Freitag, 3. November 2017

Wenn griechischer Honig italienische Pasta sanft umschmeichelt: Ravioli del plin al caprino con castagne e miele



Gleich zwei Zutaten, die in Griechenland hergestellt wurden, habe ich für dieses Pastagericht, das seine Ursprünge im Piemont hat, verwendet. Den Ziegenfrischkäse habe ich zwar in Rom gekauft, den Honig aber aus Griechenland mitgebracht. Im vergangenen Monat ließen wir den Sommer auf Rhodos ausklingen; eine verdiente Ruhe nach einem wie immer bewegten Jahr mit extrem heißen Sommermonaten. Das noch warme Meer, die seidige Luft der Insel hatten so gar nichts Herbstliches an sich; ich ziehe die Farben des südlichen Sommers, das intensive Blau des Himmels und das türkisfarbene Flimmern des Meeres, immer den Herbstfarben vor, die mich melancholisch stimmen.
Wie stets in Griechenland haben wir wieder hervorragend gegessen - ob in der einfachen Taverne oder in etwas edleren Restaurants. Aber, nach ein paar Tagen, gab ich das Klischeebild einer Italienerin ab! Ich hob flehend die Hände zum Himmel und rief mit dramatischem Timbre in der Stimme:
"Mi manca la pasta!"
("Mir fehlt die Pasta!")
Ehrlich, soweit ist es schon mit mir! Die Jahre in Italien haben mich schon sehr geprägt. Übrigens gibt es einige griechische Pastagerichte. Aber - per favore! - ich habe noch nie Pasta  "al dente" vorgesetzt bekommen.
Für die "Italienerin in mir" geht das natürlich gar nicht!

Honig aus Rhodos und Kastanien von der Piazza Navona

Aus Griechenland habe ich mir guten Honig mitgebracht. Bei einem Ausflug nach Monolithos, einem kleinen Ort, berühmt für seine Festung, die von Johanniterrittern im 15. Jahrhundert ausgebaut wurde, entdeckten wir einen kleinen Stand an der Strasse, an dem eine sympathische Frau Honig aus eigener Produktion verkaufte. Sie lud uns zum Probieren ein; der wunderbare Thymianhonig machte dann das Rennen.

Blick auf die Festung von Monolithos


Gleich eine weitere Zutat für dieses Gericht kommt von einem Straßenhändler. Man sieht sie überall in Rom, und das auch ganzjährig: junge Männer, meist aus Pakistan, rösten an den touristischen Orten der Stadt Kastanien. Besonders im Sommer haben sie mein Mitleid, wenn sie bei Temperaturen um die 40 Grad an den Gasöfen stehen, die eine unglaubliche Hitze abstrahlen, und die Kastanien auf den großen Blechen verteilen müssen. Rätselhaft bleibt mir dabei, wem es bei diesen Temperaturen nach heißen Kastanien gelüstet. Dann doch lieber Kastanieneis, auch wenn das für mich ebenso eine eher winterliche Eisspezialität ist.


Kastanienverkäufer an der Piazza Navona


Die Pasta in der Serviette

Die Ravioli del plin sind die vegetarische Version der berühmten Agnolotti del plin, einer Pastaspezialität aus dem Piemont. Wie die Bezeichnung Agnolotti schon sagt, waren diese traditionell mit Fleisch, genauer gesagt Lammfleisch - "Agnello - Lamm" - gefüllt. Eine andere Version erzählt allerdings, dass die Bezeichnung auf den Namen eines Kochs aus dem späten Mittelalter zurückzuführen sei: Angiolino, genannt Angelotu.
Nicht nur Lamm fand einst Verwendung, sondern auch andere Fleischsorten - dabei gerne auch Bratenreste -, Gemüse oder Kräuter. - Es war Resteverwertung, die man hier betrieb, für die die Pasta herhalten musste. Trotzdem war es gleichzeitig auch ein Festtagsgericht, das man gerne zu Weihnachten zubereitete.
Noch eine Kuriosität dreht sich um die Agnolotti: Nicht auf Tellern wurden sie serviert, sondern eingeschlagen in einer Serviette - Agnolotti al tovagliolo. So blieben sie heiß und geschmeidig, und man verspeiste sie ganz ohne einen Sugo. Oft stellte man ein Schüsselchen mit Suppe daneben; so war der "Primo Piatto" perfekt!
Interessant ist auch die Bezeichnung "del plin". Wer diese Ravioli selbst herstellen möchte, kommt um diesen "plin" nämlich nicht herum. Es ist der Piemonteser Dialektausdruck für "pizzicotto", damit beschreibt man das Zusammenkneifen der Pasta zwischen der Füllung. Im Idealfall soll so ein Raviolo del plin eine rechteckige Form aufweisen.

So, genug der Theorie, schreiten wir ans Werk!



Zutaten
(für 3-4 Personen)

Pasta
  • 150 g Mehl
  • 50 g Hartweizengrieß
  • 2 Eier
  • ein paar Tropfen Olivenöl extra vergine
  • Salz

Aus den Zutaten nach meinem Grundrezept einen Pastateig zubereiten. Nach der Ruhezeit mit Hilfe der Nudelmaschine ausrollen und für die Weiterverarbeitung vorbereiten.

Füllung

  • 280 g Ziegenfrischkäse
  • 2 El Olivenöl extra vergine
  • Salz, frisch gemahlener Pfeffer
  • frische Thymianzweige


Ziegenfrischkäse mit Olivenöl verkneten, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Blättchen von den Zweigen zupfen und unter den Käse mischen.
Ausgerollte Nudelbahnen eventuell der Länge nach halbieren, wenn sie sehr breit aus der Maschine kommen.
Aus dem Ziegenfrischkäse kleine Kugeln rollen und auf die Teigbahnen legen.




Den Teig überklappen. Mit den Fingerspitzen den Teig zwischen den durch die Füllung entstandenen Erhebungen zusammenpressen. Mit einem Teigrädchen die Ravioli auschneiden. Das breite Ende noch umklappen (hält nicht immer in der Form), so dass der einzelne Raviolo eine rechteckige, keine quadratische Form enthält.




Die Kunst dabei ist, möglichst kleine Teigtaschen herzustellen - was mir nicht gelungen ist.
Die Ravioli in kochendem Salzwasser 3-4 Minuten ziehen lassen.



Zutaten für die Fertigstellung

  • 40 g Butter
  • 60 g Thymianhonig
  • Thymianzweige
  • ca. 6 Kastanien, geröstet oder vakuumverpackt 


In einer Pfanne die Butter zerlassen, den Honig hinzugeben und aufschäumen lassen.
Die Ravioli mit der Schaumkelle aus dem Wasser heben und in die Pfanne geben. Kurz in der Honigbutter erhitzen.
Thymianblättchen von den Stengeln zupfen und über die Ravioli streuen. Die zerbröselten Kastanien darübergeben.

Nicht erschrecken, die süße Note hält sich in Grenzen, verleiht dem Ganzen aber einen raffinierten Geschmack. Nicht allzu außergewöhnlich ist diese Kombination mit Süßem für Pastagerichte aus Norditalien. Ich erinnere nur an die berühmten Tortelli di zucca aus der Lombardei: Ihre Füllung enthält süße Mandelkekse, die Amarettini.

Auch der bei dem Rezept verwendete Ziegenfrischkäse ist ein
 griechisches Produkt, wenn auch in Rom gekauft.
 Ob diese Ziege auf Rhodos wohl auch Milch gibt - oder ist es gar ein Ziegenbock?



Rezeptquelle: La cucina italiana, Nr. 11, November 2017


♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

5 Kommentare:

  1. Wie stets: deine Ausführungen sind immer interessant und vermitteln nette Details, das Rezept: delikat!
    Honig und Kastanien stelle ich mir herrlich zu dieser Pasta vor.

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    1. Es freut mich, wenn Dir auch meine Geschichten rund um die Rezepte gefallen. Natürlich sind Fotos wichtig, und da gibt es so viel bessere Fotografen in der großen Bloggerwelt, aber so ein Blog ist auch ein wenig ein privates kleines Tagebuch, in dem man gerne immer wieder blättert. Und die Herkunft eines Gerichtes selbst zu erkunden, macht mir auch immer wieder Spaß!

      Saluti
      Ariane

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  2. Hi Ariane,
    in Servietten? Kann man sie dann überhaupt gut essen?
    Thymian, Honig und Kastanien mit Pasta kombiniert klingt unglaublich lecker, auch wenn ich selbst nie auf diese Idee gekommen wäre.
    LG Melli

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    Antworten
    1. Hallo Melli,

      einfach mit der Gabel aufpieksen - so Stelle ich mir das vor. Ich denke nicht, dass man das mit den Händen aß. Die Ravioli waren sicher in eine Tuchserviette eingeschlagen.

      Käse mit Honig oder Marmelade (Zwiebelmarmelade!) mag ich sowieso; da könnte das mir ja nur schmecken!:-)

      Saluti
      Ariane

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  3. Meinen beiden Vorschreibern mich ansonsten anschließend sage ich freudig: danke für den anregenden und durchaus Appetit machenden Eintrag! Mmmmh, diese Pasta hätte ich jetzt gerne :-)

    Liebe Grüße
    Elena

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