Die genaue Mixtur wird geheimgehalten ähnlich wie bei Coca Cola. Das kleine Kaffeehaus „Al Bicerin“, sichert sich damit eine treue Stammkundschaft unter den Turinern, die nur hier das originale Lokalgetränk trinken wollen. Verraten werden nur die Grundkomponenten dieser typischen Turiner Kaffeespezialität – heiße Schokolade, ein starker Espresso und „crema di latte“, nicht zu Verwechseln mit aufgeschäumter Milch.
Aus diesem Grund gibt es in ganz Turin auch nur einen Ort, an dem man das Getränk stilvoll genießen kann. Gleich nachdem der Besucher das 1763 gegründete Cafè „Al Bicerin“ betreten hat, fühlt er sich in vergangene Zeiten zurückgesetzt. Die Ausstattung des einzigen Raumes, kaum größer als eine durchschnittliche Wohnstube, ist seit Beginn des 19. Jahrhunderts nur gering verändert worden: holzvertäfelte Wände mit Spiegeln, eine breite, den Raum beherrschende Theke, hinter der auf Holzregalen große Glasbehälter mit buntem Konfekt und Bonbons stehen, und nur acht marmorne Bistrotischchen, an dem die Turiner schon am Vormittag bei Kerzenlicht Bicerin trinken und ihre „Stampa“ lesen können.
Hier, an diesem
Ort, wurde das Getränk erfunden, das seinen Namen aus dem piemontesischen
Dialektwort für „Bicchierino“ – Gläschen – ableitet. Man bot es den Damen als
Stärkung, die nach dem Kirchgang – es herrschte strengstes Fasten vor der Messe
– noch einen weiten Heimweg vor sich hatten. Denn die Piazza della Consolata
mit der gleichnamigen Kirche, wo sich das Cafè noch heute befindet, lag Ende
des 18. Jahrhunderts außerhalb der Stadt.
Leicht zu finden
ist „Al Bicerin“ für den Ortsunkundigen immer noch nicht, obwohl es nur knapp fünfhundert Meter Luftlinie von der Piazza Castello entfernt liegt. Zum ersten Mal betrat ich das "Al Bicerin" während der olympischen Winterspiele 2006. Wir waren zu der Eröffnungsfeier eingeladen, und den Tag nutzte ich, um für einen Artikel über eine andere typische Schokoladenspezialität, die Gianduiotti, zu recherchieren. Eine nette Dame, die ich bei dieser Gelegenheit kennengelernt hatte, schleppte mich dann zu "Al Bicerin". Es war ein eisiger Tag und wir beide ziemlich durchgefroren. Amerikanische und
kanadische Filmteams bestürmten bereits das winzige Cafè mit mikrophonbepackten
Journalisten und wuchtigen Kameras. Ohne auf die Tradition des Hauses zu achten,
bestellte eine Reporterin nach den Aufnahmen Cappuccino für alle, wurde aber
sofort von einer Turiner Dame am Nebentisch gerügt: „Das trinkt man hier
nicht!“ erklärte sie in perfektem Englisch. Im Land von „Starbucks“ kennt man
trotz „Frappuccino“ und „Latte Macchiato“ doch noch nicht nicht alle
italienischen Kaffeespezialitäten.
Hier nur das Rezept, denn wenn die Temperaturen sinken, gibt es nichts Besseres als ein heißes Glas Bicerin:
Zutaten (für ein Glas)
- 1 Tasse Espresso ("ristretto" -
kurz, stark) - 150 ml Milch
- 45 g Schokolade zartbitter
- 50 ml Crema di latte - ersatzweise Crème double oder süße Sahne
Zubereitung
In einem kleinen Topf die Milch erhitzen und die zerkleinerte Schokoladen unter Rühren darin schmelzen.
Einen starken Espresso kochen. Zunächst den Espresso in ein Glas (oder große Tasse) füllen, dann
die heiße Schokolade darauf gießen und das Ganze entweder mit einem Klecks Crema di latte (ähnlich der in Deutschland erhältlichen Crème double) oder mit halbfest geschlagener
Sahne bedecken.
Adresse
Caffè Al Bicerin
Piazza della Consolata 5
10122 Torino – Italia
Tel +39 011 4369325
♥♥♥
Un abbraccio
Ariane
Das ist schön geschrieben, gefällt mir.
AntwortenLöschenFreut mich! In Gedanken war ich heute wieder in diesem kleinen Cafè in Turin. Die Atmosphäre damals werde ich niemals vergessen.
AntwortenLöschenja ich muß Wolfgang recht geben, das ist ein schöner Artikel! Und das Getränk paßt genau zum Wetter!! Ich liebe diese kleinen Turiner Cafés!
AntwortenLöschenJa, die Cafés von Turin sind schon etwas ganz Besonders!
AntwortenLöschenEin Genuss. Dein Schreibstil, der Artikel und das Getränk.
AntwortenLöschenGudrun
Oh, vielen Dank für dieses Lob! LG Ariane
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