"La cucina italiana non esiste" - "Die italienische Küche gibt es nicht", so lautet die provokante Aussage in dem jüngst von mir erstandenen Sachbuch über die Geschichte der Italiener und ihrer Küchen: "Con gusto" von John Dickie.´
Um diese Aussage zu untermauern, führt er die Küche Siziliens an, die es mit ihren einzigartigen Aromenspielen, der Vielfalt ihrer Zutaten und der Phantasie, diese in den Gerichten zu kombinieren, im übrigen Italien so nicht gibt.
Die Küche Siziliens kann zum Teil so "exotisch" sein, dass sie bei Festland-Italienern sogar auf Ablehnung treffen mag. Ich habe es vor einigen Jahren bei einem Abendessen in einem sizilianischen Restaurant selbst erlebt, dass ein am Tisch anwesender älterer Herr aus dem norditalienischen Treviso sich ein einfaches Stück Fleisch "ohne diese ganzen Gewürze, die man in Sizilien verwendet" zubereiten ließ. Das sei einfach nicht sein Geschmack, wie man "dort" koche: Viel zu gewürzt, viel zu viele Zutaten, nein - ähnlich verabscheue er auch die Küche Frankreichs, wo nach Ansicht unseres norditalienischen Freundes alles in Saucen erstickt wird.
Italienische Küche bedeutet einerseits eine Ansammlung von regional unterschiedlichen Spezialitäten, allein schon, weil sich die Regionen in Geschichte, Traditionen, Vegetation und landwirtschaftlichen Produkten grundlegend unterscheiden. Andererseits gibt es aber auch einen gemeinsamen Nenner für ganz Italien, wie auch John Dickie schreibt. Dazu gebe es zu viele Gerichte, die die gemeinsamen Wurzeln untermauerten. Gerade in Sizilien, so der Autor, kann man sich dessen bewusst werden. So ist zum Beispiel Couscous, eine der sizilianischen Spezialitäten, die den nordafrikanischen Einfluss durch die maurischen Herrscher bezeugen, auch in der toskanischen Küche bekannt und landete einst durch spanische und portugiesische Juden, die über Livorno anreisten, auf den Tellern der mittelitalienischen Region.
Sizilien war im Laufe der Jahrhunderte vielen Herrschern unterschiedlichster Herkunft unterworfen. So nimmt man an, dass die Spaghetti einst von den islamischen Eroberern auf die Insel gebracht wurden und vor dort aus ihren Siegeszug durch Italien antraten, was man als Beginn der Geschichte der italienischen Küche deuten kann, da sie den gastronomischen Austausch, den Dialog, wie der Autor schreibt, zwischen den Städten belebte.
Neben den vielzitierten arabisch-nordafrikanischen Einflüssen auf die Küche Siziliens haben auch die Spanier und Franzosen dort ihre Spuren hinterlassen.
Im 15.Jahrhundert, unter der aragonesischen Herrschaft, taucht zum ersten Mal dieses Prachtstück von Braten, der "Falsomagro", in der Küche Siziliens, besonders der Palermos, auf.
Ein richtiger Festtagsbraten war und ist dieser Falsomagro, reich gefüllt mit allem, was die Speisekammer hergibt. Die Bezeichung geht zurück auf die Beschreibung "Carne magra con farcia" - mageres Fleisch mit Füllung. "Falsumagru", der Dialektausdruck, hat seinen Ursprung in der auf Sizilien unter der französischen Herrschaft der Anjou gesprochenen französischen Sprache.
Zutaten (für 6 Personen)
- 700 g Kalbfleisch, vom Metzger zu einer großen Scheibe zurechtgeschnitten
- 150 g Rinderhack
- 1 Salsiccia (ca. 100 g)
- 100 g rohen Schinken, in Scheiben geschnitten
- 50 g Pecorino, wenn möglich aus Sizilien
- 1 Knoblauchzehe
- 1 kleiner Bund glatte Petersilie
- 50 g Erbsen (frisch oder Tiefkühlprodukt)
- 4 Eier
- 1 Glas Rotwein (ich habe einen sizilianischen Rotwein, einen "Nero d'Avola", verwendet)
- 1 Zwiebel
- 1 kleine Karotte
- 1 Stück Stangensellerie
- 1 El Tomatenmark
- 500 g Passata di Pomodoro (passierte Tomaten, Fertigprodukt aus der Flasche)
- Olivenöl extra vergine (zum Anbraten, das Originalrezept sieht Schmalz vor)
- Salz, frisch gemahlener Pfeffer
- 1 Prise Zucker
- Küchengarn
Den Schinken in feine Würfelchen schneiden und den Käse reiben. Drei Eier hart kochen.
Die Salsiccia zerkrümeln.
Das Rinderhack mit den Schinkenwürfeln, dem Käse, der Salsiccia, der durchgepressten Knoblauchzehe, den Erbsen und einem Ei zu einem Teig verarbeiten und mit Salz und Pfeffer würzen. Die Eier schälen und in Scheiben schneiden.
Die Kalbfleischscheibe auf die Arbeitsfläche legen, eventuell noch etwas flachklopfen, und das Hackfleisch darauf verteilen. Die Eierscheiben ziegelartig darüberschichten.
Nun das Fleisch mit der Füllung vorsichtig aufrollen und mit dem Küchengarn fest zubinden (ein 2. Paar Hände ist hier hilfreich!). Eventuell die beiden Enden noch mit Rouladennadeln verschließen.
Zwiebel, Karotte und Stangensellerie in kleine Würfel schneiden.
In einem Bräter das Olivenöl erhitzen und den Braten von allen Seiten gut anbraten (ungefähr zehn Minuten), dann den Braten aus dem Bräter nehmen.
Das kleingewürfelte Gemüse in dem Bräter anbraten, etwas salzen, einen El Tomatenmark dazugeben und kurz mitanrösten. Dann mit dem Wein ablöschen und diesen etwas einkochen lassen.
Die Passata dazugießen, die Sauce mit Salz und einer Prise Zucker abschmecken und den Braten wieder in den Bräter geben. Zugedeckt eine Stunde köcheln lassen, dabei immer mal wieder "nach dem Rechten" sehen. Nach einer Stunden den Braten fünfzehn Minuten im geschlossenen Topf ruhen lassen, dann aus der Sauce heben und in Scheiben schneiden. Mit dem Sugo servieren.
♥♥♥
Un abbraccio
Ariane
Sieht sehr appetitlich aus, die sizilianische Küche ist wunderbar!
AntwortenLöschenDem kann ich nur zustimmen, liebe Ninive! Sie ist ganz wunderbar! Es schmeckte wirklich herrlich. :-)
LöschenSaluti
Ariane
Diesen Braten haben wir auf Sizilien noch nicht gegessen, hört sich aber ausgesprochen gut an!
AntwortenLöschenJa, die Küche ist schon sehr würzig und auch arabisch geprägt, für uns war sie eine Offenbarung, ich träume immer noch davon :-)
Für mich gehört die sizilianische Küche zu den besten Italiens! Ich denke, das ist eher der typische Festtagsbraten, den man in den Familien vielleicht noch zubereitet. Witzigerweise habe ich ihn zum ersten Mal in einem sizilianischen Restaurant in Rom gegessen - in einer Version, die die klassische Zubereitung eher frei interpretierte.
LöschenSaluti
Ariane
ein wahres Braten-Prachtstück ist Dir da gelungen
AntwortenLöschenDanke, liebe Sabine! :-)
LöschenSaluti
Ariane
Der sieht ja sehr dekorativ aus. Sizilianische Küche hat schon etwas für sich.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Anna
Dort landen auch immer wieder "Farben" auf den Tellern. Allein die Dolci! Kunterbunte Cassate und die berühmten Marzipanfrüchte (Frutti di Martorana).
LöschenAuch das Auge kommt in Sizilien auf seine Kosten! :-)
Saluti
Ariane
Oh das sieht so lecker aus! Bis auf Ei (darf ich nicht) genau meins :) Muss ich unbedingt mal nachbasteln, mein Italiener zuhause wird sich sicherlich darüber freuen!
AntwortenLöschenAuch im Hackfleisch ist leider ein Ei, aber Du wirst sicher einen Trick dafür wissen. Und sicher schmeckt es auch ohne die hartgekochten Eier.
Löschen:-)
Viel Spaß beim Nachbasteln :-)!
Saluti
Ariane
Das sieht köstlich aus! Braten gab es schon lange nicht mehr in der Widmatt und so ein dekorativer wohl noch nie! Ist vorgemerkt.
AntwortenLöschenLiebs Grüessli
Irene
Das ist auch ein richtiges schönes Sonntagsgericht. Auch bei uns gibt es eher selten Braten, und wenn, dann am Wochenende.
LöschenFreut mich, wenn es Dir gefällt! :-)
Saluti
Ariane
Ein Gemälde von einem Braten - ein Augen- und Gaumenschmaus!!! Habe dieses Prachtstück schon öfters
AntwortenLöschenbewundert aber leider noch nie gegessen. Dies wird unser
Osterbraten habe ich eben beschlossen.
In Sizilien gibts so wunderbares Essen und für mich das weltbeste Eis!
Was gab es bei dir dazu?
Sonnige Grüße,
Doris
Hallo Doris,
Löschenals Beilage gibt es ja in Italien vielfach nur Gemüse zum Fleisch- oder Fischgang, da die Kohlehydrate ja schon mit dem Primo abgedeckt werden.
Wir hatten aber keine Pasta vorher, und so wollte ich dazu ein schönes Kartoffelpüree machen. Dann schnitt ich eine Kartoffel nach der anderen an - uns sie waren fast alle innen faulig! Also musste schnell einfacher Reis herhalten. Für mich nicht ideal dazu, aber was sollte ich machen?
Ich habe gelesen, dass man dazu oft Rosmarinkartoffeln aus dem Ofen serviert.
Das freut mich, wenn Du es zu Ostern zubereiten möchtest :-)
Saluti
Ariane
Gerade das Würzige ist wunderbar in der Küche Siziliens Dieser Braten liebe Ariane ist wunderbar gelungen und sieht super aus. Großartig finden ich Deine Entdeckungen und die Geschichte in Sachen Essen wie Du sie beschreibst. Liebe Grüße und eine schöne Woche
AntwortenLöschenIngrid
Danke, liebe Ingrid, so liebe Worte lassen mich gut in die Woche starten!
LöschenDir - und allen hier - ebenfalls einen guten Start in eine glückliche und hoffentlich sonnige Woche! :-)
Saluti
Ariane
Falsomagro haben wir kürzlich anlässlich einer Einladung bei ital. Nachbarn vorgesetzt bekommen - der sah aber bei weitem nicht so lecker aus (und schmeckte leider auch nicht so) wie das oben abgebildete Prachtstück. Da das aber ein prima Gästeessen ist (auch für eine größere Personenzahl; man kann ja die Zutaten verdoppeln oder verdreifachen) und sicher auch kalt aufgeschnitten noch sehr gut schmeckt, ist das Rezept notiert für die nächste Gästeorgie (die mit Sicherheit auf mich zukommen wird, seufz).
AntwortenLöschenIm Übrigen würde ich mir das mit dem eigenen Kochbuch doch noch mal überlegen - und sei es auch nur für den Familien-/Freundes-/Bekanntenkreis gedacht...
Saluti
Elvira
Hallo Elvira, nun habe ich ja einiges pber diese Spezialität gelesen. In der Tat wird ein Farsumagru auch kalt aufgeschnitten gereicht - das würde sich doch toll für ein Buffet eignen! Auch könne man ihn über Nacht dazu in seinem Sugo ruhen lassen.
LöschenIch fand dieses Rezept - ich hatte schon vor einiger Zeit einmal ein anderes nach Filippo la Mantia zubereitet - außerordentlich würzig. Diesen Braten kann ich Dir nur empfehlen!
Ach - ein Kochbuch...es gibt doch sooooo viele über die italienische Küche. Aber wer weiß - vielleicht irgendwann einmal:-).
Saluti
Ariane
Oh wow, das sieht nicht nur super aus, sondern ist auch mein naechster Besucher-Braten!!! Danke!
AntwortenLöschenSaluti
Wilma/Pane-Bistecca
Dann mache lieber etwas mehr, wenn die Besucher beim Anblick Appetit bekommen, liebe Wilma :-).
LöschenSaluti
Ariane
Dieser Farsumagru sieht super aus und hat auch sicherlich sehr gut geschmeckt. Hätte ich nicht schon ein Zicklein für Ostern bestellt ( es wird Cacciatora di Capretto und Gniummerieddi geben) wäre Farsumagru das Hauptgericht zu Ostern geworden.
AntwortenLöschenLiebe Grüße Crazy
Da wird ja das ganze Zicklein verwertet, und eine Menge Arbeit wartet da wohl auf Dich, lieber Heinz! Schön, wenn Dir der Braten gefällt, ich kann ihn wirklich nur empfehlen: aromatisch und saftig im Innern. Dazu dieses Sößchen...:-)
LöschenSaluti
Ariane