Montag, 11. Januar 2016

Perlhuhn-Premiere: Petto di faraona all'uva con purea di sedano rapa



"Petto o coscia?" (Brust oder Keule), das ist bei uns mittlerweile so eine Art Running Gag, wenn wir irgendwo Perlhuhn auf der Speisekarte lesen. Nein, mit Louis de Funès hat das in diesem Fall nichts zu tun! Die Geschichte dahinter ist eine andere, schnell erzählt und gibt mir darüber hinaus die Möglichkeit, eines meiner römischen Lieblingswinterlokale vorzustellen: In der Trattoria Settimio al Pantheon, unweit der gleichnamigen Sehenswürdigkeit gelegen und sehr beliebt bei den Abgeordneten des nahen Parlaments, arbeitete bis vor einigen Jahren ein Kellner, der allein schon durch seine stattliche Körpergröße auffiel (mindestens zwei Meter!). Diese Trattoria lieben wir wegen der einfachen, aber gemütlichen Ausstattung und der bodenständigen Küche. Besonders in den kalten Monaten, wenn im Schaufenster neben der Eingangstür Steinpilze oder Trüffel locken, zieht es mich immer wieder hinein in dieses kleine Lokal. Dort gibt es Wildspezialitäten wie Cinghiale (Wildschein), und eben diese deftigen Fasanen- oder Perlhuhnbraten in - ungewöhnlich für die italienische Küche - würzigen Sößchen und mit Polenta als Beilage. Allein die vielen Antipasti, die gerne vom betagten Besitzer der Trattoria persönlich gereicht werden (unbedingt nach der Schaftskäse-Ricotta fragen!), findet man in dieser Qualität und Auswahl selten in den Gaststätten der römischen Innenstadt: All' die Artischocken ("alla Romana"), gemüselastigen Frittate,  die frische Mozzarella mit würzigem Schinken und üppig belegten Bruschette, die geschmorten Kichererbsen und gefüllten Zucchiniblüten sollte man unbedingt mit einer gewissen Zurückhaltung genießen, damit noch Platz bleibt für die deftigen Pastagerichte und die bereits erwähnten bodenständigen Secondi. In der Küche schwingen die Damen des Hauses die Kochlöffel; ein Familienbetrieb, wie er klischeehafter nicht sein könnte.
Kommen wir nun auf unseren stattlichen Kellner zurück. Der Perlhuhnbraten dort ist so gut, dass ich ihn fast immer bestelle, wenn wir dort im Winter essen gehen. Und auf diese Bestellung folgte in der Vergangenheit dann stets jene am Anfang erwähnte Frage - begleitet von einem beherzten Schlag auf die Brust (Petto?) und gegen die Hüfte (o coscia?). Dass er dabei noch leicht lispelte, machte es der Selbstbeherrschung nicht gerade leichter, wenn wir in Erwartung der Geste wie hypnotisiert auf den guten Mann starrten.
In etwas edlerer Version habe ich Perlhuhnbrust dann im vergangenen Herbst in einer meiner Lieblings-Osterie in der südlichen Toskana gegessen; und damit bin ich bei meinem heute vorgestellten Gericht, bei dem zum ersten Mal ein Perlhuhn in den eigenen Topf geflattert ist.
Diese Osteria verdient eine eigene, ausführlichere Besprechung, die zu schreiben ich mir in diesem Jahr vorgenommen habe. Deshalb verschweige ich jetzt noch ganz geheimnisvoll Namen und Ort; zum Trost aber verrate ich ganz zum Schluss die genauen Koordinaten der römischen Trattoria.
Bis dahin hilft nur: Selbst ran an den Herd! Ich habe versucht - die Betonung liegt auf: versucht -, das Gericht nachzukochen. Dass Perlhühner so Sensibelchen sind, die allzu große Hitze nicht so gut vertragen, habe ich dabei feststellen müssen. Nein, das war jetzt nicht zäh oder allzu trocken, ganz und gar nicht, aber beim nächsten Mal werde ich die Temperatur etwas herunterdrehen (siehe Anmerkungen am Schluss). Dennoch möchte ich Euch das Rezept, so wie ich es interpretiert habe, nicht vorenthalten.
Wenn Ihr schon einmal Perlhühner zubereitet habt, dann lasst Eure Erfahrungen miteinfließen; Trauben, Wein und Thymian haben den Vögelchen als Begleitung jedenfalls gefallen.





Zutaten
(für vier Personen)

Perlhuhnbrust mit Trauben

2 ganze Perlhuhnbrüste mit Haut
1 mittelgroße Zwiebel
250 g weiße Trauben
200 ml trockener Weißwein
frischer Thymian
Olivenöl extra vergine
Salz, frisch gemahlener Pfeffer

Die Perlhuhnbrüste von überschüssiger Haut und Fett befreien, die Haut ein mehreren Stellen etwas einritzen, anheben und Thymianblättchen darunterschieben.
Die Trauben halbieren, dabei möglichst viele Kerne entfernen. Die Zwiebel in feine Ringe schneiden.
Den Backofen auf 175 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen*.
Etwas Olivenöl in einem gusseisernen Bräter erhitzen und die Perlhuhnbrüste auf der Hautseite scharf anbraten, dann kurz auf die Fleischseite drehen. Salzen, pfeffern und aus dem Bräter nehmen.
Zwiebelringe in den Bräter geben und kurz anschwitzen; sie sollen nicht braunwerden.
Mit dem Weißwein ablöschen, salzen, pfeffern und etwas einkochen lassen.
Die Perlhuhnbrüste wieder in den Bräter geben, Thymianzweige und Trauben hinzufügen, Deckel auflegen und für ca. 25-30 Minuten in den Ofen schieben.

Selleriepüree

400 g Sellerie, gewürfelt
250 ml Sahne
Salz, frisch gemahlener Pfeffer
frisch geriebene Muskatnuss

Selleriewürfel mit der Sahne aufkochen und so lange köcheln lassen, bis sie weich sind; das dauert ungefähr 20 Minuten.
Salz, Pfeffer und Muskatnuss hinzufügen und mit dem Schneidstab fein pürieren.

*Geschmacklich eine interessante Kombination, die es nachzukochen lohnt. Perlhuhnbrüstchen trocknen aber gerne etwas. Vielleicht war die Temperatur zu hoch oder sie waren zu lange im Backofen, so dass sie einen Hauch zu durch waren. In einer kulinarischen Facebook-Gruppe bekam ich den Tipp, sie nur bei 70-80 Grad nach dem Anbraten nachziehen zu lassen. (Natürlich aber sollte Geflügel keine roten Stellen mehr aufweisen; nach einer sehr üblen Erfahrung nach dem - zweifelhaften - Genuss von unzureichend gebratener Entenbrust in einem Restaurant bin ich da sehr vorsichtig geworden.) Erfahrungen müssen gemacht werden! Grazie an alle, die sich an der Diskussion beteiligt hatten!

Restaurant-Tipp: 
Settimio al Pantheon
Via delle Colonnelle, 14
00186 Rom
+39066789651







♥♥♥
Un abbraccio
Ariane

4 Kommentare:

  1. Ich mag auch solche Running Gags! :-)

    Das Rezept ist ein Traum! Und ich kriege Hunger. Entweder bei Dir oder doch nahe des Pantheon (einer meiner Lieblingsorte in Rom).

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    1. Liebe Barbara,
      ich hoffe, in naher Zukunft wird bei mir mal Dein neuer Lieblingsort! :-) Aber in diese Trattoria gehen wir dann zusätzlich (auch wenn der Kellner dort nicht mehr arbeitet...)
      Saluti
      Ariane

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  2. So heikle Stücke wie Geflügelbrüste garen bei mir grundsätzlich nur noch mit Niedrigtemperatur, also max. 90°C. Sie werden auf diese Weise auch gar, es dauert nur viel länger, dafür bleiben sie aber saftig, auch wenn man die Garzeit mal etwas überschreiten sollte.

    An Weihnachten haben mein Sohn und ich - in Ermangelung einer Gans, die in London leider nicht aufzutreiben war - einen 4,5 kg schweren, gefüllten Truthahn in 6,5 Stunden superzart UND mit knuspriger Haut hinbekommen. Der längere Garvorgang ist wirklich einen Versuch wert, auch bei Geflügel!

    Perlhühner mag ich sehr, lieber als Hähnchen, denn ihr Fleisch ist viel aromatischer und in Deiner Version zubereitet sicher ein Gaumenschmaus. Muss ich mir vormerken! Sehr lecker übrigens auch mit einer Paste aus scharfem und Dijon-Senf, Butter und Thymian unter der Haut - hat beim Weihnachtstruthahn fantastisch geschmeckt, warum also nicht auch bei einer Perlhuhnbrust.

    Demnächst werde ich mich übrigens mal an ein Drei-in-einem-Geflügelgericht (sog. Turducken) heranwagen. Üblicherweise mit Truthahn-Ente-Hähnchen, will ich es mit Ente-Perlhuhn-Wachtel versuchen. Ich werde über meine Erfahrung berichten...

    Bis dahin tanti saluti
    Elvira

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    1. Liebe Elvira,
      Truthahn ist ja was ganz besonders Gutes, und der braucht natürlich auch seine Stunden. Ich wundere mich immer, wie die Damen bei "Settimio" den Vogel immer so aromatisch und saftig, zudem noch mit Sößchen, hinbekommen. Da glaube ich ja nicht, dass die das Kerlchen "niedergaren".
      Diese pikante Paste unter der Haut klingt auf jeden Fall sehr verlockend; danke für die Idee!
      Saluti
      Ariane

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