Freitag, 24. April 2020

Trost der Pasta: Ravioli ai pomodorini secchi con ricotta

 


In den vergangenen Wochen fand ich Trost im Hefeteig - also in der Herstellung desselben.
Das scheint ein kollektives Phänomen zu sein (wer immer eine tiefenpsychologische Erklärung dafür hat - her damit), gibt es doch auch hier in Italien keine frische Hefe mehr zu kaufen. Auch blieb das Regal mit den Mehlbeständen im Supermarkt öfters unaufgefüllt. Glücklicherweise hatte ich mir einen kleinen Vorrat an Trockenhefe angelegt. Es hatte etwas Tröstliches, den monotonen Geräuschen der Küchenmaschine zu lauschen und den handwarmen Teig zwischen den Fingern zu spüren. Dieses Warten, Kontrollieren,  ob der Teig auch gut aufgangen ist, das Formen und Backen empfand ich als zutiefst befriedigend.
Backen, Backen, immer nur Backen. Warum nur hatte ich keine Lust mehr am Kochen? Oder gar am Bloggen? Natürlich habe ich weiterhin für unser Abendessen in der Küche gestanden, geschnippelt, Töpfe auf den Herd gestellt, Aufläufe in den Ofen geschoben und dabei überlegt, was ich in den kommenden Tagen wohl zubereiten werde - falls sich überhaupt ein Einkauf planen ließ. Aber was das anbelangt, bin ich in Italien sowieso nicht so verwöhnt. Es war hier nie so, dass ich das, was ich suchte, automatisch an diesem Tag auch kaufen konnte. Das mag zum Teil auch an der Einkaufssituation in einem historischen Stadtzentrum, das zudem vom Tourismus überrannt wurde, geschuldet sein.





Empathie in Zeiten von Corona


Pastamachen macht glücklich - das war lange Zeit mein Credo. Wenn es mit Hefeteigen gelingt, einen psychischen Zustand zum Positiven hin zu verschieben, muss es doch auch mit der bewährten Pasta funktionieren. Dachte ich!
Ich muss gestehen, dieses Mal war eine ganze Menge an Selbstdisziplin gefordert. Und obwohl ich mit dem Ergebnis zufrieden sein konnte, spricht es für sich, dass ich nicht gleich voller Elan an die Bildnachbearbeitung und ans Bloggen ging. Während ich früher fast nahtlos vom Einkaufen über die Zubereitung und das Fotografieren an den Pc eilte, um einen Text zu schreiben - auch wenn ich die ein- oder andere Sorge hatte oder es die Zeit kaum zuließ -, schlummerte nun mein unfertiger Beitrag tagelang auf der Festplatte im Tiefschlaf.

Ich fühle mich zur Zeit wie blockiert und kann mich schlecht konzentrieren. Weit entfernt bin ich von der Inhalten der regelmäßig erscheinenden Blogbeiträge im Live-Style-Sektor, die der Corona-Krise soviel Positives abgewinnen können und in denen den Leser*innen freudestrahlende und perfekt geschminkte Gesichter auf Blumenwiesen entgegenstrahlen. Ich kann nur den Kopf schütteln über dieses Herzeigen der eigenen heilen Welt mit der perfekten Familie am perfekten Wohnort im perfekten Outfit, während anderswo Tod, Trauer und Arbeitslosigkeit Menschen in die Verzweiflung reißen. Beiträge, in denen die ganzen positiven (!) Seiten von Corona aufgezählt werden, lassen mich irritiert, ja wütend zurück. Ist es denn so schwer, ein wenig Empathie in diesen Zeiten aufzubringen?

Nein, ich bin nicht der Ansicht, dass wir uns auch jetzt von Kummer überwältigen und jegliche Hoffnung fahren lassen sollten! Natürlich will man auch Mut machen und auf die schönen Dinge des Lebens verweisen. Dafür aber braucht es Empathie und Fingerspitzengefühl. Manche (Selbst-)Darstellungen aber empfinde ich als einen Schlag ins Gesicht derjenigen, denen es eben nicht so gut geht! Das alles hat für mich auch nichts mehr mit einer positiven Grundhaltung zu tun, die, in richtige Worte gekleidet, weniger Glückliche stützen und aufrichten könnte.

Während viele zurecht die Augen rollen über das "Jammern auf hohem Niveau", sehe ich dieses "was geht es uns gerade so gut!" oder sogar "für mich könnte es auch so weitergehen" ebenso kritisch. Natürlich akzeptiere ich jede andere Meinung dazu - jeder hat auch seine ganz persönlichen Kniffe, mit der Situation zurechtzukommen -, aber in einem Land zu leben, in dem in einigen Regionen die pure Verzweiflung herrscht, in dem die Krankheit so wütet, dass man zur Triage greifen muss, hat meine Einstellung zum Thema Alltag und Corona, die einigen geradezu verbittert erscheinen mag, geprägt.

Ob das Pastamachen mich auch in diesen schweren Zeiten ein wenig "glücklich" machen kann? Zumindest lenkt es etwas von den Sorgen ab - für ein paar Minuten. Und das Genießen später bescherte dann doch noch einen winzigen Glücksmoment!

Bleibt alle gesund!

#iorestoacasa
#wirbleibenzuhause









Zutaten
(für zwei bis drei Personen)



Pasta
  • 150 g Mehl 00  (vergleichbar dem deutschen Mehl 405)
  • 50 g gemahlenen Hartzweizengrieß (Semola di grano duro rimacinata)
  • 2 Eier
  • ein wenig Salz
  • ein paar Tropfen Olivenöl (fakultativ)
  • eventuell etwas Wasser oder noch etwas Hartweizengrieß

Nach meinem Grundrezept den Pastateig zubereiten.


Füllung

  • 12-14 getrocknete und in Olivenöl eingelegte Pomodorini (kleine Tomaten)
  • 75 g Schafskäse-Ricotta
  • 75 g geräucherte Ricotta al forno (oder einen anderen geräucherten weichen Käse)
  • 20 g Walnusskerne
  • ca. 15 g Semmelbrösel
  • 1 ganzes Ei und ein Eigelb (Eiweiß für die Teigplatten zur Seite stellen)
  • Salz, frisch gemahlener Pfeffer


Die kleinen Tomaten in einem Sieb abtropfen lassen. In einem Mixer die Walnüsse zusammen mit den Semmelbrösel fein mahlen. dann die Tomaten mit in den Mixer geben und zerkleinern. Die Käsesorten, das Ei und ein Eigelb hinzufügen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.





Wie im Grundrezept beschrieben den Pastateig zu Bahnen ausrollen und nach und nach diese auf einem gut mit gemahlenem Hartweizengrieß bemehlten Pastabrett mit der Füllung versehen. Mit einem mit Eiweiß bestrichenen Teigstreifen abdecken, vorsichtig mit dem kleinen Nudelbrett darüberrollen und dann die Ravioli auf die Arbeitsfläche stürzen. Eventuell noch zusätzlich die einzelnden Ravioli mit einem Teigrädchen trennen.
Die Ravioli für etwa 2 Minuten in kochendes Salzwasser geben.


Fertigstellung

  • ca. 20 getrocknete und in Olivenöl eingelegte kleine Tomaten
  • 2 El Pinienkerne
  • Thymian, frisch oder getrocknet
  • frisch gemahlener Pfeffer
  • Parmigiano Reggiano, frisch gerieben


Die getrockneten Tomaten in Streifen schneiden, die Pinienkerne etwas anrösten.
Mit den Ravioli vermischen und mit Salz, Pfeffer und Thymian abschmecken.
Geriebenen Parmigiano dazu reichen.






Rezeptquelle: Nach einer Idee aus "D", Beilage der La Repubblica, April 2020





4 Kommentare:

  1. Liebe Ariane, danke für deine Betrachtungen.
    Ganz klar, dass für unzählige Menschen diese Zeit sehr schwierig ist. Gleichwohl gilt es, den Mut nicht zu verlieren oder sich in Trübsinn hineinzusteigern.
    Hier in Südthailand geht nichts ohne Maske, Temperaturmessen (vor jedem grösseren Shop) und Händedesinfektion. Auf den Strassen gibt es viele Checkpoints mit der selben Kontrolle. Abstand halten wird von Anfang an praktiziert.
    Glücklicherweise gibt es keine diagnostizierten Fälle in meiner Umgebung.
    Was die Versorgung mit Lebensmitteln betrifft, darüber kann auch ich ein Lied singen: die Verfügbarkeit ist selbst in normalen Zeiten manchmal mangelhaft. Einkaufen mit einer Liste für ein bestimmtes Menü oder Gericht lässt man hier besser bleiben und richtet sich nach dem verfügbaren Angebot. Ich bevorrate mich deshalb seit jeher mit allem möglichen, habe auf meinem Blog auch ganz viele Gerichte, die sich aus Vorräten zubereiten lassen, siehe «Rezepte A–Z», bezeichnet mit einem roten «V».
    Bleib gesund und verlier auch deinen Humor nicht!
    Mit besten Grüssen aus Fernost, FEL!X

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    1. Lieber Felix,

      zum ersten Mal soll es einen Rückgang an Neuinfektionen geben; das ist doch mal eine gute Nachricht, die aufatmen lässt.
      Allen Gegnern der strengen Maßnahmen sei nun bewiesen, dass Kontaktsperre und Mundschutz sehr wohl etwas bewirken.
      Ich hoffe, es geht weiter aufwärts!

      Bleib gesund!

      Saluti
      Ariane

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  2. Guten Morgen nach Rom liebe Ariane,

    immer wieder habe ich in Deinem Blog nach einem neuen Beitrag geschaut in den vergangenen Wochen.
    Ja, auch bei uns haben sich die Zeiten geändert, auch wenn es in Deutschland angeblich positiver aussieht. Trotzdem sind die Situationen für alle Betroffenen sehr schwer auszuhalten.
    Auch ich habe versucht mich zu beschäftigen mit Dingen, die mich von der derzeitigen Lebenssituation ablenken, was nicht immer geht. Wir werden von der Regierung und unsern Wissenschaftlern geradezu vollgeschüttet mit Informationen, die uns helfen sollen, unser jetziges Leben versuchen anders zu leben. Es soll eine Hilfestellung sein, die uns zeigen soll, wie wir jetzt unser Leben verändern müssen.

    Ich habe natürlich auch gebacken mit und ohne Hefe, was nicht immer geklappt hat. Dann bin ich frühzeitig unter die Näherinnen gegangen und habe Gesichtsmasken für alle genäht. Das hat ebenfalls schon vor 3 Wochen geholfen und ist jetzt aktuell.
    Unser Einkaufsverhalten hat sich geändert, wir können vieles bestellen und es dann selbst abholen, ohne in das Gewühl des Supermarktes zu gehen. Dies ist für uns innerlich eine Hilfe.
    Wir waren froh, als wir hörten, dass gerade unser kleines Krankenhaus einen Patienten aus Italien aufnahm und ihm helfen konnte.

    Urlaube sind nun erst einmal ganz passé,; aber das ist für uns zweitrangig und wir wissen, dass es nun ein anderes Leben in unserer Welt geben wird. Die Hauptsache ist jedoch, dass das jeder Mensch wissen muss und ab sofort danach leben sollte.
    Auch Dir und Deinem Mann wünsche ich weiterhin gute Gesundheit und positives Denken.

    LG Biggi

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    1. Liebe Biggi,

      toll, dass Du Masken nähst!
      Mit Nadel und Faden bin ich ja eine totale Niete. Ich hätte schon in der Schule lieber am Werkunterricht teilgenommen. Seltsam, denn meine Mutter war, obwohl nicht vom Fach, eine wahre Meisterin im Nähen und Stricken. Für sie war das ihr Hobby, wie für mich mein Hobby in der Küche stattfindet.
      Super, dass das Krankenhaus auch einen Patienten aus Italien aufgenommen hat! Wie schön doch, wenn Menschlichkeit auch in diesen Zeiten nicht abhanden kommt!

      Euch wünsche ich von Herzen alles Gute! Bleibt gesund - und sicher geht es dann für Euch auch wieder in die Ferne - gerne Richtung Roma...

      Saluti
      Ariane

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