Dienstag, 3. Juli 2012

Märchenstunde und ein Rezept in Gelb: Pasta allo zafferano ai fior di zucca

Es war ein einmal ein Wirt, der hatte ein schlichtes kleines Ristorante, gelegen an einem der schönsten Plätze der Ewigen Stadt. Viele Römer - und auch ein deutsches Paar aus unmittelbarer Nachbarschaft - gingen dort regelmäßig essen. Die Speisekarte bot zwar keine außergewöhnlichen Spezialitäten, aber solide Kost. Das Lokal selbst war unscheinbar, die Bedienung nett, man kam oft ins Plaudern und fühlte sich wohl. Viele Gerichte aus dem Meer gab es dort, aber auch für Nicht-Fischesser war gesorgt: eine wunderbare Tagliata mit Rughetta und Balsamessig oder auch ein wohlschmeckendes Pastagericht mit Zucchiniblüten erweckten die Aufmerksamkeit der Neu-Römer, die in der Nachbarschaft wohnten.




Die bodenständige Küche des Ristorante sprach sich herum, und nach und nach kamen immer mehr Menschen, auch aus fernen Ländern, zu dem Ort, um dort einen schönen Abend zu verbringen.
Bald reichten im Sommer die Tische und Stühle auf der schönen Piazza nicht mehr für den Ansturm der Gäste, aber der Wirt breitete sich immer mehr auf dem Plätzchen aus und schaffte es sogar irgendwie, eine Genehmigung für immer mehr Tische zu erhalten. Das Volk strömte im Sommer jeden Abend auf die schöne Piazza, und bald reichte der Ruf bis in ferne Hollywood. Wann immer ein Film in der Ewigen Stadt gedreht wurde, man konnte sicher sein, dass die Schauspieler und das ganz Filmteam so manchen Abend in dem Restaurant verbrachten, um dort "authentische" römische Küche zu geniessen. Wie Trophäen hängte der Wirt stolz die Fotos von sich selbst und der Hollywood-Prominenz am Eingang auf.

Der Wirt war schlau, und sein Ruf machte ihn bald trunken. Er überlegte, wie er seine Einnahmen noch steigern könnte. Warum teure italienische Köche beschäftigen, dachte er sich, und holte eine ganze Küchenmannschaft aus weit entfernten Ländern herbei, denen die Traditionen der italienischen Kochkunst doch ganz unbekannt waren. Die italienische Küche ist ja nicht kompliziert, sagte sich der schlaue Wirt, und die wenigen Handgriffe bringe ich den jungen, ungelernten Männern selbst bei. Derweil wurden weiterhin Touristen aus aller Welt in großen schwarzen Autos jeden Abend vorgefahren, aber im Ristorante wurde immer weniger italienisch gesprochen. Touristen kommen und gehen, dachte sich der schlaue Wirt, und warum einen teuren Mozzarella di Bufala auf den Teller legen, wenn es ein "Fior di latte" (Kuhmilchmozzarella) aus dem Supermarkt um die Ecke auch tut - die Amerikaner, Franzosen und Deutschen schmecken den Unterschied sowieso nicht heraus. Die Speisen aber, die der Wirt auf seiner Karte anbot, wurden dabei auf wundersame Weise ständig teurer.
Immer wieder gab das deutsche Paar aus der Nachbarschaft dem Wirt eine Chance und schaute ab und an mal vorbei - war im Sommer die schöne Piazza auch zu verlockend. Leider mußte es jedes Mal enttäuscht und mit deutlich erleichtertem Geldbeutel wieder von dannen ziehen.
Einmal empörte sich der Wirt bei dem Paar: Ein bekannter italienischer Regisseur sei vor wenigen Augenblicken direkt nach dem Antipasto wieder von dannen gezogen, und sogar, ohne Trinkgeld zu hinterlassen. Das deutsche Paar hörte zu und schwieg, hatte es doch gerade ein unsäglich schlecht gebratenes Filetsteak auf dem Teller gehabt (es mußte dem Kellner noch ein "media cottura [medium], per favore" hinterherrufen, nachdem dieser nicht einmal gefragt hatte), über das flüssige kalte Sahne mit ein paar grünen Pfefferkörnern gegossen worden war. Sehr diplomatisch, da man in Italien höflicherweise nie den direkten Weg geht, wagte das deutsche Paar auch schon einmal den Versuch einer Kritik, stieß aber stets auf Unverständnis.
Noch ist das Restaurant an der wunderschönen Piazza im Sommer jeden Abend gut besucht, aber an manchen Wintertagen, wenn nur wenige Menschen aus fernen Ländern in der Stadt weilen, sieht man im Innern leere Plätze...
Leider beginnen viele italienische Realitäten heute mit "es war einmal", ob das nun die Restauration in den Touristenzentren oder auch die zum Teil total veraltete und zudem überteuerte Hotellerie betrifft.

Die Anregung zu folgendem Rezept stammt aus den noch besseren Tagen dieses Restaurants, dessen Namen ich gnädigerweise verschweige. Mittlerweile ist auch dieses Pastagericht, obwohl noch immer auf der Karte, ungenießbar geworden (letzter Test liegt ein Jahr zurück), da man ihm die Lieblosigkeit, mit dem die Pasta zubereitet wird, anschmeckt.
Für den Blogevent "Cookbook of Colors: Gelb" von Highfoodality habe ich nun dieses Gericht, für das ich nie ein exaktes Rezept hatte, wieder hervorgeholt und mit etwas "Farbe" in Form von Safran versehen. Und die Pasta ist natürlich selbstgemacht!

Zutaten (für 3 Personen)

  • 130 g Mehl
  • 70 g Hartweizengrieß
  • 2 Tütchen gemahlener Safran
  • 1 Tl Olivenöl, extra vergine
  • 2 Eier
  • 1 Prise Salz

  • 20  bis 30 Zucchiniblüten, je nach Größe
  • 120 g Pancetta (ital. Speck; in dünnen Scheiben)
  • 1 Schalotte (fein gewürfelt)
  • 2 El Olivenöl extra vergine
  • 200 ml Gemüsefond oder Gemüsebrühe
  • 150 ml Sahne
  • 1 Gläschen Safranfäden (0,5 g)
  • weißer Pfeffer (frisch gemahlen)
  • 3 El Parmigiano Reggiano, frisch gerieben

Die Pasta nach meinem Grundrezept herstellen, dabei die zwei Tütchen gemahlenen Safran unter das Mehl mischen.
Den fertigen Pastateig nach Belieben durch einen Aufsatz der Pastamaschine laufen lassen; ich habe mich bei diesem Rezept für dünne Pasta - ähnlich den Tagliolini - entschieden. Diese zarten Nudeln benötigt maximal eine Minute Kochzeit, besser noch eine halbe Minute.



Meine Zucchiniblüten waren heute leider nicht so schön frisch wie auf meinem alten Foto, dass ich vor einigen Jahren gegen 6 Uhr morgens auf dem Campo de' fiori geschossen habe. Aber ein paar Stunden Einweichen in kaltem Wasser, das öfters ausgewechselt wurde, haben sie wieder etwas "erblühen" lassen.


Nachdem ich den Stempel entfernt habe, werden die Blüten gewaschen, trockengetupft und der Länge nach in feine Streifen geschnitten.



Die Pancetta wird von Schwarte und Knorpelstückchen befreit und wie auch die Schalotte fein gewürfelt.
In einer Pfanne nun das Olivenöl erhitzen, die Pancettawürfel darin etwas ausbraten, dann die Schalottenwürfel dazufügen und leicht anschwitzen.
Nun kommen die Zucchiniblütenstreifen hinzu, werden kurz in der Pfanne mit angedünstet, dann wird alles mit dem Gemüsefond abgelöscht. 


Fünf Minuten köcheln lassen, dann die Sahne, den Parmigiano und die in etwas Wasser eingeweichten Safranfäden hinzufügen, mit dem Pfeffer abschmecken und kurz aufkochen lassen. Der Sugo sollte ziemlich flüssig sein, da die frische Pasta sehr viel Flüssigkeit schluckt.
Die "al dente" gekochten Tagliolini mit dem Sugo vermischen und noch extra Parmigiano zur Pasta reichen.


♥♥♥
Un abbraccio
Ariane



HighFoodality Blog-Event Cookbook of Colors

10 Kommentare:

  1. Dein Pasta-Gericht sieht toll aus. Auch wenn es für mich ohne Speck willkommener wäre. ;)

    ... Aber deine vorab erzählte Geschichte stimmt mich traurig. Da ich früher fast jeden Sommer mit meinen Eltern in der Toskana war und vor einigen Jahren mit Freunden auch dort war. Ich wollte sie mit einem Restaurant überraschen, das ich noch von "damals" kannte - aber es war eine echte Katastrophe.... Schlimm....

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    1. Hallo Sarah-Maria, Du kannst ohne Probleme einfach den Speck weglassen, so wird es zu einem schönen vegetarischen Pastagericht.
      Ich finde es auch schlimm, wenn nur noch Masse, statt Klasse zählt. Aber gerade auf dem Land findet man noch wunderschöne einfache, aber stilvolle Trattorien, wo man richtig gut und auch authentisch essen kann. Das tröstet mich über so manche Enttäuschungen hinweg.
      LG
      Ariane

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  2. Tourismus, den es nur laut Reisefüher auch in der sanften Variante gibt, zieht (leider) immer eine Schneiße der Zerstörung hinter sich her.

    In dem Fall aber schenkt er uns ein Pastagericht - und zwar ein sehr schönes :)!

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    1. Schön, wenn Dir das Pastagericht gefällt; Du hast ja kürzlich erst selbst von den Wonnen des Pastamachens berichtet ;-)).
      Ja, die einen bereichern sich am Massentourismus, die anderen leiden daran. Die Auswüchse und Folgen allein in einer Stadt wie Rom sind manchmal unbeschreiblich.
      LG Ariane

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  3. Ach, so ein Lokal ist doch auch nur ein Blümchen im kulinarischen Garten - keimt, wächst, blüht eine Weile wunderschön, und dann welkts halt. Aber dafür blühen andere auf, ist doch auch schön. ;-)

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    1. Im Moment blüht's im Sommer noch eifrig ...;-)))))

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  4. Immer wenn ich in den italienischen Slow Food Guide schaue, stimmt es mich hoffnungsvoll, dass es doch noch Wirte gibt, die offensichtlich nicht so dumm, wie der von Dir beschriebene sind. Dein Pastagericht gefällt mir sehr gut.

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    1. Der Slow-Food-Führer ist auch immer unser ständiger Begleiter unterwegs. :-))
      LG Ariane

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    2. Liebe Ariane,
      ich hatte heute leider keine Zeit die Pasta selber zu machen, aber da Zucchini- und Kürbisspflanzen noch fleißig blühen habe ich diese super leckere Sauce ausprobiert! Vielen Dank für das tolle Rezept :)
      LG,
      Katha

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    3. Das freut mich, liebe Katha! :-) Du erinnerst mich daran, endlich auch mal wieder etwas mit diesen wunderbaren Zucchiniblüten zu machen. :-)
      Saluti
      Ariane

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