Bei Sandra, vom Blog From-Snuggs-Kitchen, gibt es zur Zeit einen Event mit einem wunderbaren Thema: Kindheitserinnerungen, heißt er, und der Event schickt uns zurück auf eine kleine Zeitreise in unsere Kindheit und zu unseren frühen kulinarischen Erinnerungen. Nicht selten sind gerade diese Erinnerungen mit liebsten Menschen wie unseren Omis verbunden. Meine Oma, von der hier die Rede sein wird, starb im Februar 2000 im Alter von stolzen 96 Jahren. An meine andere Omi habe ich leider kaum Erinnerungen, da sie schon sehr früh von uns gegangen ist.
Ich denke, so manches Tränchen wird beim Schreiben geflossen sein, nicht nur bei mir, sondern auch bei meinen lieben Bloggerkolleginnen und Kollegen, als sie sich intensiv mit diesem Thema in den vergangenen Wochen beschäftigt haben. Lange habe ich darüber nachgedacht, was ich zum Event beitragen könnte, und nun, kurz bevor er sich seinem Ende zuneigt, möchte ich Euch ein Gericht vorstellen, das mich immer wieder an meine Kindheit erinnert. Ein Klassiker, den viele sicher kennen und auch lieben werden: Kartoffelpuffer mit Apfelbrei.
Ja, Apfelbrei, nicht Apfelmus, hieß das bei uns früher, und die kleinen Kartoffelpuffer, von denen immer zwei gleichzeitig in der Pfanne schmurgelten, was ihnen eine längliche Form verlieh, gehörten zu jenen Gerichten meiner Kindheit, die ich ausgesprochen gerne gegessen habe, wenn auch in überschaubaren Portionen. Ich war nicht unbedingt ein Kind, das seinen Teller stets brav leergeputzt hat, und das betrübte vor allem meine Oma. Denn die einzige Enkelin sollte natürlich tüchtig essen, auf dass sie groß und kräftig werde!
Meine Oma gehörte noch einer Generation an, die zwei Weltkriege über sich ergehen lassen musste, und die Sorge, die Familie vor Unheil und leeren Tellern bewahren zu müssen, schwelte wohl Zeit ihres Lebens in ihrem Unterbewusstsein. Dadurch hatten die Mahlzeiten bei ihr einen lebenswichtigen Stellenwert. In jenen schrecklichen Kriegsjahren ließ sie es sich auch nicht nehmen, jeden Morgen ein Butterbrot zu schmieren und gut verborgen unter den heruntergelassenen Rolladen zu klemmen (die damalige Wohnung lag im Parterre), damit der kleine jüdische Junge, der die Strasse fegen musste, auch etwas zu essen bekam. Wohl wissend, was sie selbst dabei riskierte, wenn sie dabei ertappt worden wäre.
Während meiner Kindheit und auch später kann ich mich kaum an ein Wochenende erinnern, an dem sie nicht mit Blechen von Streusel- oder Apfelkuchen bei uns auftauchte, sehr zur Freude ihres Schwiegersohns, meines Vaters, der ihre Kuchen zu einer Tasse Kaffee über alle Maßen liebte. Sie konnte stundenlang in der Küche stehen und Obst in großen Weckgläsern einkochen - wir hatten ein Garten mit mehreren Obstbäumen -, und ihr Apfelgelee war sowieso der Weltbeste! An Weihnachten buk sie die herrlichsten Butterplätzchen, und wir amüsierten uns jedes Jahr über ihre händeringenden Prophezeiungen, dass dieses Mal die Anisplätzchen mit Sicherheit "falliert" seien. Natürlich war das nie der Fall, und die champignonartigen Plätzchen hatten nach einer Nacht, in der sie ruhen mussten, ihre typischen "Füßchen".
Zu den kulinarischen Höhepunkten meiner Kindheit, die ich ganz exklusiv mit meiner Oma genießen durfte, gehörten die Mittagessen jener Tage, an denen ich nach der Schule nicht nach Hause zu meinen Eltern kommen sollte, sondern bei Oma eingeladen war. Das war wie ein kleines Ritual, auf das sie sich auch besonders freute. Meine Oma besorgte dann ein frisches Hühnchen für uns zwei, das sie im Römertopf zubereitete. Mit Vorliebe knabberte ich an der mit Paprikapulver eingeriebenen knusprigen Haut des Federviehs, und dazu gab es Curryreis und Salat. Ein einfaches Essen, aber nie mehr hat mir später ein Hühnchen so gut geschmeckt!
Viele ihrer Gerichte lernte ich erst mit der Zeit zu schätzen wie ihre unvergleichliche Markklösschen-Suppe mit Eierstich und Fadennudeln oder die wunderbaren Schneidebohnen - die "Oma-Böhnchen", wie ich sie noch heute nenne -, die ich oft und gerne zubereite. Der Duft dieser langsam vor sich hin schmurgelnden Bohnen versetzt mich stets zurück in die Küche meiner Kindheit, die oft beherrscht wurde von dieser kleinen, energischen Frau.
Einen einzigen "Luxus" leistete sich meine, Zeit ihres Lebens so bescheidene, aber anderen gegenüber stets großzügige Oma: Noch im stolzen Alter von fast Neunzig gönnte sie sich jeden Monat einen Abend in der Oper, und oft erzählte sie uns schwärmerisch, aber auch ein wenig wehmütig vom verblichenen Glanz der Alten Oper in Frankfurt, in der sie schon als ganz junge Frau regelmäßige Besucherin war. Wunderschön und sehr elegant muss sie bei diesen Opernbesuchen ausgesehen haben, umweht von einem Hauch von L'Heure Bleue, ihrem Parfum, und mit ihrer so feinen, hellen und rosigen Haut, die sie bis ins hohe Alter bewahrt hatte, ihren dunklen Haaren und den grünen Augen.
Danke für alles, liebe Oma!
Zutaten
Apfelmus
1,5 kg säuerliche Äpfel
Saft einer Zitrone
100 ml Weißwein (bei Oma ohne)
4 El Zucker (mehr oder weniger nach Belieben)
1 Vanillestange, aufgeschlitzt
1 Stück Zimtstange
Die Äpfel schälen, vierteln, Kerngehäuse entfernen, grob zerkleinern und mit allen Zutaten (Vanillestange aufschlitzen, Mark entfernen) in einen Topf geben. Apfelstücke so lange köcheln lassen, bis sie zerfallen.
Vanillestange und Zimt entfernen. Entweder mit dem Kartoffelstampfer zu einem stückigen Mus verarbeiten oder - wie meine Oma es tat - fein pürieren.
Bis zum Servieren kühl stellen.
Kartoffelpuffer
800 g Kartoffel
1 Ei
2 Frühlingszwiebeln (bei Oma eine geriebene Zwiebel)
frisch geriebene Muskatnuss
Salz, frisch gemahlener Pfeffer
Salz, frisch gemahlener Pfeffer
hoch erhitzbares Pflanzenöl
Die Kartoffel auf einer Reibe fein reiben. Die geriebenen Kartoffeln in ein Sieb über eine Schüssel geben und etwas stehen lassen. Dann noch einmal die Kartoffelmasse zusammenpressen. In der Schüssel darunter hat sich nun Kartoffelstärke und auch Flüssigkeit abgesetzt. Die Flüssigkeit vorsichtig abgießen.
Die geriebenen Kartoffeln mit der Kartoffelstärke, dem Ei, und den in feine Ringe geschnittenen Frühlingszwiebeln vermischen. Mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken.
Öl in einer Pfanne erhitzen und portionsweise kleine Kartoffelpuffer backen, bis sie goldbraun sind.
♥♥♥
Un abbraccio
Ariane
Liebe Ariane,
AntwortenLöschenich kenne das Gericht auch aus meiner Kindheit und auch von meiner Oma! Es roch immer so wunderbar und schmeckte sooo lecker! Vielen Dank für das Rezept ;-)
Hab's schön und liebe Grüße,
die Dani
Oh ja, dieser Duft. :-) Schön, dass Du es auch magst und liebe Erinnerungen damit verbindest! :-)
LöschenSaluti
Ariane
Und die Kartoffelpuffer müssen frisch aus der Pfanne auf den Teller.
AntwortenLöschenDas heißt, einer durfte an der Pfanne stehen bleiben während die anderen schon die knusprigen Puffer verschlangen. Das war dann natürlich früher immer die Mama.
Ciao Werner
Ja!! Genau so war das auch bei uns. Meine Mutter oder die Oma standen noch an der Pfanne, während Papa und ich schon Kartoffelpuffer verdrückten. :-)
LöschenSaluti
Ariane
Ariane - alleine das Foto am Ende des Beitrag - großartig! Und ja, sicherlich haben viele, wie auch ich beim Schreiben der Einladung zum Event, ein paar Tränchen gedrückt. Auch beim Lesen des ein oder anderen Beitrags, wie bei Deinem heute, geht es mir so...
AntwortenLöschenKartoffelpuffer mit Apfelbrei gab es auch bei uns früher oft und gerne auch zur Linsensuppe :)
Vielen Dank für Deinen wirklich tollen Beitrag zum Event!
Das war wirklich eine kleine Zeitreise; wie schön, dass Du uns dazu angestupst hast! Und die Kartoffelpuffer mit Apfelmus sind wohl wirklich ein kollektives Kindheitsessen. :-)
LöschenSaluti
Ariane
Was für eine herrliche Geschichte. Ich erinnere mich gerade sehr genau an die Platzki, die ich von meiner Oma immer bekommen habe. Auch frisch aus der Pfanne und mit Apfelmus (wie es bei uns hieß). Danke dir für die Geschichte - ich glaub, ich rufe mal meine Oma an.
AntwortenLöschenJetzt musste ich erstmal nach Platzki googeln und habe gelesen, dass man sie in Wien so nennt und die Bezeichnung aus dem Tschechischen kommt. :-) Aber wir haben wohl in ganz Mitteleuropa dasselbe gegessen. :-)
LöschenWie schön, wenn Du noch Deine Oma anrufen kannst....
Saluti
Ariane
Wunderschön geschrieben, liebe Ariane. Da musste ich gleich an meine Oma denken, die mir immer Bandnudeln mit Apfelmus serviert hat. Ich kann sie leider auch nicht mehr anrufen, aber ich denke sehr oft an sie...
AntwortenLöschenLiebe Grüße aus dem Kraichgau,
Yushka
Witzig, bei uns gab es manchmal auch Bandnudeln - mit dem eingemachten Obst wie Mirabellen. Besonders meinem Papa hat das sehr gut geschmeckt. :-)
LöschenSaluti
Ariane
Beim Lesen Deines Beitrags schwelgt wohl jeder (Ältere) in irgendwelchen Kindheitserinnerungen - bei mir sind es aber eher solche an Dampfnudeln mit röscher, leicht salziger Kruste, die ich auch heute noch sehr mag! Begleitet wurden sie immer von Grumbeersupp (= Kartoffelsuppe für Nichtpfälzer) bis zum Abwinken, logisch bei zwei großen Brüdern mit entsprechendem Appetit - für mich als Kleinste gab's dazu Vanillesauce, köstlich.
AntwortenLöschenKartoffelpuffer kamen ebenfalls häufig auf den Tisch - ich esse sie allerdings auch heute noch lieber mit Zucker als mit Apfelmus. Don A. liebt sie hingegen heiß und innig zu serbischer Bohnen- oder einer Linsensuppe - so hat halt jeder seine Präferenzen!
Alle meine weiblichen Verwandten (Gott hab' sie selig!) waren gute Köchinnen und begnadete Bäckerinnen und haben uns Kinder immer verwöhnt und ganz besonders mich, weil ich früher ein sehr schlechter Esser war (kaum zu glauben, wenn man mich jetzt so sieht). Ich erinnere mich noch gut an ein Wettessen mit meiner wesentlich älteren Cousine, deren Mutter - also meine Tante - uns Zwetschgenknödel mit Zimtzucker und brauner Butter zubereitete. 19 Stück habe ich verputzt und damit auch den Sieg davongetragen - aber danach fühlte ich mich wie der Wolf im Märchen der sieben Geißlein mit den Wackersteinen im Bauch. Ach ja, lang ist's her, seufz...
Jedenfalls danke ich Dir für diesen schönen Bericht und das nostalgische Foto am Ende!
Saluti da
Elvira
Schöne Erinnerungen hat das Thema also auch bei Dir geweckt! :-) Dampfnudeln gab es übrigens bei uns auch, mit Weinsauce, auf denen kleine Eiweißwölkchen schwebten. Die Dampfnudeln mochte ich zwar gar nicht, aber diese Weinsauce mit diesen herrlichen Eiweißflöckchen.
LöschenJa, meine Oma als junge Frau - so hübsch, ohne Make up und Fotoshop! Ich habe sie immer um ihre niedliche Nase beneidet, noch im Alter ließ sie diese jung erscheinen. :-)
Saluti
Ariane
Liebe Ariane,
AntwortenLöschendaher also Deine Vorliebe zur Kunst :) Ein wunderbares Jugendfoto Deiner Großmutter.
Auch von uns wurde dieses Gericht bereits an unsere Kinder weitergereicht und die Uromi freut sich heute noch über die Reibekuchen ihrer Kinder.
Abendliche Grüsse nach Rom von Biggi
Schön sind solche Traditionen! :-) Und wenn es noch eine Uromi gibt, ist alles umso schöner! Ich denke, meiner Oma hätten meine Kartoffelpuffer gestern auch geschmeckt!
LöschenSaluti
Ariane
Hach. Das ist aber auch ein schöööner Artikel, hier bin ich auch ganz gerührt :-) und deine Oma war wohl eine tolle Schönheit!
AntwortenLöschenDas Drama mit den Anisplätzchen gibt es bei uns auch jedes Jahr noch, allerdings bei meinem Vater :-D
Anisplätzchen habe ich noch nie gebacken, aber wer weiß, dieses Jahr könnte ich es ja mal versuchen. Dann werde ich wohl auch um die "Füßchen" zittern. :-) Ja, Oma war wohl ein sehr hübsches Mädchen. :-)
LöschenSaluti
Ariane
Denkt man gar nicht, dass solche Herzhaften Puffer mit Zwiebeln zu Apfelmus passen. Ich kenne das mit Zucchinipuffern. Passt aber wirklich!
AntwortenLöschenUnd wie wohl die Kombination entstanden sein mag! Irgendwie passt es, auch wenn ich Kartoffelpuffer auch schon mit Knoblauchquark gegessen habe.
LöschenSaluti
Ariane