Lasst uns zunächst über Aperol Spritz reden, denn heute geht es um Aperitivi!
Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass dieses leuchtend orange-rote Getränk langsam zum Latte Macchiato unter den Cocktails mutiert: Nicht-ItalienerInnen trinken ihn zur jeder Tag- und Nachtzeit - ja sogar zur Pizza am Mittag (allein das schon ein Fauxpas)! Ich übertreibe nicht; genau dieses Bild bot sich mir am gestrigen Samstagmittag unweit des Campo de'fiori; Einheimische schüttelt es dabei!
Apéritif - Aperitivo - schon im Namen steckt, für was ein Getränk oder auch ein Cocktail, der unter dieser Bezeichnung geführt wird, eigentlich gedacht ist: "Geöffnet" werden soll der Magen für die kommende Mahlzeit. Aber kann man das wirklich mit dem oft zu pappsüßen Zeug?
Gerade in Italien hat sich ja eine formvollendete Apéritif-Kultur entwickelt, denn mit der Bezeichnung Aperitivo ist nicht nur das Getränk gemeint, sondern der ganze Ritus drumherum. In Mailand etwa findet man am späten Nachmittag in einigen Bars üppig bestückte Buffets mit kleinen Häppchen, den sogenannten "Stuzzichini", vor, an denen man sich zu einem Festpreis bedienen kann. Natürlich schaufelt sich hier niemand in "All-you-can-eat-Manier" den Teller voll! Die Häppchen und das Getränk sollen nur den Appetit anregen für das, was dann beim richtigen Abendessen noch kommen soll. Seit einigen Jahren kennt man allerdings auch den Begriff der sogenannten Apericena. Verstehen kann man darunter einen noch in jeder Beziehung ausgedehnteren Aperitivo, der eine ganze Mahlzeit am Abend ersetzen kann und sich besonders unter jungen Leuten großer Beliebtheit erfreut.
Zurück zum "Spritz". Was es mit dieser Bezeichnung auf sich hat, hatte ich schon vor einigen Jahren in einem Blogpost erklärt. Nicht dass ich mir ab und an auch einen Aperol Spritz auf einer Piazza genehmigte, aber wiederholt blieb ich enttäuscht zurück, wobei ein Erlebnis auf einem Campo in Venedig kaum zu toppen ist. Dabei lag die Bar, die ich am späten Nachmittag ansteuerte, abseits der üblichen Touristenrouten und versprach auf den ersten Blick keinen Nepp. Schon der buchstäblich trübe Anblick des Getränks ließ Schlimmes vermuten, der erste Schluck bestätigte einen Verdacht. Als ich den Kellner höflich fragte, ob da etwa Orangenlimonade untergemischt sei, schaute er nur ziemlich ertappt drein und bot sofort an, ein neues Glas zu bringen. Ich lehnte dankend ab, bezahlte und ergriff die Flucht.
Hübsch sieht er aus, keine Frage. Fröhlich leuchtet er in den Farben eines mediterranen Sonnenuntergangs. Das bestätigte erst kürzlich auch die NewYork Times in einem Artikel, der sich kritisch über den beliebten Aperitivo ausließ - und traf dabei genau ins Orange-Rote - äh - Schwarze. Wer jetzt noch sagt: Ist mir doch egal, ob und wann das die Italiener trinken, mir schmeckt er, der sollte sich doch einmal ernsthaft fragen, ob da der schöne Schein nicht doch etwa die Sinne vernebele. Man muss kein Prosecco-Verächter wie ich selbst sein, um sich ausrechnen zu können, welche Qualität da zum "Aufspritzen" verwendet wird. Da landet billigstes, süßes Zeug im Glas. Natürlich, es gibt hochwertigen Prosecco, auch wenn ich persönlich immer Bollicine "metodo classico" (nach Champagner-Methode hergestellter italienischer Sekt) vorziehe
Aber wenden wir uns jetzt "roba vera" - ehrlichem Stoff - zu. Die Geschichte des Negroni, eines der bekanntesten italienischen Cocktails der Rubrik Aperitivi, ist schnell erzählt: Vor genau hundert Jahren soll in Florenz ein gewisser Graf Camillo Negroni in einem Laden - halb Cafè, halb Drogerie - in der zentralen Via Tornabuoni gegenüber dem Barmann den Wunsch nach einem verschärften "Americano" geäußert haben. Er deutete angeblich auf eine Flasche Gin, der das Sodawasser ersetzen sollte. In diesem Caffè musste der Herr Graf später immer nur "Il solito" (das Übliche) bestellen, und er bekam das serviert, was für andere dann zum "Negroni" wurde.
P.S.: Zum Aperitivo bevorzuge ich meist ein anderes, leuchtend orangefarbenes Getränk ohne Alkohol, ein sogenannter "analcolico". "Ein nicht-alkoholischer Blonder, der die Welt verrückt macht", so verspricht es der Slogan. Aber das ist eine andere Geschichte.
Zutaten
(pro Glas)
- 2 cl Campari
- 2 cl Vermouth (rot)
- 2 cl Gin
- 1/2 Orangenscheibe
- Eiswürfel
- Glas: Tumbler
Das Glas eventuell mit Eiswürfeln vorkühlen. Dann frische Eiswürfel in das Glas füllen undCampari, Vermouth und Gin darübergießen. Eine halbe Orangenscheibe dazugeben.
Negroni schmeckt mir auch...
AntwortenLöschenBei meinem derzeit bevorzugten Italiener in Wien habe ich neulich einen feinen Pinot grigio mit Aperol und Eiswürfeln getrunken, aber meist ist mir ein Glas Weißwein ohne etwas lieber!! Limonade drin ist schlimm :-((
lg
Genau so ist es, auf die guten Zutaten kommt es an! Dann schmeckt auch ein Aperol! Und ein gutes Glas Weißwein ist nie zu verachten!
LöschenSaluti
Ariane
Ich werde nie unseren gemeinsamen Aperitivo vergessen und schließe mich an, diese ganzen Spritz-Derivate meide ich wie die Pest. Seit Jahren gibt's gerne klassisch einen einen Negroni. Wenn es weniger alkoholisch sein soll, dann einen Americano. Dein Blondes mag ich ja nicht so.
AntwortenLöschenDr Negroni wird dieses Jahr ganz schön gehypt durch die 100 Jahrfeier.
Bei uns gab's vorhin zufällig auch einen. Bei mir ist er auch schon ewig auf dem Blog.
Liebe Grüße nach Rom!
An unseren Aperitivo in der Bar an der Piazza Farnese (ist übrigens total neu gestaltet und erst seit kurzem wieder geöffnet) kann ich mich noch bestens erinnern! Und Du hattest einen Negroni vor Dir stehen!
LöschenJetzt guck ich gleich mal zu Dir... :-) :-) :-)
Saluti
Ariane
Danke, liebe Ariane, nun habe ich wieder etwas gelernt: den Negroni kannte ich bisher nur namentlich, nun werde ich ihn aber gerne mal probieren; am liebsten ja in Italien, bloß weiß ich derzeit leider noch nicht, wie bald das möglich sein wird..
AntwortenLöschenAperol und Aperol Spritz habe ich schon gekostet - allerdings mochte ich beides nicht wirklich, es blieb folglich bei den Versuchen.
Viele liebe Grüße
Elena
Liebe Elena,
Löschendann hole Dir doch vorerst die "italienischen Momente" ins Haus. Mit einem selbstgemachten Negroni... :-)
Saluti
Ariane
Liebe Ariane, Du sprichst mir aus der Seele mit Deinem Posting bzgl. des Aperol Spritz.
AntwortenLöschenDieses süsse Getränk war noch nie mein Ding und ich verstehe den Hype dazu gar nicht.
Deine nette Geschichte ist für mich ein Anlass, den Negroni einmal zu testen.
Sonnige Grüße aus NRW nach Rom ! :-)
Biggi
Liebe Biggi,
Löschenbeim Negroni halten sich die bitteren und süßen Aromen im Gleichgewicht. Sicherlich ist er kein "Leichtgewicht", was den Alkoholgrad anbelangt,aber ich glaube, er könnte Dir schmecken. Dazu ein paar Häppchen... :-)
Saluti
Ariane
Hallo liebe Ariane,
AntwortenLöschenich gebe dir vollkommen Recht! Ich habe bereits einige "Spritz"-Varianten ausprobiert, aber so wirklich das Richtige war noch nicht für mich dabei. Ist mir irgendwie zu süß.
Dem Negroni kenne ich so nicht, hört sich aber sehr interessant an. Gut, dass wir bald in den Urlaub nach Italien fliegen, dort werde ich ihn mit Sicherheit kosten!
Bisher trinke ich dann eher ein leckeres Glas Wein. Aber ich lasse mich gerne umstimmen :)
Viele Grüße,
Kathi von Küchensachen
Hallo Kathi,
Löschenda scheine ich bei den Spritz-Verweigerern ins Schwarze getroffen zu haben, dabei hatte ich viel Gegenwind erwartet. Es beruhigt mich, dass es nicht nur mir mit diesem Getränk so geht.
Euch schon einmal wunderbare Urlaubstage in Italien! :-)
Saluti
Ariane
Ich habe ein Faible für die Cocktail-Klassiker - natürlich nur mit den besten Zutaten. Negroni ist mir zu stark, ich lasse den Gin lieber weg und bestelle den Americano ;-)
AntwortenLöschenJa, bei Hitze ist ein Americano sicher verträglicher. :-)
LöschenSaluti
Ariane