und weiter 5 Minuten köcheln lassen. Den Guanciale in die Pfanne geben.

Die Pasta al dente kochen.

Pasta abgießen und in der Pfanne kurz erhitzen. Pfanne vom Herd nehmen!

Den frisch geriebenen Pecorino zusammen mit ca. einer Schöpfkelle Nudelwasser unter die Pasta mischen, bis sich Käse und Wasser zu einer glatten Konsistenz vereinigt haben und die Pasta "überglänzen".

Mir viel frisch geriebenem schwarzen Pfeffer servieren.