Dienstag, 9. Oktober 2018

Trüffel küsst Schweinswurst: Pasta alla Norcina



Habe ich schon erwähnt, dass ich nicht so der große Fan von Salsicce bin? Ja, mir fällt ein, ich hatte das an dieser Stelle schon einmal erzählt. Mir sind sie in der Regel zu fett, zu grob - und ja - zu geschmacksneutral. Ab und an kaufe ich so ein Exemplar, um sie in ein Ragù zu schmuggeln.
Aber sonst?
Nun gibt es aber Gerichte, die verlangen nach diesen Schweinswürsten, wie etwa  die Pasta alla Norcina, jenem beliebten und deftigen Gericht aus dem umbrischen Städtchen Norcia. Dieser Ort, Geburtsstätte des Schutzpatrons von Europa, des Hl. Benedikts, ist  für seine Salsicce, aber auch für den schwarzen Sommertrüffel bekannt. Leider haben vor zwei Jahren mehrere starke Erdbeben der Gemeinde großen Schaden zugefügt. Der Zufall wollte es, dass wir in der Gegend waren, als die Erde wieder einmal heftig wackelte. Ich kann mich noch erinnern, dass mich eine Mitteilung erreichte: "Bist Du ok?" lautete die ängstliche Frage, und sie kam von der lieben Kerstin vom Blog Kerstins Speisekammer. Ich war verwundert, hatten wir doch beim Autofahren nichts davon mitbekommen. Dafür aber umso heftiger beim Abendessen im ungefähr 50 Kilometer entfernten Trevi. Bei einem starken Erdstoß wollten wir schon aufspringen und fluchtartig die Trattoria verlassen -  es hat nicht viel gefehlt. Über uns schaukelten die Lampen, und da war auch wieder dieses unheimliche Knarzen. Ich wollte dann nur noch nach Hause, weiß ich doch aus Erfahrung, dass es bei Erdbeben in Mittelitalien auch in Rom wackelt. Wir haben mehrere erlebt, und mit Schaudern fällt mir immer dieses Grollen tief aus der Erde ein, das die Beben begleitet. Sorgen machte ich mir vor allem um Kringel, aber sie empfing uns Stunden später ganz fröhlich. Die beiden Fotos entstanden übrigens an genau diesem Tag. Noch sieht darauf alles ganz friedlich aus, so wie sich die leicht melancholische Landschaft Umbriens im Herbst präsentiert:






Zu den Spezialitäten dieser Gegend gehört nun die Pasta alla Norcina, von der es auch eine Version mit fein gehobeltem schwarzen Sommertrüffen und Sardellen gibt; auf den Speisekarten findet man das aber auch unter der Bezeichnung "al tartufo nero" (schwarzer Trüffel) oder "al tartufo estivo" (Sommertrüffel). Zu meiner Freude verstecken sich da nicht immer Sardellen zwischen den Trüffeln. Aber vor allem das Pastagericht mit der Wurst ist unter dieser Bezeichnung bekannt.




Wenn nun Salsicce mit Trüffel veredelt werden, bin auch ich nicht abgeneigt, mich wieder einem Rezept mit den fetten Schweinswürsten zu nähern.
Dazu braucht man aber erst einmal Wurst von hervorragender Qualität. Der Zufall wollte es, dass uns am vergangenen Wochenende eine große landwirtschaftliche Ausstellung mit Marktständen an einen Ort lockte, an dem in der Antike Wagenrennen stattgefunden hatten. Bei leider regnerischem Wetter durchstreiften wir den Circus Maximus auf der Suche nach Spezialitäten aus allen Regionen Italiens. Uns da waren sie auf einmal: Super frische Salsicce! Gesehen - gekauft!





Diese Würste sind nur mit etwas Salz gewürzt. Andere Gewürze wie Fenchelsamen, der in Italien selbst bei weitem nicht in alle Salsicce kommt, würden den Trüffelgeschmack auch gänzlich verfälschen.Wer dieses Gericht zubereiten möchte, sollte beim Einkauf also darauf achten. Bitte auch keine Salsiccia mit Peperoncino verwenden; wir bewegen uns mit diesem Gericht in Umbrien und nicht in Basilikata oder Kalabrien. Da im Ausland wohl noch immer viele Händler und Gastronomen aus dem Süden Italiens kommen, dominieren natürlich auch die Produkte dieser Regionen das Angebot - und beeinflussen somit den mitteleuropäischen Hobbykoch. Ich kann gar nicht oft genug erwähnen, dass der kulinarische Reichtum Italiens so viel mehr bietet als nur süditalienische Spezialitäten und Zubereitungsarten.

Die Pastasorte! Für die Italiener ist es ja von ganz besonderer Bedeutung, die passende Pasta für ihre Traditionsgerichte zu wählen; da versteht man hier keinen Spaß! "Alla Norcina" wird in der Regel mit Penne zubereitet - oder mit Strangozzi! Diese beiden!
Bei mir war die Wahl einfach. Zum einen hatte ich keine Penne vorrätig, zum anderen wollte ich unbedingt nach eine längeren Sommerpause mal wieder selber Pasta machen.
Den Strangozzi ähnlich sind Bigoli, eine Sorte aus dem Veneto (dafür hat meine Pastamaschine nämlich einen Aufsatz). Da die Verarbeitung eines Pastateigs mit Ei für mich einfacher ist - das Kneten vor allem -, mussten die Ei-losen Strangozzi den Venezianern den Vortritt lassen. Wenn es einmal ganz schnell gehen soll, kann man einfach Penne nehmen und bewegt sich damit im authentischen Bereich. Es sollte auf jeden Fall eine "rustikalere" Pastasorte sein.




Trüffel! Auch in Rom nicht ganz so einfach ist die Suche nach schwarzen Sommertrüffeln aus Umbrien. Für unverschämtes Geld findet man sie in Feinkostläden; drei verschrumpelte, eingelegte Bällchen für bis zu 36 Euro.
Nun kann man schwarze Sommertrüffel nicht mit der umwerfenden Qualität und dem Aroma von Alba-Trüffeln vergleichen (wer sich da etwas ganz Besonderes gönnen will, bitte hier entlang), die ja auch erheblich teurer sind, aber sie bleiben für diese Gericht unentbehrlich. Dieses Mal verwendete ich getrocknete Trüffelscheiben, die man, ganz wie bei getrockneten Steinpilzen, vorher in warmem Wasser einweichen musste. Für extra Aroma - besonders aromatisch waren diese Trüffelscheiben nämlich nicht - sorgte noch etwas Trüffelsalz, von dessen Qualität ich wirklich überzeugt bin. Das gebe ich gerne auf mein Sonntagsfrühstücks-Ei oder auch ins Rührei.
Hände weg aber von Trüffelöl! Das ist fast ausschließlich von mieser Qualität und mit künstlichen Aromen versetzt. Kommt mir also nicht ins Haus, auch wenn schwarze Schafe das ahnungslosen Touristen andrehen!
Das Splendido-Magazin brachte es kürzlich auf den Punkt:

"Die meisten dieser Öle würde man noch nicht mal ohne Trüffelaroma gerne essen. Der beißende Chemiegeschmack gibt einem aber endgültig den Rest. Dennoch hat sich Trüffelöl gemeinhin etabliert, es geht sogar als Delikatesse durch. Wahrscheinlich denkt die Mehrheit der Menschen, dass Trüffel so schmeckt wie Trüffelöl riecht."

Das wollte ich meinen frischen Salsicce nun wirklich nicht antun!

Zu guter Letzt: Sahne! Ja, jetzt bitte nicht verwundert die Augen reiben: In dieses Gericht gehört Sahne! Ob festere Kochsahne oder flüssige Schlagsahne; am Schluss muss das Salsiccia-Ragù eine cremige Komponente haben. Einige wenige Rezepte erwähnen auch Ricotta, nur kann diese nicht zu dem erwünschten cremigen Ergebnis führen.
Und nun lasst Euch mit diesem Gericht in das grüne Herz Italiens beamen!





Zutaten
(für drei Personen - oder zwei sehr hungrige)


Pasta (Bigoli)

  • 150 g Mehl
  • 50 g Hartweizengrieß 
  • 2 Eier
  • Salz
  • etwas Olivenöl extra vergine

Aus den Zutaten nach meinem Grundrezept einen Pastateig herstellen.
Nach der Ruhezeit die Pasta bis auf Stufe 4 ausrollen und dann durch den Bigoli-Aufsatz pressen. Diese Pastsorte benötigt etwa 3-4 Minuten.





Ragù


  • 3 Salsicce à 100 g
  • 1 kleine Zwiebel (wenn man keine Zwiebel verwenden möchte, eine Knoblauchzehe mitschmoren, dann aus der Pfanne nehmen)
  • 6 g getrocknete schwarze Sommertrüffel
  • 100 ml Weißwein
  • 200 ml Sahne
  • Olivenöl extra vergine
  • Salz oder Trüffelsalz, frisch gemahlener Pfeffer
  • ein Prise frisch gemahlene Muskatnuss
  • frisch geriebener Pecorino


Die Salsicce häuten und zerbröseln. Die Zwiebel in feine Würfelchen schneiden. Die Trüffelscheiben 20 Minuten in heißes Wasser geben, dann abgießen.

Etwas Olivenöl erhitzen und die Zwiebelwürfel anschwitzen. Dann die zerteilten Salsicce hinzufügen und so lange braten, bis sie leicht (!) braun werden. Mit dem Wein ablöschen und diesen etwas einkochen lassen.

Die Sahne und die Trüffelscheiben (frische Sommertrüffel nun an dieser Stelle darüberhobeln) hinzufügen und cremig einkochen lassen. Mit (Trüffel-)Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken.

Die Pasta al dente (siehe oben) kochen, abseihen (Kochwasser immer aufheben bei Pastagerichten) und in die Pfanne geben. Eventuell noch etwas Kochwasser hinzufügen und nochmals zusammen erhitzen.

Frisch geriebenen Pecorino dazu reichen.






2 Kommentare:

  1. Wie immer ein tolles Rezept und viele tolle Infos zur italienischen "Warenkunde" :)
    Mir knurrt jetzt auf jeden Fall der Magen!

    Liebe Grüße,
    Katha

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke, liebe Katha! Dann schnell mal Pasta aufsetzen...:-)

      Saluti
      Ariane

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