Montag, 20. Januar 2020

Reduziert auf das Wesentliche: Tortelli di formaggio di capra al sugo di pomodoro



Es scheint der wohl einfachste Sugo der Welt, wenn man von "aglio, olio e peperoncino" einmal absieht. Und doch kann man - nach italienischen Maßstäben - dabei so einiges falsch machen. Ich rede jetzt nicht einmal von dem immer wieder zitierten Sugo auf Basis von Butter und ganzer Zwiebel nach Marcella Hazan. Natürlich habe ich den auch längst ausprobiert. Was soll ich sagen; den ganzen Hazan-Hype kann ich nicht so ganz nachvollziehen. In Italien sind die Rezepte der Italo-Amerikanerin sowieso weniger bekannt als natürlich in den USA oder in Deutschland.

Spaghetti mit Tomatensauce waren sicher nicht nur für mich, sondern für Generationen das Gericht, welches die Küche eines ganzen Landes repräsentierte. Gibt es einen Haushalt im Deutschland der sechziger, siebziger und achtziger Jahren, in dem nicht so ein längliches "Wunder"-Päckchen mit Tomatenkonzentrat, Gewürzmischung, geriebenem Käse ("Parmesello", was immer das auch war) inklusive Spaghetti oder "Makkaroni" im Küchenschrank vorrätig war? Und die Werbung rief gar den "Wunder"-Tag aus.

Laut Wikipedia sollten die Zutaten dieses "Halbfertiggerichts" nach dem Baukastenprinzip Basis für  "Spaghetti alla Napolitana" sein. Nur: in Deutschland mag sich diese Bezeichnung vielleicht verbreitet haben (leider mit alla - oder gar a la -  Neapolitana oft falsch geschrieben). In Italien selbst habe ich das so noch nicht auf einer Speisekarte gelesen. Hier spricht man schlicht von Spaghetti al sugo di pomodoro. Und da das eine ernste Sache ist, verwendet man gerne auch mal den Singular, wenn man über das Gericht fachsimpelt: Lo spaghetto! 

Einer Zutat aus diesem Päckchen kann ich bis heute nicht verzeihen, was sie dem klassischen Tomatensugo angetan hat. Und damit meine ich nicht diese schreckliche Käsemischung! Es ist die Kräuter-Gewürzmischung, bei dem sich jede Italienerin, jeder Italiener schütteln würde. Dieses Päckchen ist - meiner bescheidenen Meinung nach - mit dafür verantwortlich, dass außerhalb von Italien noch immer Mengen von Knoblauch, Chilischoten (Peperocini) und (italienische?!) Kräuter aller Art in den Sugo wandern. Ich sage nur: Oregano! Natürlich ist auch das dem einst starken süditalienischen Einfluss in der Gastronomie außerhalb Italiens geschuldet.
Nichts davon gehört in einen klassischen italienischen Tomatensugo!





Hauptrolle spielt die Tomate selbst! In der Saison nimmt man natürlich gerne frische Tomaten; welche dafür die besten sind, auch dabei gehen in Italien die Meinungen auseinander (das ist hier eine Wissenschaft!). Unbestritten aber sind die länglichen San Marzano eine gute Wahl, wobei es hier wirklich unzählige geeignete Sorten gibt.
Ansonsten ist es keineswegs ehrenrührig, auf gute Konserven zurückzugreifen. Man kann geschälte Tomaten verwenden - Pelati - oder stückige Tomaten - Polpa di pomodoro.
Um eine Passata, also eine feine, durchpürierte Sauce, die es natürlich auch fertig zu kaufen gibt,  herzustellen, braucht man eine "Passaverdura", eine "flotte Lotte".
Ob man die Pelati nun vorher oder ganz zum Schluss passiert, bleibt jedem selbst überlassen; da nimmt man es nicht so genau.
Knoblauch oder Zwiebel - auch da gibt es zwei Lager. Die eine Zutat sollte aber die andere ausschließen (ich muss gestehen, ich halte mich nicht immer dran). Und bei Knoblauch gilt: Nicht dazupressen, möglichst im Ganzen mitkochen, damit man die Zehe wieder herausfischen kann.  Knoblauchlastige Gerichte überlässt man - mit einigen Ausnahmen - dem Balkan, allenfalls gesteht man es noch der Küche des tiefsten Kalabrien zu (und dort darf man auch mit Peperoncino arbeiten). Übrigens, weil das immer wieder verwechselt wird: Peperoni sind in Italien einfach Paprikaschoten. Die kleinen scharfen Dinger heißen Peperoncini!
Wenn man sich für die leicht (!) scharfe Version mit Peperoncini entscheidet, bitte keinen zusätzlichen Pfeffer. Das gilt auch anders herum.
Die Kräuter? Basilikum! Da kann niemand etwas dagegen sagen. Ein kleines Zweiglein, von Beginn an mitgekocht und später entfernt, aromatisiert den Sugo. Zusätzlich kann man vor dem Servieren noch ein paar frische Blättchen hinzufügen.
Aber - bitte, bitte - keinen Oregano! (Va bene, für "alla Pizzaiola" darf auch der rein...)
Ein Sugo darf die Pasta niemals ertränken, nur umschmeicheln. Noch etwas, was man im "Ausland" gerne etwas anders sieht.
Worauf es sonst noch ankommt, das erfahrt Ihr im Rezeptteil.








Zutaten
(für 2-3 Personen)


Tortelli

  • 150 g Mehl (Typ 00)
  • 50 g gemahlener Hartweizengrieß (Semola di grano duro rimacinata)
  • 2 Eier
  • Salz
  • ein wenig Olivenöl extra vergine



Einen Pastateig nach meinem Grundrezept herstellen und nach der angegebenen Ruhezeit wie dort beschrieben durch die Nudelmaschine drehen. Pastabahnen bis auf Stufe 7 ausrollen.



Füllung

  • 150 g Ziegenfrischkäse
  • frisch gemahlener Pfeffer
  • Abrieb einer unbehandelten Zitrone
  • etwas Thymian, gerebelt oder frische Blättchen (fakultativ)


Ziegenfrischkäse mit den angegebenen Zutaten verkneten.
Aus den Pastabahnen Kreise abstechen und jeweils eine kleine Menge der Füllung daraufsetzen. Den Kreis zu einem Halbkreis falten und gut mit den Fingerspitzen verschließen. Die äußeren Ende der Halbkreise miteinander verbinden und den Pastarand umstülpen.







Tomatensugo

  • 800 g geschälte Tomaten in der Dose (Pelati)
  • 1 Knoblauchzehe
  • Salz
  • frisch gemahlener Pfeffer
  • Olivenöl, extra vergine
  • 1 Tl Zucker
  • ein paar Blätter frisches Basilikum


  • frisch geriebenen Parmigiano Reggiano oder Pecorino Romano



Etwas Olivenöl in einer Pfanne erhitzen, die Knoblauchzehe schälen und halbieren und kurz in dem Olivenöl anschwitzen. Die geschälten Tomaten und ein Basilikumzweiglein hinzufügen, salzen und den Zucker dazugeben.

Der Sugo sollte nun mindestens eine Stunde bei kleiner Hitze zugedeckt vor sich hinköcheln. Öfters kontrollieren, damit nichts anbrennt. Vor allem am Pfannenrand setzt sich immer wieder Sugo ab, den man dann wieder unterrühren sollte.
Zum Schluss noch einmal mit Salz und Pfeffer abschmecken und die Basilikumblättchen hinzufügen.

Die Tortelli für zwei bis drei Minuten in kochendes Salzwasser geben, dann mit der Schaumkelle herausnehmen und in der Pfanne vorsichtig mit dem Sugo vermischen.

Geriebenen Käse dazu reichen.









2 Kommentare:

  1. Danke, liebe Ariane, für diesen Beitrag. Schön erklärt und vor allem, wie immer bei dir schöne Fotos.

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