Freitag, 7. März 2014

Roulette mit Blanquette



Heute musste ich bis zuletzt um das Abendessen bangen!
Am Vormittag wurde wegen Wartungsarbeiten das Gas abgestellt. Für zwei Stündchen, von 7-9 Uhr am Morgen, stand auf dem Zettel, der an die Haustür geklebt war, zu lesen.
Seit dem vergangenen Sommer wird immer mal wieder die Strasse aufgerissen, die mittlerweile einem Stoppelacker gleicht. Einmal sind es die Wasserleitungen, ein anderes Mal die Telefonkabel, die kontrolliert oder repariert werden müssen. Sind sie hinten fertig, fangen sie vorne wieder an. Mit dem Auto kann man kaum noch vor die Haustür fahren, da die Strasse immer mal wieder abgesperrt wird.  In der Mitte dieser Strasse verläuft jetzt eine lange geteerte Bahn und zerschneidet das klassische römische Pflaster aus Sampietrini. Dieser geteerte Streifen hat den den enormen Vorteil, absatzschonender zu sein. Häßlichkeit hat an dieser Stelle etwas Gutes! Da ich hier in der Altstadt oft gezwungen bin, auf der Strasse zu laufen, die man sich mit den Autos teilen muss, nutze ich nun diesen "Laufsteg". Leider habe ich mir das aber mittlerweile so angewöhnt - nämlich einfach auf der Strasse zu laufen -, dass mir das zur Verwunderung der Autofahrer auch in Deutschland passiert. (Und wenn wir schon bei den schlechten Angewohnheiten sind, mein Mann meinte bei einem kurzen Aufenthalt in Deutschland Anfang der Woche, mein Fahrstil sei schon sehr "römisch"...)
Jedenfalls klaffen zur Zeit riesige Löcher direkt vor den Hauseingängen in unserer Strasse, weil die uralten Gasleitungen erneuert werden sollen. Da kann man ja eigentlich nicht meckern, die Sicherheit geht vor, und kalt duschen härtet ab!
Aber auch wenn man sich diese positiven Gedanken macht, am Nachmittag war ich dann richtig durchgefroren und hatte eiskalte Hände und Füsse; die alten Gemäuer sind halt trotz des fast frühlingshaften Wetters kalt. Kurz: Es gab immer noch kein Gas!
Nun hatte ich also nach langen Verhandlungen mit meinem Metzger endlich das perfekte Stück Fleisch für mein Blanquette gefunden, was auch nicht so einfach war, denn ich musste ihm erst einmal das Rezept erklären. Was wiederum heute zu Missverständnissen führte. Eine Art Ragout sei das, erklärte ich ihm, worauf er mir gleich Gehacktes verkaufen wollte, da im Italienischen Ragù ja für eine Hackfleischsauce nach "Bolognese"-Art steht.
Eigentlich ist Blanquett de veau auch weniger ein Ragout im klassischen Sinne, bei dem das Fleisch angebraten und geschmort wird, sondern eben ein Blankett, ein sogenanntes weißes Ragout, bei dem die Fleischwürfel zunächst in Fond oder Brühe gekocht werden.
Aber was nutzt das schönste Stück Fleisch, wenn man es eben nicht auf dem Herd kochen kann! Leichte Panik stellte sich dann am späten Nachmittag ein, denn es sollte das Geburtstagsessen für meinen Mann sein, welches ich da zubereiten wollte. Nicht auszudenken, wenn wir zudem, wir ursprünglich geplant, heute noch Gäste gehabt hätten. Glücklicherweise kommen diese aber erst nächste Woche, und da hoffe ich, nicht wieder um den Abend zittern zu müssen. Jedenfalls war gegen Abend das Gas wieder angeschlossen und das Abendessen gerettet!




Blanquette de veau à l'ancienne

Zutaten (für 4 Personen)


  • 800 g Kalbfleisch aus der Keule
  • 1 Zwiebel
  • 250 g Schalotten (oder andere kleine Zwiebelchen)
  • 1 Stange Staudensellerie
  • 1 Stange Lauch (nur das Weiße)
  • 2 Karotten
  • 1,5 L Hühnerbrühe
  • 2 Nelkenköpfe
  • 1 Bouquet Garni (1 Lorbeerblatt, je ein Stängel Thymian, Oregano, Rosmarin und Petersilie)
  • 2,5 El Butter
  • 2 El Mehl
  • 250 ml Sahne
  • 1 Eigelb
  • 2 El Zitronensaft
  • 350 g Champignons
  • Salz, frisch gemahlener weißer Pfeffer


Das Fleisch waschen, trockentupfen, von Fettresten befreien und in etwa 2 cm große Würfel schneiden. Das Gemüse putzen und Lauch, Karotten und Selleriestange in grobe Stücke schneiden.
Die Zwiebel schälen und mit den Nelkenöpfen spicken. Die Schalotten schälen und die Champignons putzen, vierteln und beides zur Seite stellen.
Die Fleischwürfel in einem Topf geben, mit kaltem Wasser bedecken, zum Kochen bringen und das Fleisch eine Minute blanchieren. Fleisch aus dem Topf nehmen abbrausen (es hat sich Schaum gebildet) und das Wasser weggießen.
Den Topf ausspülen, Fleisch, gespickte Zwiebel, Karotten-, Lauch- Selleriestücke sowie Bouquet Garni in den Topf geben und mit kalter Hühnerbrühe aufgießen. Zum Kochen bringen und bei halb aufgelegtem Deckel bei kleiner Hitze eineinhalb Stunden sanft köcheln lassen. Dabei nach einer Stunde die geschälten Schalotten hinzufügen. Ab und an den Schaum abschöpfen.
In der Zwischenzeit in einem El Butter die Champignons anbraten und mit einem El Zitronensaft beträufeln. 125 ml Sahne dazugiessen und die Champignons zur Seite stellen.
Nach eineinhalb Stunden Fleischstücke und Schalotten aus der Brühe fischen und warm stellen (im Ofen bei ca. 50 Grad). Die Brühe durch ein Sieb in einen Topf gießen (Gemüse gut im Sieb ausdrücken) und etwas einkochen lassen.
In einem zweiten Topf die restliche Butter zerlassen, das Mehl einstreuen und anschwitzen, ohne dass es dunkel wird. Unter Rühren mit dem Schneebesen soviel von der reduzierten Brühe angießen, bis eine sämige Sauce entstanden ist. Keinesfalls die gesamte Brühe verwenden! Die restliche Sahne mit einem Eigelb verquirlen und die Sauce damit legieren. Sie darf nicht mehr kochen (am besten vorher den Topf vom Herd nehmen).
Fleischstücke, Schalotten und Champignons kurz in der Sauce erwärmen. Mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft abschmecken.
Dazu passen Reis oder Salzkartoffeln.



Der Zusatz "à l'ancienne" (nach alter Art) bezieht sich auf die Zugabe von Schalotten und Pilzen.



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♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

4 Kommentare:

  1. Tolle Geschichte - zumindest für mich zum Lesen (für dich weniger, aber du wohnst wenigstens in R O M ! wie ich dich beneide)
    lg

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    1. Rom ist wunderschön, und als Tourist kann man die Stadt genießen ohne Ende. Aber sie kann auch die Nerven rauben, wenn man hier lebt. Neulich fiel mir ein kleines Tagebuch in die Hände, das ich bei meinem ersten Rombesuch, da war ich noch Studentin, geschrieben hatte. Ich berichtete, wie müde ich von meinen ganzen Fussmärschen war, aber schrieb: "Egal, ich bin ich Rom Rom Rom!" Nie hätte ich damals gedacht, dass ich dort einmal leben werde, und nie, welche schlimmen und schwierigen Seiten diese Stadt auch hat.
      Trotzdem - es freut mich, wenn Dir meine kleine Geschichte aus dem Alltag gefallen hat. Die Strasse sieht mittlerweile wirklich schlimm aus, aber es kann nur noch besser werden ;-)
      Saluti
      Ariane

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  2. Was für ein schönes altes Gericht - so etwas gerät heute leider immer mehr in Vergessenheit, nichtsdestotrotz eine gute Idee für eines meiner nächsten Abendessen. Ich drücke die Daumen, dass das Gas bald wieder ohne Unterbrechungen strömt! Saluti da Elvira

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    1. Ich finde dieses Gericht auch so herrlich altmodisch, aus einer Zeit stammend, in der man sich noch die Zeit zum Kochen genommen hat; das merkt man ihm an. Aber der wirklich feine Geschmack und das butterzarte Fleisch lassen den Aufwand vergessen. Man braucht halt wirklich etwas Zeit, einige Töpfe - und ich persönlich wünschte mir mehr Arbeitsfläche, gerade wenn man so ein Gericht in ein Menü einbaut.
      Saluti
      Ariane

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