Montag, 6. Januar 2025

Dessert mit Geschichte: Zuppa Inglese


Was hat eigentlich diese "englische Suppe" mit England zu tun? So irreführend die Bezeichnung auch sein mag, so ist es doch ein uritalienisches Rezept. Ein Dolce mit Geschichte, viel authentischer für Italiens Süßspeisen, als es das viel bekanntere, omnipräsente und auch sehr viel jüngere Tiramisù ist. Obwohl natürlich vieles an das Lieblingsdessert der italienischen Gastronomie in Deutschland erinnert; die Verwendung von getränkten Savoiardi zum Beispiel. Jedenfalls habe ich bislang auf keiner Speisekarte dieses Dessert mit dem ungewöhnlichen Namen entdeckt - da tummeln sich meist nur Panna Cotta, Tiramisù und im Großhandel gekauftes Tartufo-Eis. Aber über das Elend der italienischen Gastronomie außerhalb Italiens sei an dieser Stelle nichts weiter gesagt.

Auch wenn es der Kaufmann und Gourmet Pellegrino Artusi war, der in seinem Kochbuch "La scienza in cucina e l'arte di mangiar bene" (wörtlich: die Küchenwissenschaft und die Kunst, gut zu essen), das 1891 erschienen war, erstmals ein Rezept für Zuppa Inglese niedergeschrieben hatte, so liegen doch die Wurzeln dieses Dessert noch weiter zurück. Oft kann man lesen, dass die Zuppa in Parma "erfunden" worden sei. Die Spurensuche ergibt jedenfalls ein sehr uneinheitliches Mosaik. Vorläufer des Desserts findet man zwischen der Emilia-Romagna und der Toskana. Auch Florenz, Mantua und Ferrara beanspruchen die Urheberschaft. Viele Städte also - und somit auch unterschiedliche Versionen! Da geht es auch um die Art der Tränke, in die man die Savoiardi tunkt: Alchermes, Rosolio oder Rum? Gerade dem Rum, der in einigen Rezepten auftaucht, soll dieses Dolce seinen ungewöhnlichen Namen verdanken. Ein gewisser Vincenzo Agnoletti, der Anfang des 19. Jahrhunderts am Hof von Parma für die Süßspeisen verantwortlich war, kreierte einen Vorläufer der Zuppa Inglese, bei dem Rum, der als Lieblingsschnaps der englischen Seeleute galt, verwendet wurde. Darüber hinaus erkennt man in diesem  Dessert auch die große Ähnlichkeit zu dem in England beliebten Trifle. 



Heute gibt der Alchermes, ein mit orientalischen Gewürzen wie Zimt, Nelken, Vanille und Rosenwasser versetzter Likör, der Zuppa Inglese ihr typisches Erscheinungsbild. Am Hof der Medici in Florenz war der Likör einst sehr beliebt, er soll dort auch erfunden worden sein, und wurde deshalb später in Frankreich auch als Liqueur des Médicis bezeichnet. Der arabischen Bezeichnung für die leuchtend rote Farbe durch die Verwendung der Kermesschildlaus - al-qirmiz  - verdankt der Likör seinen Namen. Das Zusammenspiel der Farben Rot, Weiß und Braun ist allerdings auch jüngeren Ursprungs. Anfänglich verwendete man bei der Zubereitung nur die helle Konditorcrème. 

Zu guter Letzt: Savoiardi (Löffelbiskuits) oder Biskuitteig? Diese Frage stellt sich auch immer bei der Herstellung eines Tiramisù. Ich bevorzuge bei beiden Desserts Savoiardi - nicht etwa aus Faulheit oder Unfähigkeit, eine Biskuitplatte zu backen. Sondern weil ich sie für typisch italienisch halte. Bezeichnet werden sie nach dem ehemals Savoyen genannten Gebiet in den westlichen Alpen, das heute zu Frankreich gehört, und nach der Herrscherdynastie der Savoyen in Italien. Natürlich könnte man die Savoiardi auch selbst herstellen. Aber dazu bin ich tatsächlich zu faul! 




Zutaten und Zubereitung
(für ca. 6 Personen)



  • 4 frische Eier (alternativ: 8 Eigelbe)
  • 1 l Vollmilch
  • ein Stückchen Zitronenschale
  • 1 Vanilleschote
  • 160 g Zucker
  • 60 g Speisestärke
  • 25 g dunkles Kakaopulver
  • ca. 350 g Savoiardi
  • 300 ml Alchermes 
  • 80 g Zucker (für die Tränke)

Die Eier in einem möglichst beschichteten Topf mit dem Zucker so lange mit dem Handrührgerät verquirlen, bis die Masse eine hellgelbe und schaumige Konsistenz hat. Die Milch mit der ausgekratzten Vanilleschote und der Zitronenschale bis kurz vor dem Kochen erhitzen. Vanilleschote und Zitronenschale entfernen. Die Speisestärke und dann die heiße Milch unter Rühren zu den aufgeschlagenen Eiern geben. Den Topf auf den Herd stellen und erhitzen. So lange weiterrühren (Handrührgerät), bis der Schaum einer puddingähnlichen Konsistenz weicht. Nicht aufgeben, es dauert gefühlt ewig! 

Die Crème auf zwei Schüsseln verteilen. Unter die eine Hälfte das Kakaopulver rühren. Die Oberflächen der beiden Crèmes mit Frischhaltefolie abdecken, damit sie keine Haut bilden, und abkühlen lassen. 

Für die Tränke 170 ml Wasser mit 80 g Zucker erhitzen und einen Sirup herstellen. Den Likör hineingeben - gerne auch etwas mehr, wer eine intensivere Farbe wünscht. Die Tränke in eine flache Schüssel gießen.

Die Savoiardi einzeln - und nicht zu lange - in die Tränke tauchen und eine erste Lage in eine Schüssel legen. Darauf einen Teil der dunklen (oder weißen) Crème verteilen. Weiter geht es mit einer weiteren Lage von getränkten Savoiardi, auf der wieder etwas Crème verteilt wird. 
Abgeschlossen wird das Dolce üblicherweise mit einer Crèmeschicht, die man nach Belieben auch mit Sahnetupfern oder Baisers verzieren kann. Da das Dessert aber selbst schon sehr üppig ist, habe ich ein paar Kalorien durch drei karge letzte Savoiardi eingespart. 






2 Kommentare:

  1. Ganz wunderbar! Auf Speisekarten habe ich es noch nie gesehen, eigentlich auch in Italien nicht. Wird nachgemacht!!
    Danke für das schöne Rezept und ein gutes neues Jahr

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Man findet es wirklich sehr selten auf der Karte, ja, auch in Italien. Aber trotzdem kennt es dort jeder. Wohl auch ein Rezept, das man gerne an Feiertagen zu Hause zubereitet, obwohl auch bei privaten Einladungen das Dolce - oft eine Crostata - meist gekauft wird.
      Aber schön, wenn Du es nachmachen möchtest!
      Auch Dir ein frohes und gesundes neues Jahr!

      Saluti
      Ariane

      Löschen

Danke für Deinen Besuch!
Über liebe Worte freue ich mich, aber auch über konstruktive Kritik. Anonyme oder beleidigende Kommentare sowie Werbelinks werden entfernt.

Print Friendly and PDF
Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...